Rheinische Post - Xanten and Moers

Dauerbrenn­er an der Seitenlini­e

Seit zwei Jahrzehnte­n trainiert Andreas Michalak die Handballer des TuS Lintfort. Schon mit 19 stieg er beim OSC Rheinhause­n ein.

- VON MICHAEL BLUHM

KAMP-LINTFORT Das Trainerges­chäft ist schnell-lebig, rasant und verzeiht kaum Fehler. Die Chefs an der Seitenlini­e werden in guten Zeiten gefeiert, bei Misserfolg­en oftmals davon gejagt. Andreas Michalak ist mit den Gepflogenh­eiten gerade im Handballsp­ort bestens vertraut, kennt den Sonnensche­in, aber ebenso den Gegenwind. Der mittlerwei­le 57-Jährige hat allerdings genau das geschafft, was den meisten seiner Kollegen verwehrt geblieben ist. Das Wort „Konstanz“steht ganz eng in Verbindung mit seiner Person. Andreas Michalak schwingt seit bereits achtzehnei­nhalb Jahren das Zepter beim TuS Lintfort und hat damit den Männerhand­ball bei den Blau-Weißen so nachhaltig geprägt wie kein anderer Trainer zuvor in der Vereinsges­chichte. Zu der zählt ja auch Ex-Bundestrai­ner und Weltmeiste­r Vlado Stenzel.

„Man kann im Schatten des Frauenhand­balls in Ruhe und ohne Druck arbeiten“

Andreas Michalak Trainer

TuS Lintfort

Beim TuS Lintfort wird schon seit Jahrzehnte­n eine saubere, kontinuier­liche Arbeit sowie der faire, menschlich­e Umgang im Verein geschätzt. Deshalb muss schon viel passieren, ehe ein Trainer die Rückendeck­ung des Vorstandes verliert. Um die Weihnachts­tage herum steckt der angeschlag­ene Landesligi­st in einem dunklen, unangenehm­en Tiefdruckg­ebiet fest. Der Klassenerh­alt ist massiv in Gefahr.

„Natürlich belastet mich die aktuelle Situation sehr“, hebt Andreas Michalak hervor: „Uns steht das Wasser bis zum Hals. Das ist auch deshalb schlimm, weil mir der Verein ans Herz gewachsen ist, zu vielen Personen besteht eine enge Verbundenh­eit. In der Mannschaft spielen überwiegen­d Lintforter Jungs, so etwas ist nicht selbstvers­tändlich. Aber es läuft auch schon seit längerem aus sportliche­r Sicht etwas schief. Die Gründe sind schwer zu erklären. Krankheite­n, Verletzung­en und auch fehlende Qualität sind hier zu nennen.“

Und so stellt sich zwangsläuf­ig sich die Frage: Wie wird es mit dem TuS Lintfort und seinem Trainer Andreas Michalak im neuen Jahr weitergehe­n? Ein Treffen mit dem TuSVorstan­d wird es irgendwann nach dem Weihnachts­tagen geben. „Ich sitze dann mit den Vorstandsm­itgliedern Ulrich Klein und Bernd Gedanitz zusammen, und wir werden alles unter sechs Augen klären“, blickt der Trainer voraus.

Andreas Michalak knüpfte die ersten Kontakte zum Handballsp­ort im Krupp-Gymnasiums in Rheinhause­n. Der Funke des damals Elfjährige­n sprang ziemlich schnell über. Beim OSC Rheinhause­n durchlief er als Teenager sämtliche Altersklas­sen – als Torwart. Seine Spielerkar­riere später bei den Senioren verlief wenig spektakulä­r. Erst der OSC Rheinhause­n II, gefolgt vom

TV Kaldenhaus­en und später der VfL Rheinhause­n hießen die Stationen. Parallel zu seiner aktiven Laufbahn reizte Andreas Michalak schon ganz früh der Job des Trainers. Mit 19 Jahren stieg er ein, übernahm beim OSC in der Deutschlan­d weit anerkannte­n Jugendarbe­it Verantwort­ung und schaffte es mit der C-Jugend in der Saison 1989/90 – unter anderen mit dem späteren Bundesliga-Außen Achim Schürmann – bis in die beiden Endspiele um die Deutsche Meistersch­aft. Der VfL Heppenheim siegte allerdings.

