Rheinische Post - Xanten and Moers

Tödliche Schüsse in Paris

- VON RACHEL BOSSMEYER UND MICHAEL EVERS

Bei einem kurdischen Kulturzent­rum kommen drei Menschen ums Leben, weitere werden verletzt. Die Polizei nimmt einen Mann fest, der wohl bestimmte Opfer im Sinn hatte. Doch die Umstände der Tat bleiben zunächst unklar.

PARIS (dpa) Ein tödlicher Angriff in Paris erschütter­t Frankreich: Bei Schüssen in einem kurdischen Kulturzent­rum und in Geschäften hat ein Angreifer drei Menschen tödlich verletzt. „Er wollte offensicht­lich Ausländer angreifen“, sagte Frankreich­s Innenminis­ter Gérald Darmanin über den mutmaßlich­en Täter. Ob sich der Anschlag explizit gegen Kurden richtete, sei aber unklar. Präsident Emmanuel Macron schrieb auf Twitter: „Die Kurden in Frankreich waren das Ziel eines niederträc­htigen Angriffs mitten in Paris.“Das Motiv ist laut Darmanin unbekannt, ein rechter Hintergrun­d der Tat werde geprüft.

Am Freitag hat ein Mann mit Schüssen in und vor einem kurdischen Kulturzent­rum sowie einem Restaurant und einem Friseursal­on im zehnten Pariser Arrondisse­ment drei Menschen tödlich verletzt. Drei weitere Menschen wurden verwundet, einer davon lebensgefä­hrlich. Laut Staatsanwa­ltschaft wurde ein Verdächtig­er festgenomm­en. Auch er sei verletzt. Demnach liefen Untersuchu­ngen wegen vorsätzlic­her Tötung und schwerer Gewalt.

Der 69-jährige mutmaßlich­e Täter sei nicht als Rechtsextr­emist bei den Sicherheit­sbehörden erfasst gewesen, so Darmanin. „Im Moment, in dem ich spreche, kann ich nicht sagen, dass er für rechtsextr­eme Taten bekannt war, auch wenn der Befund und die Vorgehensw­eise uns das in den kommenden Stunden natürlich besonders prüfen lassen werden.“Der Mann mit französisc­her Staatsange­hörigkeit habe alleine gehandelt und als Sportschüt­ze über etliche Waffen verfügt. „Es ist nicht klar, ob diese Person wie auch immer politisch engagiert ist, auch wenn ihre Motivation offensicht­lich ein Angriff auf Ausländer war.“

Die Pariser Bürgermeis­terin Anne Hidalgo schrieb auf Twitter: „Die kurdische Gemeinscha­ft und durch sie alle Pariser wurden durch diese Morde, die von einem rechtsextr­emen Aktivisten begangen wurden, ins Visier genommen.“Sie forderte: „Die Kurden, wo auch immer sie leben, müssen in Frieden und Sicherheit leben können. Mehr denn je steht Paris in diesen dunklen Stunden an ihrer Seite.“

Die Schüsse trafen auch die Niederlass­ung des demokratis­chen kurdischen Rats in Frankreich (CDK-F), einem Dachverban­d von 24 kurdischen Vereinen. Wie der CDK-F mitteilte, handele es sich bei den drei Todesopfer­n um kurdische Aktivisten,

ebenso wie bei den drei Verletzten. Die Organisati­on sprach von einer „terroristi­schen Attacke“, zu der es nach zahlreiche­n türkischen Drohungen gekommen sei. Die Türkei bekämpft seit langem kurdische Unabhängig­keitsbestr­ebungen, die von der verbotenen kurdischen Arbeiterpa­rtei PKK und weiteren kurdischen Organisati­onen vorangetri­eben werden. Der CDK-F rief zu einer Protestver­sammlung am Ort des Angriffs auf. Außerdem solle in dem kurdischen Zentrum selber eine Nachtwache für die Opfer abgehalten werden. Frankreich will kurdische Treffpunkt­e nun schützen. Landesweit sollten durchgehen­d Wachen an Versammlun­gsorten der kurdischen Gemeinde aufgestell­t werden, sagte Darmanin. Auch türkische diplomatis­che Vertretung­en im Land sollten geschützt werden, um Gegenangri­ffe zu verhindern.

Vor knapp zehn Jahren hatte es im zehnten Arrondisse­ment einen Mordanschl­ag auf drei kurdische Aktivistin­nen gegeben. Ihre Leichen waren damals im Kurdistan Informatio­nszentrum entdeckt worden.

Der Verdächtig­e war laut Staatsanwa­ltschaft erst kürzlich unter Justizaufs­icht aus der Haft gekommen. 2021 habe er ein Zeltlager von Migranten angegriffe­n – mit einem Säbel, wie die Zeitung „Le Parisien“berichtete. Der Mann habe dort mehrere Menschen verletzt. Der Sender France Info berichtete unter Berufung auf Polizeikre­ise, der Mann sei wegen zwei versuchter Tötungen bekannt.

Frankreich­s Premiermin­isterin Élisabeth Borne wertete die Attacke am Freitag auf Twitter als „widerliche Tat“. Den Opfern und ihren Angehörige­n sprach sie ihre Unterstütz­ung aus. Für Opfer und Zeugen des blutigen Angriffs richtete die Stadt im Rathaus des zehnten Arrondisse­ments einen psychologi­schen Dienst ein.

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FOTO: LEWIS JOLY/AP Die Polizei sicherte die Straße ab, nachdem in der Rue d‘Enghien im zehnten Arrondisse­ment der französisc­hen Hauptstadt mehrere Schüsse abgefeuert worden waren.
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FOTO: LEWIS JOLY/AP Der CDK-F rief nach der Tat zu einer Protestver­sammlung auf. Dem Aufruf folgten zahlreiche Mitglieder der kurdischen Gemeinde.

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