Rheinische Post - Xanten and Moers
SPD-Mehrheit beschließt den Etat 2023
Kämmerer Martin Notthoff hat mit der SPDMehrheit im Stadtrat am Dienstag den Haushaltsentwurf für 2023 durchgebracht. Die Opposition übte viel Kritik.
KAMP-LINTFORT Wer am Dienstag die Haushaltsdebatte im Rathaus verfolgte, wähnte sich zuweilen in einer Kreistagssitzung: Jürgen Preuß, SPD-Fraktionschef, schoss sich in seiner Haushaltsrede auf CDU-Landrat Ingo Brohl ein. Ob die Diskussion um den RVR, die andauernde Kiesdebatte oder gescheiterte Ansiedlungen von Großunternehmen auf der Kooperationfläche Rossenray. Preuß suchte den Schuldigen auf der rechten Rheinseite. Umso kürzer fiel sein Statement zum Kamp-Lintforter Haushalt aus: Die Stadt habe ihre Hausaufgaben vor Jahren mit der Erhöhung der Grundsteuer B gemacht, befinde sich nicht in der Haushaltssicherung und investiere kräftig in Bildung, Kultur und Sport. Die CDU vermutete hier ein Ablenkungsmanöver: „Wenn man nicht viele Haushaltsthemen hat, arbeitet man sich halt am Landrat ab“, konterte CDUFraktionschef Simon Lisken.
Dabei hatte sich die Aufstellung des Haushaltentwurfs in diesem Jahr besonders schwierig gestaltet. Corona, Energieskrise und ein Krieg mitten in Europa wirkt sich auch bis in die Kommunen aus. „Von daher bringen wir Verständnis für den Kämmerer auf, der offensichtlich Schwierigkeiten hat, klare und realistische Zahlen zu liefern. Denn das, was uns im ersten Entwurf vorgelegt wurde, hat mit dem Grundsatz von Wahrheit und Klarheit des Haushaltes so rein gar nichts mehr zu tun“, betonte Lisken und verwies auf die Entwicklung der Schulden. „Sie steigen von 28,2 Millionen im Jahr 2017 auf sage und schreibe 86,1 Millionen Euro gemäß Plan im Jahr 2026 – eine Verdreifachung.“Simon Lisken forderte, dass die Verwaltung beginnen müsse, mit realistischen Zahlen zu rechnen. Die geplanten Einnahmen der Gewerbesteuer für das Jahr 2023 hält die CDU für viel zu optimistisch. Ihre Kritik erntete am Dienstag der Antrag der SPDFraktion, die Bezuschussung der Fraktionsarbeit in Höhe von 40.000 Euro für alle Fraktionen zu erhöhen. „Wir sollten nicht unerwähnt lassen, dass die Verteilung der Gelder nach der Anzahl der Ratsmandate erfolgt und somit allein auf die SPD-Fraktion mehr als 20.000 Euro zusätzlich entfallen“, sagte Lisken und konnte sich nicht den Hinweis verkneifen, dass die SPD ebenso angeregt habe, eine Bürgermeisterkette anzuschaffen. Die SPD setzte sich mit ihrem Antrag am Ende mehrheitlich durch.
Für die Grünen hielt Sibylle Skrzypczak die Haushaltsrede. Sie freute sich über eine gute Nachricht in Sachen Finanzen: „Im Haushaltsentwurf ist die Kreisumlage mit 36,4 Prozent, das heißt mit rund 26 Millionen Euro eingepreist. Nach unseren Informationen wird die Kreisumlage jedoch auf 36,2 Prozent gesenkt, was eine deutliche Einsparung bedeutet.“Auch die LVR-Umlage werde gesenkt. „Allein diese Maßnahme wird hier eine Verbesserung von mindesten 760.000 Euro, wahrscheinlich sogar rund 1,3 Millionen Euro in 2023 bedeuten.“
Skrzypczak betonte für die Grünen, dass man es als unverzichtbar halte, den städtischen Zuschuss für die Lintforter Tafel zu verdoppeln. „Was sich viel anhört, bedeutet in Zahlen jedoch nur eine zusätzliche Belastung von bescheidenen 6600 Euro“, sagte die Politikerin, die weitere Themenfelder ansprach wie die Situation auf dem Wohnungsmarkt, Kinderarmut, Verkehr und Stadtentwicklung.
Auch der seit langem geplante Ausbau der B528 ist für die Grünen ein großes Thema: „Wir lehnen den zweiten Bauabschnitt aus umwelt- und klimapolitischen Gründen entschieden ab“, sagte Sibylle Skrzypczak. „Nie war Planung so schwierig wie aktuell. Multiple Krisen begleiten uns“, betonte Stephan Heuser für die FDP-Fraktion. Der Haushaltsentwurf von September habe diesen Entwicklungen völlig unzureichend Rechnung getragen. „Wir haben im bilateralen Austausch beanstandet, dass Zinsund Personalaufwand zu niedrig und Zuweisungen beziehungsweise Grundstücksverkäufe zu hoch angesetzt seien. Dass die FDP-Fraktion damit goldrichtig lag, beweisen die Korrekturen, die Ende November noch vorgenommen wurden“, so Heuser. Höhere Kosten für Personal und Energie und rezessionsbedingt weniger Einnahmen aus der Einkommensteuer und aus Grundstücksverkäufen hätten das geplante Millionendefizit noch höher ausfallen lassen müssen. „Die FDP-Fraktion sieht nur eine ehrliche Möglichkeit: Gehen wir freiwillig in die Haushaltssicherung. Behandeln wir diese Beträge als das, was sie sind: Fehlbeträge, die das Eigenkapital unserer Stadt mindern.“