Rheinische Post - Xanten and Moers
Unterhaltsames Werben für Toleranz
In „Oskars Kleid“spielt Florian David Fitz einen Polizisten, der damit klarkommen muss, dass sich sein Sohn als Mädchen identifiziert.
Gut gemeint ist Hüseyin Tabaks Familienkomödie „Oskars Kleid“ohne Zweifel. Wirbt sie doch um menschlich Wesentliches: um Toleranz, Respekt und Liebe. Es geht um Transsexualität. Dafür mehr Verständnis zu entwickeln, tut sicherlich not. Und da das Erleben und die Gefühle der Betroffenen im Kindesalter beginnen können, setzt das vom preisgekrönten Regisseur („Gipsy Queen“) und seinem Star-Hauptdarsteller Florian David Fitz („100 Dinge“) verfasste Drehbuch genau da an. Bei einem neunjährigen Kind namens Oskar (Laurì). Das lieber ein Blümchenkleid trägt, sich gern schminkt und Lili genannt werden möchte.
Die Botschaft der durchaus launig-unterhaltsam und alltäglich angelegten Geschichte gerät allerdings häufig eindimensional und überdeutlich. Das Publikum wird schlicht belehrt, ihm bleibt kaum Raum für die Entwicklung eigenen Verstehens. Womit dem Anliegen nicht unbedingt gedient ist, denn als Folge kann schlicht Langeweile drohen.
Erzählt wird der Einstellungswandel des geschiedenen Polizeibeamten Ben (Fitz), der als Vater beim Anblick Oskars für sein ungläubiges Entsetzen vor allem einen Satz findet: „Das Kleid kommt weg – basta!“Beim Besuch eines Kinderpsychologen will er dessen Diagnose – „Ich glaube, dass es möglich ist, dass Ihr Sohn ein Mädchen ist“– nicht hören. Selbst seine eigenen Eltern (Senta Berger und Burghart Klaußner), ein großbürgerlich-künstlerisch geprägtes jüdisches Ehepaar, finden, dass Ben kein Herz habe.
Im Laufe der meist von munterer Popmusik unterlegten Handlung bemühen die Filmmacher sogar den Himmel, um an das Herz des Uniformträgers – und des Publikums
– zu appellieren. Beim Besuch mit der Großmutter in der Synagoge fragt das an sich selbst zweifelnde, von Laurì sehr sensibel gespielte Kind den Rabbiner, ob Gott Fehler mache. „Er macht sie absichtlich. Der Allmächtige liebt seine Fehler“, antwortet der weise Mann mit langem Bart, denn alles auf der Welt entwickle sich in winzigen Schritten erst durch Fehler.
Die Berliner Kunstfigur Georgette Dee („Die Konfirmation“) agiert als vermittelnde Betroffene. „Die Menschen wollen so wahrgenommen werden, wie sie sind“, erklärt sie – und wünscht sich mehr Humor in der gesellschaftlichen Debatte.
Dass das Thema nach wie vor in manchen Bereichen der Gesellschaft für Zündstoff sorgt, zeigt eine Reaktion der Partei AfD in Bayern: Dort kritisierte der haushaltspolitische Sprecher der Landtagsfraktion, dass für den Film auch Fördermittel geflossen seien: „Es ist ein Skandal, wie das Geld des Steuerzahlers zur Umerziehung der Bürger – und sogar von Kindern – verschwendet wird“, monierte die Partei und bezeichnete ihn gar als „linksextreme Propaganda“. Solche Reaktionen machen klar: Über geschlechtliche Vielfalt und ihre Akzeptanz sollte gesprochen werden. Aller Überdeutlichkeit zum Trotz wird „Oskars Kleid“dazu einen Beitrag liefern. Von der Deutschen Film- und Medienbewertung hat der Film unterdessen das Prädikat „Besonders wertvoll“erhalten. „Der neue Film von und mit Florian David Fitz ist ein Feelgood-Movie, das sich traut, relevante Themen mit großer Sensibilität anzusprechen“, heißt es im Pressetext.
Die erste Inspiration für die Familienkomödie ist nach Worten von Florian David Fitz (48) ein Bild in der
feministischen Zeitschrift „Emma“gewesen. „Die blättere ich so durch beim Frühstück und stoß‘ auf ein Bild. Ich habe mir da gedacht: Das wäre doch eigentlich ein geiles Ende für einen Film“, erzählte der Schauspieler in der neuesten PodcastFolge von „Hotel Matze“. Auf dem Bild waren Sohn und Vater von hinten fotografiert – beide trugen ein Kleid, wie der 48-Jährige schilderte. Fitz wollte den Artikel unter dem Bild in der Zeitschrift zunächst gar nicht lesen, um sich nicht beeinflussen zu lassen, wie er sagte. „Ich wollte jetzt auch nicht den hundertsten Fernsehfilm darüber machen, der sich nur mit der inneren Welt auseinandersetzt, sondern auch sagen: Was machen denn die Eltern?“. (dpa)
Die Idee zum Film hatte Florian David Fitz beim Blättern im Magazin „Emma“
„Oskars Kleid“, Deutschland 2022 – Regie: Hüseyin Tabak; mit David Florian Fitz, Lauri, Senta Berger, Burghart Klaußner; 102 Minuten