Rheinische Post - Xanten and Moers
Ein Durchbruch für die Artenvielfalt
MONTREAL/BERLIN Wissenschaftler und andere Experten haben lange auf diesen Moment hingearbeitet, auch wenn er aus ihrer Sicht sehr spät kommt – vielleicht sogar zu spät. Doch seit diesem Montag gibt es erstmals ein international erklärtes Ziel, mindestens 30 Prozent der weltweiten Land- und Meeresflächen unter Schutz zu stellen. Und zwar bis 2030.
Darauf einigten sich nach zweiwöchigen Verhandlungen die rund 200 Teilnehmerstaaten des Weltnaturgipfels im kanadischen Montreal. Außerdem setzten sie sich unter anderem das Ziel, mehr Geld für den Schutz der Artenvielfalt auszugeben. Dafür sollen unter anderem reichere Länder ärmeren Ländern bis 2025 rund 20 Milliarden Dollar jährlich zukommen lassen. Die Vernichtung der Artenvielfalt gilt als ähnlich große Bedrohung wie die Erderwärmung und steht häufig auch in Zusammenhang damit. Das gilt etwa für die Vernichtung des Regenwaldes oder von Seegraswiesen. Derzeit sind mehr als eine Million Arten – vor allem Insekten – von der Ausrottung bedroht.
Der Vertrag soll ein Meilenstein vergleichbar mit dem Pariser Klimaabkommen von 2015 sein. Ein Erfolg ist er, darüber herrscht in der Fachwelt Einigkeit. Wie verbindlich dieses Ziel jedoch ist und was nun aus dem Vertragswerk folgt – darüber gibt es sehr unterschiedliche Auffassungen. Die chinesische Präsidentschaft der UN-Konferenz, die wegen der Corona-Auflagen Chinas in Montreal gastierte, sprach von einem historischen Moment. Bundesumweltministerin Steffi Lemke wählte weniger blumige Worte, zeigte sich aber zufrieden: Das Ergebnis sei ein Schutzschirm für die Lebensgrundlagen. Die Gefährdung durch Pestizide werde bis 2030 halbiert und umweltschädliche Subventionen von 500 Milliarden Dollar pro Jahr werden abgebaut.
Der Kongo verlangte mehr Hilfe der reicheren Staaten, auch andere afrikanische Staaten protestierten gegen den Vertragstext. Greenpeace kritisierte, dass das Abkommen nicht ausreiche, um das Massensterben der Arten aufzuhalten. Es schließe schädliche Aktivitäten wie industrielle Fischerei oder Holzeinschläge in Schutzgebieten nicht prinzipiell aus.
Derzeit sind mehr als eine Million Arten von der Ausrottung bedroht