Rheinische Post - Xanten and Moers
Tödliche Schüsse in Paris
Bei einem kurdischen Kulturzentrum kommen drei Menschen ums Leben, weitere werden verletzt. Die Polizei nimmt einen Mann fest, der wohl bestimmte Opfer im Sinn hatte. Doch die Umstände der Tat bleiben zunächst unklar.
PARIS (dpa) Ein tödlicher Angriff in Paris erschüttert Frankreich: Bei Schüssen in einem kurdischen Kulturzentrum und in Geschäften hat ein Angreifer drei Menschen tödlich verletzt. „Er wollte offensichtlich Ausländer angreifen“, sagte Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin über den mutmaßlichen Täter. Ob sich der Anschlag explizit gegen Kurden richtete, sei aber unklar. Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: „Die Kurden in Frankreich waren das Ziel eines niederträchtigen Angriffs mitten in Paris.“Das Motiv ist laut Darmanin unbekannt, ein rechter Hintergrund der Tat werde geprüft.
Am Freitag hat ein Mann mit Schüssen in und vor einem kurdischen Kulturzentrum sowie einem Restaurant und einem Friseursalon im zehnten Pariser Arrondissement drei Menschen tödlich verletzt. Drei weitere Menschen wurden verwundet, einer davon lebensgefährlich. Laut Staatsanwaltschaft wurde ein Verdächtiger festgenommen. Auch er sei verletzt. Demnach liefen Untersuchungen wegen vorsätzlicher Tötung und schwerer Gewalt.
Der 69-jährige mutmaßliche Täter sei nicht als Rechtsextremist bei den Sicherheitsbehörden erfasst gewesen, so Darmanin. „Im Moment, in dem ich spreche, kann ich nicht sagen, dass er für rechtsextreme Taten bekannt war, auch wenn der Befund und die Vorgehensweise uns das in den kommenden Stunden natürlich besonders prüfen lassen werden.“Der Mann mit französischer Staatsangehörigkeit habe alleine gehandelt und als Sportschütze über etliche Waffen verfügt. „Es ist nicht klar, ob diese Person wie auch immer politisch engagiert ist, auch wenn ihre Motivation offensichtlich ein Angriff auf Ausländer war.“
Die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo schrieb auf Twitter: „Die kurdische Gemeinschaft und durch sie alle Pariser wurden durch diese Morde, die von einem rechtsextremen Aktivisten begangen wurden, ins Visier genommen.“Sie forderte: „Die Kurden, wo auch immer sie leben, müssen in Frieden und Sicherheit leben können. Mehr denn je steht Paris in diesen dunklen Stunden an ihrer Seite.“
Die Schüsse trafen auch die Niederlassung des demokratischen kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), einem Dachverband von 24 kurdischen Vereinen. Wie der CDK-F mitteilte, handele es sich bei den drei Todesopfern um kurdische Aktivisten,
ebenso wie bei den drei Verletzten. Die Organisation sprach von einer „terroristischen Attacke“, zu der es nach zahlreichen türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit langem kurdische Unabhängigkeitsbestrebungen, die von der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und weiteren kurdischen Organisationen vorangetrieben werden. Der CDK-F rief zu einer Protestversammlung am Ort des Angriffs auf. Außerdem solle in dem kurdischen Zentrum selber eine Nachtwache für die Opfer abgehalten werden. Frankreich will kurdische Treffpunkte nun schützen. Landesweit sollten durchgehend Wachen an Versammlungsorten der kurdischen Gemeinde aufgestellt werden, sagte Darmanin. Auch türkische diplomatische Vertretungen im Land sollten geschützt werden, um Gegenangriffe zu verhindern.
Vor knapp zehn Jahren hatte es im zehnten Arrondissement einen Mordanschlag auf drei kurdische Aktivistinnen gegeben. Ihre Leichen waren damals im Kurdistan Informationszentrum entdeckt worden.
Der Verdächtige war laut Staatsanwaltschaft erst kürzlich unter Justizaufsicht aus der Haft gekommen. 2021 habe er ein Zeltlager von Migranten angegriffen – mit einem Säbel, wie die Zeitung „Le Parisien“berichtete. Der Mann habe dort mehrere Menschen verletzt. Der Sender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikreise, der Mann sei wegen zwei versuchter Tötungen bekannt.
Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne wertete die Attacke am Freitag auf Twitter als „widerliche Tat“. Den Opfern und ihren Angehörigen sprach sie ihre Unterstützung aus. Für Opfer und Zeugen des blutigen Angriffs richtete die Stadt im Rathaus des zehnten Arrondissements einen psychologischen Dienst ein.