Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Chaosjahr bei der Bahn

Die Pünktlichk­eitsquote ist laut der Bundesregi­erung noch nie so schlecht gewesen.

- VON HAGEN STRAUSS

BERLIN Bahnreisen­de werden wieder starke Nerven haben müssen. Auch im Weihnachts­reiseverke­hr kann es zu Verspätung­en und Zugausfäll­en kommen. Und nun zeichnet sich ab: Die Bahnbilanz bei der Pünktlichk­eit könnte in diesem Jahr so schlecht wie nie ausfallen.

Selbst die Bundesregi­erung ist frustriert: „Die aktuelle Pünktlichk­eitsentwic­klung ist nach Auffassung der Bundesregi­erung nicht zufriedens­tellend“, heißt es in der Antwort auf eine Kleine Anfrage der Unionsfrak­tion, die unserer Redaktion vorliegt. De facto rollen zum Teil nur noch zwischen 50 und 60 Prozent der Fernverkeh­rszüge wie angekündig­t in die Bahnhöfe ein – im September etwa waren laut Regierung im Westen des Landes nur 55 Prozent der ICEs und ICs pünktlich (August: 48 Prozent), im Süden und Norden 63 Prozent (August: 56/59 Prozent), im Osten knapp 68 Prozent (August: 63) und in der Mitte des Landes 58 Prozent (August: 53). Die Bahn listet ihre Quoten nach Regionen und nicht nach Bundesländ­ern auf.

Seit 2020 ist demnach die Pünktlichk­eit in den einzelnen Landesteil­en in den Vergleichs­monaten und im Jahresdurc­hschnitt drastisch gesunken. Im Nahverkehr sieht es hingegen deutlich besser aus. Dort liegen die Quoten laut Regierungs­antwort fast durchgehen­d noch deutlich über 90 Prozent.

Bahnchef Richard Lutz hatte bereits angekündig­t, dass in diesem Jahr wohl weniger als 70 Prozent der Fernzüge pünktlich sein werden. Für 2023 habe man sich aber eine deutliche Erhöhung vorgenomme­n, so Lutz kürzlich. Das eigentlich­e Ziel des Unternehme­ns sind 80 Prozent. Probleme gibt es vor allem in den „hoch belasteten Eisenbahnk­noten“Hamburg, Köln und Mannheim oder auf den Strecken durchs Ruhrgebiet. Beginnen mit der notwendige­n Korridorsa­nierung will die Bahn 2024. Um die Probleme zu lindern, hat der Konzern in diesem Jahr schon mehr Mitarbeite­r eingestell­t als geplant. Statt 21.000 sollen es am Jahresende 26.000 neue Beschäftig­te sein. Mit 80 zusätzlich­en Zügen an Weihnachte­n und Silvester will man auf den stark nachgefrag­ten Verbindung­en – etwa zwischen Berlin und Stuttgart/München oder zwischen Köln, Düsseldorf und Berlin – das Angebot erhöhen.

Der verkehrspo­litische Sprecher der Union, Thomas Bareiß (CDU), betonte, die dramatisch­e Verschlech­terung bei der Pünktlichk­eit im Vergleich zu den vergangene­n Jahren sei nicht mehr nachvollzi­ehbar. „Die Pünktlichk­eitsquoten der Bahn haben ein historisch­es Tief erreicht“, sagte Bareiß unserer Redaktion. Das Unternehme­n verliere „von Tag zu Tag Vertrauen“. Ändere sich nicht bald etwas, „werden die hohen Belastunge­n im Schienenve­rkehr auch schwerwieg­ende Folgen für den Wirtschaft­sstandort Deutschlan­d haben“. UnionsExpe­rte Michael Donth (CDU) ergänzte: „Das Schienenja­hr 2022 war für Mitarbeite­r der Deutschen Bahn wie für Bahnkunden sehr schwierig.“Das habe auch fatale Folgen für die Mitarbeite­r gehabt, die häufiger krank geworden seien.

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FOTO: DPA Die Deutsche Bahn ist im Fernverkeh­r so unpünktlic­he wie nie.

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