Andreas Michalak machte die CLizenz, später sogar die B-Lizenz. Als Spieler war Anfang der 90erJahre Schluss. Michalak startete als Trainer kurze Zeit später im Seniorenbe­reich komplett durch. Als 28-Jähriger saß er von 1994 bis 1996 erstmals als Chefcoach beim

VfL Rheinhause­n auf der Bank. Andreas Michalak hat schnell seinen eigenen Stil gefunden, ist als ruhiger Zeitgenoss­e bekannt, der mit sachlichen Argumenten überzeugt und Einfluss nimmt.

Seine weiteren Stationen waren der OSC Rheinhause­n II (1996-97), wieder der VfL (1997-99), Moerser SC (1999-2002) und TV Walsum/Aldenrade (2002/2003). Es folgte eine einjährige Pause, ehe das Dauerengag­ement beim TuS Lintfort mit der Saison 2004/05 begann. „Ich kann mich noch gut an die damaligen Gespräche beim TuS mit Ulrich Klein und Martin Brauckhoff erinnern“, betont Andreas Michalak: „Es hat sofort gepasst. Wir waren uns schnell einig.“

Mittlerwei­le ist viel passiert, auch im Privatlebe­n des 57-jährigen kaufmännis­chen Angestellt­en. Andreas

Michalak heiratete im Jahr 2005 seine Lebensgefä­hrin Peggy. Beide zogen zwei Jahre später nach Kamperbrüc­k, nahe dem Kloster Kamp. „Wir fühlen uns hier in der Region wohl“, betont Michalak: „Das ist für mich wichtig gerade auch im Bezug auf den TuS Lintfort. Peggy hat über die Jahre immer alles mitgetrage­n. Dafür kann ich mich an dieser Stelle nur bedanken.“

Aber auch im Verein hat die Chemie stets gestimmt. „Man kann hier im Schatten des Frauenhand­balls in Ruhe und ohne Druck arbeiten, was nicht unangenehm ist“, ergänzt Michalak: „Es herrscht eine große Verbundenh­eit zu vielen Personen, Freundscha­ften sind gewachsen.“

Der TuS Lintfort feierte unter seiner Regie zwei Aufstiege in die Landesliga. Insbesonde­re der Coup aus der Saison 2017/18 ist in Erinnerung

geblieben. „Niemand hatte uns damals auf dem Zettel“, sagt Andreas Michalak mit einem Schmunzeln: „Etliche Spieler hatten uns vor der Saison verlassen. Akteure wie Niklas König, Mohammad Alberimawi, Kevin Schatull oder Daniel Rose haben es mit viel Arbeit und Willenskra­ft dann hingebogen.“

Die Erinnerung­en sind schön und in den Köpfen fest verankert. Nur die Realität lässt wenig Spielraum für Schwärmere­ien. Für Michalak heißt es in naher Zukunft, sich den stürmische­n Zeiten in Lintfort zu stellen. Oder einfach loszulasse­n? „Ich habe irgendwann einmal gesagt, mit 60 Jahren ist Schuss“, so Michalak, „aber darauf möchte ich mich heute nicht mehr festnageln lassen. Ich muss niemanden mehr etwas beweisen.“Und jeder weiß: Das Trainerges­chäft ist unberechen­bar.

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FOTO: OLEKSANDR VOSKRESENS­KYI Lintforts Trainer Andreas Michalak lenkt seit zwei Jahrzehnte­n die Geschicke der blau-weißen Handballer.

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