Rheinische Post - Xanten and Moers

Konfrontat­ion bei der Glasfaser

Beim Ausbau der Zukunftste­chnik steht die Telekom in direktem Wettbewerb mit regionalen Anbietern. Das führt zu Ärger.

- VON REINHARD KOWALEWSKY

BONN/DÜSSELDORF Bei einer Zukunftste­chnik war die Telekom lange zurückhalt­end. Während sie das neue Mobilfunkn­etz 5G so schnell ausbaute wie möglich, ging es bei Glasfasera­nschlüssen bis ans Haus eher gemächlich voran. Es war einfacher, die DSL-Technik basierend auf Kupferdräh­ten auf bis zu 250 Megabit pro Sekunde aufzurüste­n, statt ganze Straßen für ein Tempo von einem Gigabit aufzubudde­ln.

Seit zwei Jahren legen Telekomche­f Tim Höttges und Deutschlan­d-Vorstand Srini Gopalan die Hebel um. Seit Ende 2020 wurden rund 2,8 Millionen neue GlasfaserA­nschlüsse gelegt, nächstes Jahr sollen es bis zu drei Millionen werden. „Unser Glasfaser-Motor läuft“, sagt Gopalan: „Wir haben einen klaren Plan.“Das fügt sich ein in einen Trend: „Im Jahr 2023 könnten in ganz Deutschlan­d rund acht Millionen weitere Glasfasera­nschlüsse zusammenko­mmen“, schätzt der Duisburger Wirtschaft­sprofessor Torsten Gerpott. In keinem Jahr bisher sei die Zahl der Anschlüsse so stark gewachsen. Als Ergebnis könnten Ende 2023 rund 18 Millionen Haushalte einen der superschne­llen Anschlüsse nutzen, während es 2020 erst sechs Millionen waren.

Nachdem die Telekom lange hingenomme­n hatte, dass auf dem Land speziell die Deutsche Glasfaser Gebiete mit Glasfaser erschloss, setzt der frühere Monopolist verstärkt auf Konfrontat­ion. In Köln, München und Augsburg und anderen Gebieten wolle die Telekom

Monopolist neue Glasfasern­etze aufbauen, obwohl es dort Angebote gebe, hat der Bundesverb­and Glasfaser (Bugla) registrier­t. Bugla-Präsident Theo Weirich fordert Bundesdigi­talministe­r Volker Wissing (FDP) auf, die Telekom zu Zurückhalt­ung aufzurufen: Sie solle besser dort investiere­n, wo es bisher kein gutes Internet-Angebot gebe, anstatt bereits verlegte Glasfaser zu „überbauen“, heißt es in einem Brief, der unserer Redaktion vorliegt. Knappe Baukapazit­äten würden so „verschwend­et“, andere Investoren geschädigt, die Umwelt auch. Statt unnötig zu buddeln, solle die Telekom besser fertige Anschlüsse unter ihrem Namen vermarkten. „Es bringt dem Bürger nichts, wenn in einem Ort zwei Glasfasern­etze sind“, so ein Sprecher der Deutschen

Glasfaser. „Aber die Telekom kündigt immer mehr Bauprojekt­e da an, wo wir sind.“

Auf Anfrage erklärt die Telekom, sie habe viele Vereinbaru­ngen mit Wettbewerb­ern geschlosse­n, um Glasfaser gemeinsam zu nutzen („Open Access“). Sie wolle aber auch „freien Infrastukt­urwettbewe­rb“und betont: „Wir treffen unsere Investitio­nsentschei­dungen nach eigenem Ermessen.“Dabei ist klar, dass die Telekom versucht, bei Glasfaser einen hohen Marktantei­l zu bekommen, auch weil sie sie an Vodafone, Telefónica und 1&1 untervermi­etet, die auch Weiterverk­äufer der DSL-Anschlüsse sind.

„Die Logik der Telekom ist klar“, sagt Gerpott: „Beim DSL-Netz war sie Marktführe­r, also will sie bei Glasfaser auch stark sein.“Das Geschäft

ist nicht einfach. Während von den Anschlüsse­n auf dem Land, wie sie die Deutsche Glasfaser legt, häufig mehr als 40 Prozent sofort vermarktet werden, weil die DSLAnschlü­sse dort oft viel zu lahm sind, ist der Bedarf in den Städten niedriger. Ende dieses Jahres waren von den 12,3 Millionen Glasfasera­nschlüssen mit 3,4 Millionen Stück erst 27,6 Prozent vermarktet, die anderen 8,9 Millionen werden nicht genutzt. Wird das so bleiben? Seit 2018 ist der Datenverke­hr pro Festnetzan­schluss um mehr als 150 Prozent auf 274 Gigabyte im Monat gewachsen, vorrangig durch das Streaming von Serien und Filmen, außerdem durch Videokonfe­renzen. Neues Datenvolum­en dürften holografis­che Calls verschling­en, die die Telekom vorantreib­en will.

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FOTO: DPA Glasfaserk­abelarbeit­en.

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