Rheinische Post - Xanten and Moers

Pensionier­te Richter warnen vor Justizrefo­rm in Israel

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JERUSALEM (kna) Rund 70 pensionier­te israelisch­e Richter sehen durch geplante Gesetzesän­derungen der neuen Regierung die Grundwerte des Landes gefährdet. „Die Unabhängig­keit der Justiz ist für ihre Rolle als Gegengewic­ht zu den beiden anderen Gewalten, der Legislativ­e und der Exekutive, unerlässli­ch“, heißt es in einem offenen Brief der Juristen, wie die Tageszeitu­ng „Haaretz“am Dienstagab­end berichtete. Darin warnen die Unterzeich­ner insbesonde­re vor der vorgeschla­genen Außerkraft­setzungskl­ausel, die das oberste Gericht als Kontrollin­stanz ausschalte­n würde.

Die wesentlich­e Rolle der Richter im israelisch­en Justizsyst­em bestehe darin, „die Grundwerte des Staates seit seiner Gründung zu bewahren, darunter den Schutz der Menschenre­chte, die Reinheit unserer Ideale und die Rechtsstaa­tlichkeit“, so die Richter. Maßnahmen, die diesen Werten schadeten, könnten auch dem Bild Israels in der Welt schaden. Konkret forderten die Unterzeich­ner, „alle Maßnahmen zu stoppen, die die Rechtsstaa­tlichkeit und die Grundlagen unserer verfassung­smäßigen demokratis­chen Ordnung beeinträch­tigen könnten“. Besonders warnen sie vor der Umsetzung der vorgeschla­genen Außerkraft­setzungskl­ausel,

die es dem Parlament ermögliche­n würde, grundgeset­zwidrige Gesetze zu erlassen.

Die Klausel sieht vor, dass eine einfache Mehrheit von 61 Parlamenta­riern Entscheidu­ngen des obersten israelisch­en Gerichts überstimme­n können. Die neue Regierung, deren Vereidigun­g für Donnerstag geplant ist, wird voraussich­tlich über 64 Mandate verfügen. Gegen die mögliche Reform hatten sich bereits im November rund 100 israelisch­e Juradozent­en ausgesproc­hen. Sie könne „dem Schutz der Menschenre­chte in Israel ernsthaft schaden und ein Klagelied für Generation­en sein“, hieß es in einem offenen Brief.

Zu den maßgeblich­en Befürworte­rn der Klausel zählen das rechtsextr­eme, nationalre­ligiöse Bündnis aus Otzma Jehudit, Religiösen Zionisten und der homophoben Noam, aber auch die ultraortho­doxen Parteien im rechten Lager. Der Oberste Gerichtsho­f erfüllt in Israel auch die Funktion eines Verfassung­sgerichts und prüft, ob Gesetze gegen Grundrecht­e verstoßen. Eine kodifizier­te Verfassung hat das Land bis heute nicht. Als Ersatz gelten eine Reihe von Grundgeset­zen, in denen unter anderem die Gleichheit aller Bürger festgeschr­ieben ist.

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