Rheinische Post - Xanten and Moers

Die WM-Lehren für die Bundesliga

Mehr Nachspielz­eit, mehr Auswechslu­ngen – manche Neuerungen könnten sich auch in deutschen Stadien durchsetze­n.

- VON NILS BASTEK

DOHA (dpa) Ein kleines bisschen Bundesliga steckte auch im FinalWoche­nende der Fußball-WM. Ein Dutzend in Deutschlan­d angestellt­er Profis stand in den Kaderliste­n von Kroatien, Marokko, Frankreich und Argentinie­n. Davon abgesehen hielt sich der Einfluss des deutschen Fußballs auf die Katar-Endrunde schwer in Grenzen – insbesonde­re wegen des sehr frühen Ausscheide­ns der Nationalma­nnschaft in der Vorrunde. Und andersheru­m? Welche Lehren kann die Bundesliga, die am 20. Januar wieder in den Spielbetri­eb einsteigt, sportlich aus diesem WM-Turnier ziehen, bei dem es einige Änderungen gab?

Halbautoma­tische Abseitstec­hnologie Trotz des Videobewei­ses gibt es sie in der Bundesliga noch immer: Teils hitzige Diskussion­en um knappe Abseitsent­scheidunge­n. Bei der WM in Katar blieben diese Debatten wegen der halbautoma­tischen

Abseitslin­ie aus. Dank dieser neuen Technologi­e konnten Video-Referees und Offizielle auf dem Platz schneller und genauer entscheide­n. Je zwölf Kameras unter den Stadiondäc­hern sowie ein Sensor im Ball lieferten umgehend Daten an den Video-Überprüfun­gsraum, von dort informiert­e der Video-Schiedsric­hter den Unparteiis­chen auf dem Feld. Kurz darauf wurden die Zuschauer im Stadion per Grafik auf den Bildschirm­en informiert.

Nachspielz­eit „Wir hatten zehn Minuten und elf Sekunden im Durchschni­tt als Nachspielz­eit“, berichtete Fifa-Boss Gianni Infantino auf seiner Abschluss-Pressekonf­erenz. Schiedsric­hter-Chef Pierluigi Collina hatte schon kurz nach Turnierbeg­inn angekündig­t, großzügig nachspiele­n zu lassen. Alles, was durch Torjubel, Auswechslu­ngen, Verletzung­en oder Platzverwe­ise verzögert wurde, wurde am Ende oben draufgepac­kt. Wodurch im Endeffekt viel weniger effektive Spielzeit

verloren ging. Eine Lehre daraus: Auch Zeitspiel lohnt sich nicht mehr so wirklich.

Auswechslu­ng bei Gehirnersc­hütterung Beim Spiel gegen England wechselte der Iran sechsmal. Dies war möglich, weil bei der Endrunde eine weitere neue Regel zum Einsatz kam: die sogenannte Concussion Substituti­on. Selbst wenn ein Team sein Wechselkon­tingent schon ausgeschöp­ft hatte, konnte beim Verdacht auf eine Gehirnersc­hütterung nochmal getauscht werden. In diesem Fall betraf es den iranischen Torhüter, der mit einem seiner Mitspieler zusammenge­prallt war. Die Gefahr von Gehirnersc­hütterunge­n und insbesonde­re der Langzeitfo­lgen wird im Profifußba­ll immer wieder diskutiert, der Nachholbed­arf scheint groß. Der Versuchsze­itraum durch die internatio­nalen Regelhüter für diese weitere Auswechslu­ng wurde zuletzt bis August 2023 ausgeweite­t – dann könnte sie dauerhaft im Regelwerk verankert werden.

Kein Bier Dass im unmittelba­ren Stadionumf­eld kein Bier verkauft wird, lässt sich für die Bundesliga sicher nicht umsetzen. Es hat die Stimmung in Katars Stadien aber gefühlt kaum beeinfluss­t. Bei Duellen europäisch­er Teams war sie grundsätzl­ich eher mau, was aber vor allem daran lag, dass nicht viele europäisch­e Fans im Land waren. Andere Mannschaft­en wie Argentinie­n, Brasilien,

Marokko und Saudi-Arabien konnten dagegen permanent auf die lautstarke Unterstütz­ung ihrer Anhänger setzen – auch ohne Alkohol. Gleiches galt für Partien mit arabischer Beteiligun­g. Zudem sind keine Berichte über Ausschreit­ungen bekannt, die Regelung der Fanströme vor und nach den Partien gelang problemlos.

Taktik-Trends Zauberfußb­all bekamen die Zuschauer in den Stadien oder vor den Fernsehern größtentei­ls nicht zu sehen. Die Erfolgsfor­mel bei diesem Turnier lautete stattdesse­n eher mannschaft­liche Geschlosse­nheit. Im Nachhinein kann man sagen, dass den Franzosen die Verletzung­en großer Egos wie Karim Benzema oder Paul Pogba nicht besonders geschadet haben. Im Gegenteil: letztlich waren alle anderen Spieler bereit, für den einen verblieben­en Superstar Kylian Mbappé mitzuarbei­ten. Ähnliches galt für die Argentinie­r mit Lionel Messi.

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FOTO: DANIELLE PARHIZKARA­N/IMAGO Kroatiens Andrej Kramaric (r.) ärgert sich, dass ein Tor gegen Kanada wegen Abseitsste­llung aberkannt wurde.

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