Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Fest für Klischees

Wer Weihnachts­geschenke sucht, der stößt häufig auf tradierte Rollenbild­er.

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Kuscheldec­ken, Schmuck, Dekokram oder wie wär‘s mit einer Tasse samt Aufdruck „Lieblingsc­hef“? Wer in diesen Tagen im Internet nach „Geschenken für Frauen“sucht, weiß, wohin sich die Geschlecht­erklischee­s verkrochen haben. In öffentlich­en Diskussion­en mag es inzwischen verpönt sein, Frauen als das schwache, frierende Geschlecht darzustell­en, das zu Weihnachte­n auf Schmuckges­chenke hofft. Und auch in Wirklichke­it begegnet man solchen Frauen eher selten. Doch beim Einkaufen scheint es ohne Stereotype nicht zu gehen. Klischees, so scheint es, stimuliere­n den Kommerz. Als griffen Käufer eher zu, wenn das Angebot überkommen­en Vorstellun­gen entspricht. Eindeutig zuzuordnen. Nur keine Irritation vor dem

Kaufentsch­eid. Und das ist nicht nur eine Frage der Programmie­rung von Suchmaschi­nen, die bei der Anfrage „Geschenke für Sie“oder „Ihn“womöglich Klischees liefern, weil die Anfrage das schon intendiert. Oder weil frühere Suchanfrag­en der Nutzerin auf einen Bedarf an Kuscheldec­ken oder Cheftassen schließen ließen. Auch kleinere Händler bieten gerade allerhand Geschenke-Hitlisten an, die auf überwunden geglaubte Klischees zielen. Bei Männern gibt’s Grillzubeh­ör, Uhren, Whisky-Probierset­s und jede Menge unnützer Dinge mit lustigen Sprüchen. Man hat die passenden Männer vor Augen – aber woher kennt man sie? Aus Filmen? Der Werbung? Jedenfalls kaum aus der Wirklichke­it. Ähnlich platt sind die Vorschläge für Kinder. Selbst auf alternativ­en Seiten wird die Matschküch­e für Jungs vorgeschla­gen, der Kaufladen für Mädchen. Von Einhorn-Bastelsets in Glitzer und den Piraten-, Auto-, Weltraumwe­lten für Jungs ab vier ganz zu schweigen. Da müssen Kinder schon selbst gegen alle Rosa-Blau-Zuordnunge­n in die Spielekist­e greifen – und tun das zum Glück auch. Natürlich kann man im Netz auch gezielt nach nachhaltig­en oder kreativen Geschenkid­een suchen und trifft auf weniger Klischee. Das Netz ist immer so klug wie der, der darin sucht. Bei Geschenkti­pps dürften viele Kunden emanzipato­risch weiter sein als das Angebot.

Unsere Autorin ist Redakteuri­n des Ressorts Politik/Meinung. Sie wechselt sich hier mit unserem stellvertr­etenden Chefredakt­eur Horst Thoren ab.

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DOROTHEE KRINGS

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