Rheinische Post - Xanten and Moers

An Stars kann ein Team wachsen

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Ich sage immer: Der Star im Fußball ist die Mannschaft. Die Weltmeiste­rschaft in Katar hat das wieder gezeigt. In Argentinie­n und Frankreich standen die besten Teams im Endspiel – und sie haben tollen Fußball geboten. Ich ziehe meinen Hut und gratuliere Argentinie­n, einer ganz großen Fußball-Nation, zum Titel.

Es war auch das Spiel der TopStars Lionel Messi und Kylian Mbappé. Messi hat endlich seinen WM-Triumph bekommen und seine Karriere gekrönt. Mbappé ist noch jung, er wird bei der Qualität, die der französisc­he Fußball insgesamt hat, seine nächste TitelChanc­e wieder bekommen. Und ganz sicher wird er in den nächsten Jahren dem Fußball seinen Stempel aufdrücken.

Ich muss in beiden Fällen aber auch den Trainern Lionel Scaloni und Didier Deschamps ein großes Lob ausspreche­n. Es ist toll, solche wunderbare­n Spieler zu haben, doch muss man um sie herum auch das Team so aufbauen, dass sie funktionie­ren. Ich kenne

Spieler wie Lionel Messi haben die Macht, eine ganze Mannschaft mitzureiße­n. In Deutschlan­d fehlen solche Individual­isten. Talente wie Jamal Musiala sollte man daher einfach spielen lassen.

BERTI VOGTS das von früher bei Borussia Mönchengla­dbach. Wir hatten Günter Netzer. Jeder in der Mannschaft wusste, dass er für Günter mitlaufen muss, weil er unsere Mannschaft besser gemacht hat. So war es auch 1974 in der deutschen Mannschaft mit Franz Beckenbaue­r. Und so ist es bei Messi, Mbappé sowie Ronaldo in Portugal und Neymar in Brasilien, sie sind ebenfalls herausrage­nde Spieler.

Dass diese Weltklasse­spieler ein Wörtchen mitreden in Sachen Taktik und Personal, ist normal. Das war früher bei Netzer so – mit wem er nicht spielen konnte, der hatte keine Chance. Und so ist es auch bei Argentinie­n, Frankreich, Portugal oder Brasilien. Das muss so sein – aber auch da gilt: Es muss im Sinne der Mannschaft so sein. Aber an den Stars kann ein Team wachsen, sie sind Idole einer ganzen Nation und machen die Menschen glücklich. Wenn ich die Bilder aus Argentinie­n sehe, sehe ich die Magie des Spiels, das mir alles gegeben hat, das ich so sehr liebe. Und ich bin traurig, dass ich diese Begeisteru­ng in einer anderen großen Fußballnat­ion nicht mehr sehe: bei uns in Deutschlan­d.

Daran ist unsere Nationalma­nnschaft teilweise selbst schuld.

Auch Argentinie­n hat das erste

WM-Spiel verloren, doch da war dieser unglaublic­he Wille, bei dem Turnier etwas zu bewegen in dieser Mannschaft. Toll! Natürlich wird Messi nach dieser Niederlage auf den Tisch gehauen haben – so hat es Netzer früher auch gemacht, wenn es nicht lief. Solche Ausnahmesp­ieler wollen den Erfolg und ertragen keine Niederlage­n. Und sie haben die Kraft und die Macht, eine Mannschaft mitzureiße­n.

Wir haben keine Top-Stars wie Messi oder Mbappé. Wir sind auch nicht die Nation der Weltstars. Wir hatten in Beckenbaue­r und Lothar Matthäus Weltklasse­spieler, ja. Aber unsere Stärke war immer vor allem, dass wir große Mannschaft­en hatten. Jetzt haben wir als Team nicht das Niveau der besten Teams der Welt. Dass wir bei uns keine so großartige­n Individual­isten haben wie andere, liegt an der Ausbildung. Alle sollen gleich sein und alles können. Ich sage: Lasst die Jungs doch spielen! Ich hoffe, dass Jamal Musiala, der das Zeug hat, mal in die Weltklasse vorzustoße­n, sein Spiel machen darf und nicht in taktische Zwänge gequetscht wird. Auch Joshua Kimmich kann ein Weltklasse­spieler werden, aber bitte: Lasst ihn das spielen, was er am besten kann.

Es ist auch Größe, einen ganz Großen ins Team zu integriere­n ohne ihm die Spielfreud­e zu nehmen. Aber dann muss man auch von den Spielern viel erwarten. Ich zitiere da einen Satz des Vize-Präsidente­n Borussias, Rainer Bonhof: Fördern ist wichtig, aber das Wichtigste für die Entwicklun­g der Spieler ist, sie ohne Wenn und Aber zu fordern, auch wenn die Berater das nicht gerne hören.

Nun gibt es natürlich die Debatte: Wer ist der Größte? Messi, Ronaldo, Mbappé oder Neymar? Alle vier sind großartige Spieler, die besten Spieler ihrer Zeit. Aber an Diego Maradona kommen in meinen Augen alle vier nicht heran – und über allen steht für alle Zeiten nur einer: Pelé! Er ist der größte Fußballer, den es jemals gab und wird es immer bleiben. Pelé ist der Fußball.

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