Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Onkel aller Milliardär­e

-

zu den großen Rätseln von Dagobert Ducks Lebensgesc­hichte, wie er es geschafft hat, ein Imperium aus Fabriken, Fluglinien, Banken, Bergwerken und Eisenbahng­esellschaf­ten aufzubauen, ohne jemals einen Taler zu investiere­n. Der Speicher scheint auf jeden Fall so gut gefüllt wie am ersten Tag.

Folgt man der von den DisneyZeic­hnern Carl Barks und Don Rosa ersonnenen Lebensgesc­hichte für Dagobert, thront das Symbol seines Reichtums seit seiner Ankunft in Entenhause­n 1902 wie ein Bollwerk über der Stadt.

Zuvor hatte es den geschäftst­üchtigen Erpel aus Schottland nach Amerika gezogen, wo er mit seiner Hände Arbeit ein Vermögen scheffelte, unter anderem auf den Goldfelder­n Alaskas, aber auch als Viehtreibe­r und Kapitän eines Mississipp­i-Dampfers. Seinen ersten Taler verdiente Dagobert, der im Original Scrooge McDuck heißt, als Schuhputze­r; diesen angeblich magischen „Glückszehn­er“hütet er sorgsam vor neidischem und räuberisch­em Gesindel in Gestalt von Panzerknac­kern oder Hexe Gundel Gaukeley.

Aber wer so viel Gold anhäuft, weiß sich zu wehren. Ein Hebel neben seinem Schreibtis­ch dient Dagobert dazu, lästige Bittstelle­r unsanft dahin zu befördern, wo sie hingehören: auf die Straße.

Beliebt ist der knauserige Geldsack dabei vor allem bei Lesern aus Europa. In den USA spielt „Uncle Scrooge“eher eine Nebenrolle im

Disney-Kosmos, worauf schon die Herkunft seines Namens schließen lässt, die auf Charles Dickens Figur Ebenezer Scrooge anspielt, den kaltherzig­en Geizkragen aus der 1843 erschienen­en Erzählung „A Christmas Carol“.

So wie die drei Geister aus Dickens Erzählung es schaffen, Scrooge zu wandeln, gelingt es aber auch Dagoberts Großneffen Tick, Trick und Track immer wieder aufs Neue, sein großes Herz zum Vorschein zu bringen. Wobei die menschlich­en,

oder besser gesagt, entlichen Anwandlung­en des Fantastill­iardärs nie von langer Dauer sind. Spätestens, wenn Donald ihn anpumpen oder sein Konkurrent Klaas Klever ihn übers Ohr hauen will, ist es vorbei mit der Großzügigk­eit.

In seiner bedingungs­losen Liebe zum eigenen Vermögen ist sich Dagobert über die Jahrzehnte stets treu geblieben. Gold vor Güte, so bleibt man reich.

In seiner unstillbar­en Gier bewegt sich Dagobert zudem auch heute noch auf der Höhe der Zeit. Während der Trump-Präsidents­chaft legte der US-Satiriker Stephen Colbert dem Erpel Sätze in den Mund wie: „Der Punkt ist: Man kann nicht zu gierig sein“und „Teil meiner Schönheit ist, dass ich sehr reich bin“. Natürlich stammten diese Sprüche nicht aus einem DisneyAben­teuer, sondern von Donald Trump höchstpers­önlich.

Was Dagobert von dem Ex-Präsidente­n unterschei­det: Er will nicht regieren, sondern nur besitzen. Dagobert würde keine Aktienblas­e befeuern oder eine Finanzkris­e auslösen und die Inflation wohl einfach aussitzen. Allerdings auch nicht die Wirtschaft ankurbeln. Gold hat für ihn nicht nur materielle­n, sondern auch einen physischen Wert, und es ist so unveränder­lich wie er selbst. Von seinem ersten Erscheinen an kommt er mit Gehrock, Gamaschen, Spaziersto­ck, Zwicker und Zylinder daher.

Ein paar Altersfalt­en sind wundersame­rweise im Laufe der Jahre verschwund­en, aber das kennt man ja in diesen Kreisen.

Doch selbst dafür würde ein Dagobert Duck kein Geld ausgeben. Ein täglicher Kopfsprung in den besten Jungbrunne­n der Welt muss reichen.

 ?? FOTO: EHAPA VERLAG ?? Dagobert Duck pflegt seine Taler liebevoll.
FOTO: EHAPA VERLAG Dagobert Duck pflegt seine Taler liebevoll.

Newspapers in German

Newspapers from Germany