Rheinische Post - Xanten and Moers
Drei Diktaturen unter Druck
Das demokratische Lager kommt aus dem Jahr 2022 besser heraus, als viele im Frühjahr erwartet hatten. Die drei Diktaturen Russland, China und Iran hingegen befinden sich stärker in der Defensive, als damals viele für möglich hielten. Wladimir Putin ist es nicht gelungen, die Ukraine zu unterwerfen. Es ist auch kein Zeichen von Stärke, dass Putin in seinem Krieg nun Sträflinge und Zwangsrekrutierte verheizt. Er hoffte, die westlichen Demokratien würden die Ukraine alleinlassen – bisher ist es umgekehrt gekommen. Aus der Achse Moskau-Peking ist nichts geworden: China liefert keine Waffen an Russland. Peking lehnt offen Atomwaffeneinsätze in der Ukraine ab. Und der Verlauf der Corona-Krise schwächt Chinas Staatschef Xi Jinping: Weil das Volk den Aufstand gegen die brutalen Lockdowns wagte, kommt nun die komplette Öffnung. Falls das zu vielen Hunderttausenden Toten führt, weil Chinas Machthaber zu arrogant waren, die besseren westlichen Impfstoffe zu kaufen, droht der kommunistischen Führung ein weiterer Vertrauensverlust.
Die Diktatur im Iran hält sich nur durch brutale Gewalt gegen die breiteste Volksbewegung seit Jahrzehnten im Amt. Direkt intervenieren kann der Westen nur schwer, aber am Ende hängt alles mit allem zusammen: Schafft es die Ukraine, sich gegen das von Teheran mit Waffen unterstützte Moskauer Regime zu verteidigen, hätte dies großen Symbolwert – China würde von einem Angriff auf Taiwan noch mehr abgeschreckt als bisher. Ein Erfolg der Demokratie in der Ukraine könnte auf Belarus, auf Russland und China ausstrahlen, so wie Ende der 90er-Jahre ganz Osteuropa die Fesseln der Diktatur überwand.
Überrollt Russland aber eine zu schwache ukrainische Armee, wäre die Folge ähnlich wie 1939. Damals war es falsch, der Gefahr nicht konsequent widerstanden zu haben. Dieses Risiko droht immer noch.