Rheinische Post - Xanten and Moers
Alpener Rat verabschiedet den Etat 2023
Unterm Strich kommt Kämmerin Andrea Brochtrup auf ein Minus von 1,6 Millionen Euro. Die Schmerzen halten sich in Grenzen, weil für 2021 ein Überschuss von vier Millionen Euro steht.
ALPEN Während die Nachbarn noch nicht mal den Entwurf für 2023 eingebracht haben, hat der Rat im Alpener Rathaus am Dienstagabend in der letzten Sitzung des alten Jahres mit Mehrheit bereits den Haushalt fürs kommende Jahr verabschiedet – mit einer Deckungslücke von 1,6 Millionen Euro. Bündnis 90/Die Grünen, SPD und Die Partei stimmten dem Finanzplan nicht zu. Die Mehrheitsfraktion CDU und die neu formierte FDP gaben grünes Licht.
Obwohl Kämmerin Andrea Brochtrup ihren Haushaltsentwurf bereits Ende September eingebracht hatte, haben sich die Eckpfeiler bis zum Jahresende nur unwesentlich verändert. Allerdings steigen das Investitionsvolumen auf rund sieben Millionen Euro und damit der Kreditbedarf erheblich, auch wenn’s sich meist um laufende Maßnahmen handelt, die schlicht fortgeschrieben werden.
Auf Sicht zahlt es sich aus, dass in der Kämmerei konservativ geplant wird und in der Folge die Jahresabschlüsse deutlich besser ausfallen als geplant. Wie in 2021. Der Überschuss von rund vier Millionen Euro führte nicht nur zur einstimmigen Entlastung von Bürgermeister Thomas Ahls. Auch die Ausgleichsrücklage kletterte auf gut 8,5 Millionen Euro. Von dem Polster kann Alpen in den nächsten drei Jahren zehren, ohne dass die Vokabel Haushaltssicherung Schrecken verbreitet.
Grund für die vorläufige Entwarnung ist auch in Alpen die wider Erwarten kräftig sprudelnde Steuerquelle. Die Anhebung der Grundsteuer A für Grundstückseigentümer aufs vom Land vorgezeichnete Maß bringt knapp 150.000 Euro. Im Vergleich ein recht bescheidener Schritt nach vorn. Allein 9,6 Millionen Euro hat das örtliche Gewerbe im vorigen Jahr in die Kasse der Gemeinde eingezahlt, gute sechs Millionen mehr als geplant. In bewährt defensiver Ausrichtung hatte Brochtrup die Leistungsfähigkeit der heimischen Betriebe im zweiten Corona-Jahr erheblich unterschätzt. Die Firmen haben geliefert.
Die positive Tendenz bei der örtlichen Wirtschaft hält an. Die Kämmerin hatte vor Jahresfrist ihre Erwartungen an die Gewerbesteuer bereits spürbar hochgeschraubt auf 5,4 Millionen Euro, tatsächlich, so zeichnet sich inzwischen ab, landen bis zum Jahreswechsel weitere gut 2,5 Millionen Euro – also insgesamt rund 8 Millionen Euro – auf ihrem Konto. „Darüber freuen wir uns natürlich sehr“, sagte die Frau über die
Finanzen im Rathaus im Gespräch mit der Redaktion.
Doch zu Übermut neigt auch Kämmerin Andrea Brochtrup nicht. Sie sieht das weiter erhebliche Investitionsvolumen, das in Zeiten von Inflation, Energiekrise und wieder anziehenden Zinsen ihre Haushalte zunehmend belastet. Der Schuldenberg erreicht im nächsten Jahr seine Spitze von 23,2 Millionen Euro – fällt aber in den folgenden drei Jahren wieder ab – und landet voraussichtlich in 2026 unter die 20.000-Euro-Marke.
Durch das gute Abschneiden in 2021 kann die Kämmerin vorsorgen, um nicht alsbald schon in ungemütliches Fahrwasser zu geraten. Die Ausgleichsrücklage zum Stopfen von Löchern ist vorerst um fast das Doppelte von zuletzt 4,6 Millionen auf 8,5 Millionen Euro (31. Dezember 2021) gestiegen. Da auch das laufende Jahr, obwohl noch nicht abgerechnet, besser als geplant gelaufen ist, gibt es begründete Hoffnung, dass das Polster auf dem Sparbuch nicht bis auf die prognostizierten 6,4 Millionen abschmilzt.
Auf mittlere Sicht rät Andrea Brochtrup weiter zur Kostendisziplin. Denn nach aktuellem Stand reichen die Rücklagen allenfalls noch für vier Jahre. Schon für 2026 sieht sie derzeit den drohenden Griff ins Tafelsilber kommen – sprich in die Allgemeine Rücklage, die noch mit fast 20 Millionen Euro zu Buche steht. Die Kämmerin mahnt die Politik, diese Linie im Auge zu behalten und rechtzeitig gegenzusteuern.
Der Zustrom von Flüchtlingen – auch in Alpen rechnet man mit weiteren Menschen aus der Ukraine – stellt die Gemeinde weiter vor finanzielle Herausforderungen. Im Etat stehen nun 1,5 Millionen Euro für den Bau einer weiteren Unterkunft in konventioneller Bauart an der Ulrichstraße für rund 80 Menschen. Eine Million Euro zusätzlich will die Gemeinde für den Kauf von Ackerland locker machen. Die Ausgabe von insgesamt drei Millionen Euro soll sich in den Folgejahren bezahlt machen, wenn der Acker als Bauland versilbert wird. Bürgermeister Thomas Ahls jedenfalls verbreitet Zuversicht: „Ich bin überzeugt, dass wir auch künftig unsere Nase über Wasser halten können“, sagt er.