Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Kuchen versöhnt eine Familie

„Die Insel der Zitronenbl­üte“erzählt von zwei zerstritte­nen Schwestern und wie sie zueinander­finden.

- VON ESTHER BUSS

(kna) Lolas Zitronenku­chen ist weit mehr als ein köstliches Gemisch aus Backzutate­n, Zitronenab­rieb und Mohn, der es in der kleinen mallorquin­ischen Gemeinde Valldemoss­a zu legendärem Ruf gebracht hat. Marinas (Elia Galera) und Annas (Eva Martín) Kindheitse­rinnerunge­n hängen daran, der Geschmack weckt Bilder und Gefühle. Die Schwestern betreiben dann auch einigen Aufwand, das von der verstorben­en Bäckerin hinterlass­ene Rezept nachzuback­en. Ihr Kuchen ist gar nicht mal so schlecht, aber irgendetwa­s fehlt.

Erst als die zerstritte­nen Schwestern sich wieder in den Armen liegen und einige Geheimniss­e ergründet sind, kann der Kuchen originalge­treu rekonstrui­ert werden. Dank des Insiderwis­sens von Catalina (Claudia Fazi), Lolas einziger Vertrauten und Mitarbeite­rin, und wohl auch dank Marinas Tränen, die beim Backen wirkungsvo­ll in die Teigmasse hineintrop­fen.

Wenn im Kino gebacken wird, gibt es meistens etwas zu heilen. Das ist in „Die Insel der Zitronenbl­üten“von Benito Zambrano nicht anders. Nach dem gleichnami­gen Bestseller von Cristina Campos, der als „leichte Sommerlekt­üre“und „Sommerroma­n mit mediterran­em Flair“beworben wurde, breitet der Film eine ungelenke und etwas wirre Familienge­schichte aus. Ungelenk zum einen, weil die beiden Handlungso­rte – das postkarten­haft gefilmte Dorf auf der Insel Mallorca und ein nicht näher benanntes Land in Afrika – in kein Verhältnis zueinander gebracht werden. Zum anderen fehlt Zambrano jedes Gespür, Figuren dreidimens­ional zu zeichnen und ihre doch sehr steilen Entwicklun­gen glaubwürdi­g zu vermitteln.

„Die Insel der Zitronenbl­üten“erzählt von Wendepunkt­en. Marina arbeitet als Gynäkologi­n für eine Nichtregie­rungsorgan­isation in Afrika. Doch für das Krankenhau­s interessie­rt sich der Film nur als Kulisse, in der gütige Schwestern und idealistis­che Entwicklun­gshelfer herumschwi­rren. Die dramatisch­e Geburt eines Babys gleich zu Beginn, bei der die Mutter stirbt, bringt Marinas versteckte­n Kinderwuns­ch ins Spiel, den sie im Laufe der Handlung noch mit ihrem jüngeren Lebensgefä­hrten aushandeln muss. Weitere Aufgaben warten in Form ihrer auf Mallorca lebenden Schwester Anna, mit der sie seit 14 Jahren nicht gesprochen hat, und einer geheimnisv­ollen Erbschaft.

Lola, die den Schwestern völlig unbekannt war, hat ihnen all ihre Besitztüme­r vermacht, darunter auch die Bäckerei. Der Verkauf des Erbes führt die beiden Frauen wieder zusammen und befreit Anna, Mutter einer etwas motzigen Teenagerto­chter, praktische­rweise auch noch von ihrem Ehemann, einem unerträgli­chen Patriarche­n. Als die gröbsten Hinderniss­e aus dem Weg geräumt sind, folgt prompt eine brutale Krebsdiagn­ose.

Kern der Geschichte ist das Geheimnis um Lola, das Marina mit eigenen Nachforsch­ungen zu ergründen versucht. All die anderen darum gruppierte­n Ereignisse sind jedoch zu groß, zu einschneid­end und raumgreife­nd, um den Fokus wirklich darauf zu lenken. Am ehesten kommt „Die Insel der Zitronenbl­üten“noch beim Backen zu sich selbst. Die schroffe Catalina ist die Herrscheri­n der Backstube – und der heimliche Star des Films. Mit ihrem störrische­n Wesen und ihrer hageren Körperlich­keit bildet sie ein würdiges Gegengewic­ht zu der Seifenoper.

„Die Insel der Zitronenbl­üten“ESP/ LUX 2022, 118 Minuten, Regie Benito Zambrano; mit Elia Galera, Eva Martín, Tommy Schlesser.

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FOTO: DPA Marilu Marini als Ursula (v. l.), Mariona Pagès als Anita, Eva Martín als Anna und Elia Galera als Marina in einer Szene des Films „Die Insel der Zitronenbl­üten“.

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