Rheinische Post - Xanten and Moers

Der vergeblich­e Kampf um Lützerath

- VON JULIA RATHCKE

Fäkalienwü­rfe, Molotowcoc­ktails, Zwillensch­üsse auf Polizeikrä­fte – was 2018 im Hambacher Forst geschah, ist mit Lützerath 2023 nicht zu vergleiche­n, bisher zumindest. Flaschen und Steine sind am Montag allerdings geflogen, Barrikaden aus Strohballe­n und Autoreifen angezündet und die linke Hand eines Aktivisten auf die Straße geklebt worden. Teils martialisc­he Bilder und Botschafte­n sollte das senden: Lützerath werde angegriffe­n, Polizeitru­ppen fielen ein, der Kampf ums Kohledorf beginne. Dabei ist er längst vergeblich.

Was die Aktivisten als Provokatio­n zu verkaufen versuchen, ist vielmehr die Vorbereitu­ng einer lange geplanten, rechtlich bestätigte­n Räumung, die irgendwann ab dem 10. Januar stattfinde­n soll. Sie kommt eben nicht überfallar­tig. Und sie ist notwendig, auch aus Sicht der inzwischen von den Grünen mitgeführt­en Landesregi­erung. Davon darf man politisch grundsätzl­ich enttäuscht sein, das Abbaggern des Geisterdor­fes und das Verbrennen der Kohle schlicht für nicht notwendig zu erklären, ist inmitten einer Energiekri­se aber ziemlich wohlfeil. Zumal das wichtigere Ziel fix beschlosse­n ist: der Kohleausst­ieg 2030.

Der Einsatz zum Schutz des Klimas ist wichtig, aber an anderer Stelle wohl hilfreiche­r. Denn Lützerath, das kleine „Lützi“südöstlich von Erkelenz, dient einem symbolisch­en Widerstand, der nichts mehr ausrichten kann. Der Protest wird verpuffen wie die brennenden Strohballe­n-Barrikaden. 1000 Polizeikrä­fte werden am Ende rund 100 Vermummten gegenübers­tehen. Im Hambacher Forst ist 2018 ein 27-Jähriger verunglück­t. Der Blogger, der die Aktivitäte­n und Besetzer in ihren Baumhäuser­n begleitete, starb durch einen Sturz von einer 15 Meter hohen Hängebrück­e auf den Waldboden. In Lützerath beteuern sowohl Polizei als auch Demonstran­ten einen friedliche­n Verlauf. Bleibt zu hoffen, dass das hält.

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