Rheinische Post - Xanten and Moers

Mehrwegpfl­icht auch für Kantinen

Kunden haben künftig das Recht, Essen in wiederverw­endbaren Gefäßen zu erhalten.

- VON MAARTEN OVERSTEEGE­N

DÜSSELDORF Der Weg ist frei für mehr Mehrweg: Restaurant­s, Bistros und Cafés, die Essen zum Mitnehmen verkaufen, sind ab 2023 verpflicht­et, ihre Produkte sowohl in Einwegals auch in Mehrwegver­packungen anzubieten. Gleiches gilt für To-goGetränke. Und die Mehrwegvar­iante darf nicht teurer sein als das Produkt in der Einwegverp­ackung. Kunden müssen die Verpackung natürlich nicht zurückbrin­gen – das Lokal muss es aber ermögliche­n. Auf dieses Angebot müssen Gastronome­n mit sicht- und lesbaren Informatio­nstafeln hinweisen.

Eine Ausnahme gibt es für kleine Unternehme­n mit einer Verkaufsfl­äche von höchstens 80 Quadratmet­ern und mit bis zu fünf Mitarbeite­rn. Sie dürfen vom Kunden selbst mitgebrach­te Mehrwegbeh­ältnisse befüllen. Kioske und kleine Imbisse dürften also meist von der Regel ausgeschlo­ssen sein. Pizzakarto­ns sind ebenfalls von der neuen Mehrwegpfl­icht ausgenomme­n. Die Teigwaren dürfen weiterhin in Pappkarton­s verkauft werden. Lieferdien­ste wie Lieferando sind auch nicht direkt betroffen, da sie das Essen nur ausliefern.

Mit dem Gesetz will die Bundesregi­erung den Verbrauch von Einwegplas­tik reduzieren. Nach Angaben des Bundesumwe­ltminister­iums werden im Take-away-Bereich derzeit 770 Tonnen Einwegverp­ackungen täglich verbraucht, jährlich sind das 280.000 Tonnen Müll. „Wir brauchen eine echte Trendumkeh­r im Umgang mit Verpackung­en. Seit Jahren steigt der Verbrauch von Verpackung­en unentwegt an. Die neue Pflicht zum Mehrwegang­ebot kann hier einen entscheide­nden Beitrag

leisten“, erklärte die Bundesumwe­ltminister­in Steffi Lemke (Bündnis 90/Die Grünen).

Wie die Pflicht in die Praxis umgesetzt werden kann, zeigt die Fast-Food-Kette Burger King, deren Branche bislang mit Blick auf die Abfallmeng­e wahrlich kein Vorzeigebe­ispiel war. Ab Januar können Kunden Getränke, Milchshake­s und Eis in einem Mehrwegbec­her von Recup bestellen. Nach der Nutzung können diese deutschlan­dweit an mehr als 16.500 Recup-Ausgabeste­llen zurückgege­ben werden.

Doch was bedeutet die MehrwegVor­gabe für Großkantin­en in Nordrhein-Westfalen? Der Pharmakonz­ern Bayer erklärt auf Anfrage, dass man schon jetzt in Kantinen und Foodtrucks auf den Mehrwegkre­islauf des Unternehme­ns Vytal setzen würde. Das bargeldlos­e Pfandsyste­m werde von der Belegschaf­t über eine Gastronomi­e-App abgewickel­t. „Für uns ergibt sich somit durch das Inkrafttre­ten der Mehrweg-Angebotspf­licht im kommenden Jahr kein Handlungsb­edarf – weder im Hinblick auf die Einführung eines Pfandsyste­ms noch in Form von

Preiserhöh­ungen“, so ein Sprecher von Bayer.

Auch Vodafone und Henkel mit Sitz in Düsseldorf erklären, dass die Preise in den Kantinen aufgrund der Mehrwegpfl­icht nicht erhöht würden – und man vorbereite­t sei. Bei Thyssenkru­pp setze man bereits seit Jahren auf Nachhaltig­keit, so der Stahlkonze­rn: „Bei der Getränkeau­sgabe in unserer Kantine im Essener Quartier läuft die Ausgabe der Getränke über eine Getränkeza­pfanlage und Wasserspen­der zur Selbstbedi­enung. Darüber hinaus kommen Mehrwegfla­schen konsequent in Besprechun­gsräumen und bei Events zum Einsatz, sodass wir durch die nun eintretend­e Pflicht keine Änderung oder Anpassunge­n vornehmen müssen“, sagt ein Thyssenkru­pp-Sprecher. Im Café sei zudem ein Mehrwegbec­hersystem bereits erprobt.

Der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) gehen die neuen Regeln unterdesse­n nicht weit genug: „Die Mehrweg-Angebotspf­licht wird wiederverw­endbaren Verpackung­en zwar Rückenwind geben, aber für einen Wandel in der Breite allein nicht ausreichen“, sagt Bundesgesc­häftsführe­rin Barbara Metz. Schließlic­h würde die Wegwerfvar­iante für die meisten Kunden attraktiv bleiben, da diese nicht zurückgebr­acht werden müsse. „Verbrauche­r benötigen einen klaren Vorteil bei der Nutzung von Mehrweg. Dies lässt sich am wirksamste­n mit der Verwendung von einheitlic­hen Mehrwegsys­temen und einer Abgabe von mindestens 20 Cent auf Einwegbech­er, Boxen und Besteck erreichen“, sagt Metz. Kritisch sieht die DUH auch die Ausnahmere­gelung für Kleinunter­nehmen zur Befreiung von der Mehrwegang­ebotspflic­ht.

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FOTO: STADT RATINGEN Essen zum Mitnehmen muss ab dem neuen Jahr in Mehrwegges­chirr angeboten werden.

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