Rheinische Post - Xanten and Moers
Über Zeiten und Grenzen hinweg verbunden
mussten zurück in ihre jeweiligen Lebenswelten zu beiden Seiten des Eisernen Vorhangs.
Sie blieben über Briefe in Verbindung, versicherten sich, aneinander zu denken und sich zu vermissen. Im Jahr 1983 war es dann endlich so weit: Eine gemeinsame Rundreise durch Ungarn war geplant. Doch die Fahrt begann mit einigen Hindernissen. Andrea fuhr ganz alleine mit ihrem weißen R4 in Richtung Südosten. Ganz schön aufregend für die junge Frau, schließlich gab es weder Navi noch Handy zu dieser Zeit.
Der erste Weg führte ins Dorf der Verwandten, wo sie herzlich begrüßt wurde. „Man musste sich zu der Zeit mit einem Familienangehörigen in der nächsten Stadt anmelden, so sahen es die Regeln vor. Danach durfte ich mich im Land frei bewegen“,
Andrea Gille erinnert sich Andrea. Als sie dann weiter zum Plattensee fahren wollte, verfuhr sie sich und landete auf der falschen Seite des Sees. Zusätzlich wurde sie von der Polizei angehalten, da sie zu schnell unterwegs war und musste ordentlich blechen, was ein tiefes Loch in die Urlaubskasse riss.
Sich bei all den Unabwägbarkeiten überhaupt pünktlich zu treffen, grenzte an ein kleines Wunder. Doch es klappte, und so verbrachten die beiden eine wunderbare und unvergessliche gemeinsame Woche. Die Rundreise, auf der Barek Andrea seine Heimat zeigte, endete in der Hauptstadt Budapest. „Ich war total verliebt und spielte sogar mit dem Gedanken, nach Ungarn zu ziehen. Doch jeder von uns hatte Pläne, war in Ausbildung. Und so gingen wir abermals zurück in unsere getrennten Welten“, erzählt Andrea wehmütig.
Und dabei blieb es dann auch, für 30 lange Jahre. Anfangs gab es noch Briefkontakt, doch der verlor sich nach mehreren Umzügen. Natürlich konnte Andrea ihre Jugendliebe nie vergessen und versuchte immer wieder, Barek ausfindig zu machen. Als sie am Niederrhein eine Frau aus Ungarn kennenlernte, keimte Hoffnung auf. Andrea bat sie, in Budapest in Telefonbüchern nach dem Namen ihres Freundes zu suchen. Es gab zwar Eintragungen unter dem Namen, doch keine führte zu ihrem Barek. Erst im Januar 2014 fand sie ihn, und zwar über das Internet und das Abiturfoto aus dem Jahr 1978.
Sie schrieb ihn über Facebook an, und er antwortete sofort: „Ich habe dich auch 30 Jahre lang gesucht!“Welche große Aufregung und Freude, als sich die beiden im März 2014 in Budapest in die Arme fielen. „Wir haben uns nur in die Augen geguckt und waren so überwältigt, dass die Tränen nur so liefen“, sagt Andrea heute. Die tiefe Zuneigung, die innige Verbindung, sie waren immer noch da.
Andrea verbrachte dann ein paar schöne Tage bei Barek und lernte auch seine Familie kennen. Die beiden erzählten sich ihre Geschichten aus den vergangenen 30 Jahren und erinnerten sich an die gemeinsame Zeit.
„Auch wenn es nicht sein sollte mit einer Liebesbeziehung oder sogar Ehe – es ist und bleibt eine ganz besondere Freundschaft, die wir beide nicht mehr missen wollen“, sagt die 61-Jährige. Andrea und Barek haben sich versprochen in Kontakt zu bleiben. Seit sie sich kennen, schicken sie sich zum Abschied einen „dicken Kuss“. Ein vertrautes Ritual, das bleiben wird.
Die beiden sind wohl so etwas wie Seelenverwandte. Andrea ist dankbar für diese besondere Begegnung. „Es ist ein Geschenk, sich so mit einem Menschen verbunden zu fühlen. Immer, wenn ich an ihn denke, zaubert er mir ein Lächeln ins Gesicht.“
„Immer, wenn ich an ihn denke, zaubert er mir ein Lächeln ins Gesicht“