Rheinische Post - Xanten and Moers
Tafel-Ausgabe mit Weihnachts-Extra
Die Kunden der Tafel bekamen am letzten Ausgabe-Tag des Jahres nicht nur Lebensmittel und Hygiene-Artikel, sondern auch gespendete Präsente zum Fest ausgehändigt. Jetzt macht das Team Pause bis zum 10. Januar.
RHEINBERG Hans-Werner Wild ist froh, dass es die Rheinberger Tafel gibt. Seit etwa fünf Jahren kommt er Woche für Woche dienstags zum Pfarrheim St. Anna und holt sich gespendete Lebensmittel, aber auch Hygieneartikel an der Ausgabestelle ab. Der 58-Jährige lebt in Budberg, durch eine schwere Erkrankung ist er nicht mehr arbeitsfähig. „Mit den Rationen, die ich hier bekomme, komme ich gut durch die Woche. Ohne diese Unterstützung sähe es mau aus“, gibt der Mann mit der Wollmütze zu. Das Geld reiche nicht, um sich Wurst und Käse zu kaufen, „es ist ja alles so teuer geworden“. Sogar für seinen Hund bekomme er Futter. Wild stammt aus Krefeld-Linn, später hat er in Essen gelebt. Aber die Unterstützung sei in großen Städten nicht so gut wie in Rheinberg: „Die Leute sind hier sehr hilfsbereit, das finde ich toll.“
Am Dienstag, bei der letzten Ausgabe in diesem Jahr, saß für die bedürftigen Menschen noch mehr drin als die Dinge, die es immer gibt, wie Nudeln, Reis, Konserven oder Duschgel. „Heute haben wir auch Weihnachtsgeschenke für unsere Kunden“, sagt Tanja Braun, die den Tafel-Betrieb ehrenamtlich koordiniert. So kann sich Hans-Werner Wild auch eine gut erhaltene Winterjacke aussuchen. Und dann nimmt er noch eine Weihnachtstüte mit einer Duftkerze, einem Pfund Kaffee und Schokolade in Empfang. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen von Solvay in Rheinberg haben Hunderte davon gepackt und zur Tafel gebracht. Zu guter Letzt freut sich der Kunde aus Budberg noch über einen verpackten Schuhkarton. Einer von vielen, den die kfd-Frauen aus Rheinberg und Budberg gespendet haben. Was drin ist, weiß HansWerner Wild nicht. „Ich lasse mich überraschen“, sagt er.
Die Zahl der Menschen, die Woche für Woche von der Rheinberger Tafel versorgt werden, steigt weiter. In Rheinberg seien es inklusive der ukrainischen Flüchtlinge um die 600, so Tanja Braun. Das heißt: Ungefähr 150 Bezugsscheine sind in Umlauf. Auf jeder Karte laufen ungefähr vier Kunden. Zum Beispiel ein Ehepaar mit zwei Kindern.
Mitte des kommenden Jahres, wenn viele Menschen ihre Nachzahlungen für Gas und Strom bekommen, dürften es noch weitaus mehr werden, die finanziell nicht mehr hinkommen, die dann ihre Scham überwinden müssen und sich am Pfarrheim in die lange Schlange einreihen müssen, um von den vielen ehrenamtlichen Helfern und Helferinnen versorgt zu werden.
Diese Helfer kennen die Geschichten und wissen, wie Menschen, die lange ein ganz normales Leben geführt haben, zu Tafel-Kunden werden. „Oft fängt es mit der Trennung an. Oft seien es die Männer, die finanziell nicht mehr klarkämen, wenn die Frau mit den Kindern ausziehe. „Dann geht das oft schnell“, so Tanja Braun. „Job weg, Haus weg, alles weg.“Sogar ein Mann, der früher als Architekt gearbeitet habe, komme dienstags zur Ausgabe.
Die Spendenbereitschaft vor dem diesjährigen Weihnachtsfest sei größer gewesen als zuvor, hat Tanja Braun festgestellt. Viele Unternehmen, kleine wie große, haben Geld gesammelt oder kaufen gleich Lebensmittel oder Weihnachtsgeschenke, die sie dann am Pfarrheim abgeben. „Ohne diese Unterstützung wären wir aufgeschmissen“, sagt Tanja Braun, die sich nun mit ihrem Team erst einmal eine Pause gönnt. Die erste Ausgabe im neuen Jahr ist am 10. Januar.