Rheinische Post - Xanten and Moers
Beim Essen sind viele schon weiter
In Sachen Essen sind die Menschen weiter, als einige Gesundheitsapostel glauben. Viele achten laut Umfragen auf ihre Ernährung oder wissen, dass zu viel Salz, Zucker oder Fleisch ungesund ist, dass gut zu essen Lebensqualität bedeutet und sichert. Das gilt auch für Hersteller. Die neue Ernährungsstrategie, die Minister Cem Özdemir vorgelegt hat, ist daher keine Strategie der grünen Bevormundung. Und was sie auch nicht ist: neu.
Schon Ressortchefs aus anderen Parteien vor Özdemir haben sich daran versucht, das Bewusstsein für gesunde Ernährung auch institutionell zu schärfen. Die Erkenntnislage, wie man sich und andere verpflegen sollte, ist ja eindeutig. Am Ende muss dann jeder selber entscheiden, ob er ins Schnitzel oder die Karotte beißt. Gesund zu leben hat allerdings eine gesamtgesellschaftliche Dimension. Wenn Menschen immer dicker werden, werden sie auch immer kranker. Das schlägt sich bei den Kosten im Gesundheitssystem nieder. Und die haben alle zu tragen. Die Grundlage für gesunde Ernährung wird in den Familien gelegt. Da kann und darf man nicht hineinregieren. Mit Blick auf staatliche Institutionen wie etwa Schulen ist das aber anders; dort sollte das, was daheim vielleicht aus finanziellen Gründen nicht möglich ist, aufgefangen werden. Das ist auch eine Frage der Gerechtigkeit.
Es ist freilich nicht nachvollziehbar, dass in Schulen zum Teil immer noch das Prinzip billig gilt. Die längst bekannten Empfehlungen der deutschen Gesellschaft für Ernährung werden leider oft nicht, schon gar nicht verpflichtend umgesetzt. Aus Kostengründen. Man wird sehen, ob Özdemir es gelingt, dies mit den Ländern zu ändern. Bis 2030, so sein Ziel, klingt eher weiter nach langer Bank. Zur Wahrheit gehört überdies: Zahlreiche Arbeitgeber setzen bereits auf Gesundes in ihren Kantinen. Anders, als Özdemir suggeriert. Sie daran zu erinnern, wie wichtig das ist, ist zumindest nicht falsch.