Rheinische Post - Xanten and Moers

Seltsamer Juckreiz

Wenn die Arme betroffen sind, kann es sich auch um eine neurologis­che Erkrankung wie den brachiorad­ialen Pruritus handeln.

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Unsere Leserin Andrea B. (35) aus Monheim schreibt: „Seit einiger Zeit leide ich unter einem Juckreiz am rechten Arm. Mein Hausarzt hat mit jetzt eine Überweisun­g zum Neurologen mit der Diagnose Verdacht auf einen brachiorad­ialen Pruritus gegeben? Was bedeutet das? Und wie kann er behandelt werden?

Rafael-Michael Löbbert Juckreiz (Pruritus) bezeichnet eine Missempfin­dung der Haut. Er ist ein fachübergr­eifendes Leitsympto­m zahlreiche­r Erkrankung­en. Als häufiges Symptom tritt er bei Hauterkran­kungen auf. Ursache können aber auch Entzündung­en, Allergien, Medikament­e, Tumore, Erkrankung­en von Leber, Galle und Nieren, psychische und psychosoma­tische Gesundheit­sstörungen oder neurologis­che Erkrankung­en wie die ZosterNeur­algie, die diabetisch­e Polyneurop­athie und Multiple Sklerose sein. Ein Juckreiz, der länger als sechs Wochen andauert, wird als chronisch bezeichnet und sollte ärztlich abgeklärt werden.

Beim brachiorad­ialen Pruritus (BRP) handelt es sich um einen neuropathi­schen Juckreiz, das heißt: Ihm liegt eine Reizung oder Schädigung von Nervenfase­rn zugrunde, ohne dass eine primäre Hauterkran­kung besteht. Eine mögliche Ursache sind Veränderun­gen im Bereich der Halswirbel­säule, die zu Irritation­en oder Kompressio­nen von Nervenwurz­eln und Nerven führen. Ein BRP wird aber auch bei Menschen beobachtet, die wiederholt über einen längeren Zeitraum hinweg ultraviole­tter Sonnenstra­hlung ausgesetzt sind. Frauen sind häufiger betroffen als Männer.

Die Betroffene­n klagen über Symptome wie Juckreiz, Brennen, Stechen oder Kribbeln, die betont an der Außenseite eines oder beider Arme auftreten und sich häufig bei Sonnenexpo­sition verschlech­tern. Das ständige Kratzen führt zu entzündlic­h bedingten Veränderun­gen der Haut.

Die Diagnose BRP beinhaltet eine ausführlic­he Anamneseer­hebung, eine äußere Inspektion und eine klinische Untersuchu­ng. Ein diagnostis­ches

Positive Effekte können Präparate mit Zink bewirken

wichtiges Zeichen ist das „ice pack sign“. Dabei kommt es nach Kälteappli­kation zu einer Linderung des Juckreizes. Eine Bildgebung der Halswirbel­säule zum Ausschluss eines Bandscheib­envorfalls, einer Spinalkana­lstenose oder degenerati­ver knöcherner Veränderun­gen sollte erfolgen. Differenzi­aldiagnost­isch müssen andere Ursachen ausgeschlo­ssen werden.

Der BRP kann symptomati­sch mit lokalanäst­hesierende­n und mentholhal­tigen Cremes, Capsaicin in Form von Pflastern oder Cremes sowie mit Medikament­en, die bei der Therapie von Epilepsien eingesetzt werden, behandelt werden. Positive Effekte wurden auch nach Gabe von Zinkpräpar­aten gesehen. Liegt eine relevante Nervenkomp­ression im Bereich der Halswirbel­säule vor, so muss ein operatives Vorgehen diskutiert werden.

Unser Autor Rafael-Michael Löbbert ist niedergela­ssener Neurologe in Düsseldorf.

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