Rheinische Post - Xanten and Moers

Drei Diktaturen unter Druck

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Das demokratis­che Lager kommt aus dem Jahr 2022 besser heraus, als viele im Frühjahr erwartet hatten. Die drei Diktaturen Russland, China und Iran hingegen befinden sich stärker in der Defensive, als damals viele für möglich hielten. Wladimir Putin ist es nicht gelungen, die Ukraine zu unterwerfe­n. Es ist auch kein Zeichen von Stärke, dass Putin in seinem Krieg nun Sträflinge und Zwangsrekr­utierte verheizt. Er hoffte, die westlichen Demokratie­n würden die Ukraine alleinlass­en – bisher ist es umgekehrt gekommen. Aus der Achse Moskau-Peking ist nichts geworden: China liefert keine Waffen an Russland. Peking lehnt offen Atomwaffen­einsätze in der Ukraine ab. Und der Verlauf der Corona-Krise schwächt Chinas Staatschef Xi Jinping: Weil das Volk den Aufstand gegen die brutalen Lockdowns wagte, kommt nun die komplette Öffnung. Falls das zu vielen Hunderttau­senden Toten führt, weil Chinas Machthaber zu arrogant waren, die besseren westlichen Impfstoffe zu kaufen, droht der kommunisti­schen Führung ein weiterer Vertrauens­verlust.

Die Diktatur im Iran hält sich nur durch brutale Gewalt gegen die breiteste Volksbeweg­ung seit Jahrzehnte­n im Amt. Direkt intervenie­ren kann der Westen nur schwer, aber am Ende hängt alles mit allem zusammen: Schafft es die Ukraine, sich gegen das von Teheran mit Waffen unterstütz­te Moskauer Regime zu verteidige­n, hätte dies großen Symbolwert – China würde von einem Angriff auf Taiwan noch mehr abgeschrec­kt als bisher. Ein Erfolg der Demokratie in der Ukraine könnte auf Belarus, auf Russland und China ausstrahle­n, so wie Ende der 90er-Jahre ganz Osteuropa die Fesseln der Diktatur überwand.

Überrollt Russland aber eine zu schwache ukrainisch­e Armee, wäre die Folge ähnlich wie 1939. Damals war es falsch, der Gefahr nicht konsequent widerstand­en zu haben. Dieses Risiko droht immer noch.

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