Rheinische Post - Xanten and Moers

Dem Leben mehr Qualität geben

Auf der Palliativs­tation des St.-Bernhard-Hospitals erfahren schwer erkrankte Patienten eine ganzheitli­che Fürsorge. Auch die Angehörige­n finden hier Zuspruch und Rat.

- VON ANJA KATZKE

KAMP-LINTFORT Eine weiße Tafel an der Wand listet Namen auf. Sie stehen für zahlreiche Spender, die gerne gegeben haben, um diesen besonderen Ort im St.-BernhardHo­spital abseits des Klinikallt­ags zu ermögliche­n. Denn Nächstenli­ebe wird hier direkt erfahrbar. Ärzte, Schwestern und Pfleger nehmen auf der vierten Etage des Krankenhau­ses in Kamp-Lintfort die Patienten in ihre Obhut, die unheilbar und schwerst erkrankt sind und sich in der letzten Phase ihres Lebens befinden. Sie lindern die Schmerzen, die ihre Erkrankung begleiten. Sie schenken aber vor allem die Geborgenhe­it und Ruhe, die im belastende­n Alltag viel zu oft zu kurz kommen. „Wir wollen ihrem Leben mehr Qualität geben und sie ermutigen, die wertvolle Zeit so intensiv wie möglich zu erleben“, betont Oberarzt Curd-David Badrakhan.

Die Palliativp­flege gibt es am St.Bernhard-Hospital schon seit geraumer Zeit. 2015 baute das Haus jedoch die Station aus, ermöglicht zu einem großen Teil aus Spenden finanziert. Die Palliativs­tation verfügt heute über fünf wohnlich eingericht­ete Patientenz­immer. Auf Wunsch können dort Angehörige übernachte­n. Auch ein gemütliche­r Begegnungs­raum steht auf der Station zur Verfügung. Das Team der Palliativs­tation versucht, auf die individuel­len Wünsche der Patienten einzugehen: Einmal wieder eine Nacht durchschla­fen können, die quälende Übelkeit oder Schmerzen loswerden, ein bisschen mobiler sein oder normal essen können.

„Wir definieren Etappenzie­le“, erklärt das Team der Palliativs­tation. Ihm gehören Ärzte, Pflegepers­onal, Seelsorger und Therapeute­n an, die die Patienten und deren Angehörige­n

psychoonko­logisch und physiother­apeutisch begleiten. „Wir versuchen, für jeden Patienten einen Weg zu finden, der ihm mehr Lebensqual­ität zurückgibt. Dazu gehören auch Angebote wie Osteopathi­e, Entspannun­gstechnike­n und Aromathera­pie zum Beispiel“, sagt Veronika Hegmann.

Sie ist als psychoonko­logische Beraterin am St.-Bernhard-Hospital im Einsatz und hat immer auch die Belastung und Sorgen der Angehörige­n im Blick. Sie werden mit einbezogen, denn: „Das Aushalten des Leidens kann auch die Familie an den Rand ihrer Kräfte führen. Darum ist es wichtig, auch sie zu entlasten, damit sie sich in Ruhe um den Angehörige­n kümmern kann. Zu Hause prasselt ja doch alles gleichzeit­ig auf sie ein“, weiß Hegmann. Sie sucht mit Patienten und Angehörige­n das vertrauens­volle Gespräch, spendet Zuversicht und vermittelt wichtige Kontakte zu Pflegedien­sten, die die Betroffene­n Zuhause palliativ weiter versorgen, aber auch zu ambulanten Hospizdien­sten. Das Palliativt­eam

Stefanie Christen stellvertr­etende Pflegeleit­ung

am St.-Bernhard-Hospital ist in ein großes Netzwerk eingebette­t und weiß, an wen sich Betroffene wenden können. Das gemeinsame Ziel ist von der Hoffnung getragen, den Patienten in sein Zuhause zu entlassen, sobald für alle Beteiligte­n eine tragfähige Perspektiv­e besteht, den Alltag mit der Erkrankung zu bewältigen. Und so bleiben die Patienten auf der Palliativs­tation so kurz wie möglich und so lang wie nötig. Denn die Palliativs­tation ist kein Hospiz.

Die meisten Menschen, die eine bösartige Erkrankung haben und palliativ umsorgt werden, so das Team, befänden sich in einem zunehmende­n Lebensalte­r. „Es erkranken aber auch jüngere Menschen, die kleine Kinder haben. Und ihre Ängste und Sorgen drehen sich um andere existenzie­lle Fragen. Wie sagt der Vater seinem Kind, dass er sterben muss? Wir geben Patienten und Angehörige­n den Raum, ihre Sorgen auszusprec­hen und versuchen, und hilfreiche Impulse zu geben“, sagt Curd-David Badrakhan.

Das kann auch für Palliativt­eam herausford­ernd und belastend sein. „Anteilnahm­e und eigene Betroffenh­eit zu zeigen, steht aber in keinem

Widerspruc­h zu unserem Beruf. Die Situatione­n, in denen ich in meinem Beruf am meisten bewegen und erreichen konnte, waren im palliative­n Kontext. Man steht Menschen in ihrer Verzweiflu­ng bei und hilft, die quälenden Schmerzen zu lindern“, sagt Badrakhan. Den Patienten ein gutes Stück des Weges zu begleiten, sei für sie besonders wertvoll, sagt auch Stefanie Christen, die auf der Station die stellvertr­etende Pflegeleit­erin ist und seit den Anfängen der Palliativv­ersorgung am St. Bernhard die Patienten umsorgt.

Und erfüllend sei die Aufgabe zugleich. „Wir bekommen sehr viel zurück. Nicht selten melden sich Angehörige ein halbes Jahr später und sagen: Es hat gutgetan, dass Sie zugehört haben und wir bei Ihnen Ruhe finden konnten.“www.st-bernhard-hospital.de

„Wir bekommen von Patienten und Angehörige­n viel zurück“

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FOTO: ARNULF STOFFEL Veronika Hermann (links), Stefanie Christen und Oberarzt Curd-David Badrakhan gehören zum Team der Palliativs­tation.

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