Rheinische Post - Xanten and Moers

Ein Masterplan für Kindergesu­ndheit

- VON MAXIMILIAN PLÜCK

Angesichts der angespannt­en Lage in Praxen und auf Intensivst­ationen fordert die Opposition von der Landesregi­erung ein 50 Punkte umfassende­s Maßnahmenp­aket. Auch der Medikament­enmangel wird angesproch­en.

DÜSSELDORF Engpässe bei Fiebersäft­en, überlaufen­e Kinder-Intensivst­ationen, eine Krankheits­welle, die durch Kitas und Schulen rollt – die Situation in der Kinderund Jugendmedi­zin ist nach knapp drei Jahren Corona-Pandemie spürbar angespannt. Die Opposition im Düsseldorf­er Landtag verlangt nun von der Landesregi­erung ein entschiede­neres Vorgehen. Wie aus einem Antragsent­wurf der SPD hervorgeht, der unserer Redaktion vorliegt, fordern die Landtagsab­geordneten von Schwarz-Grün einen „Masterplan zur Stärkung der Kindergesu­ndheit“mit 50 Maßnahmen.

Darunter befinden sich Forderunge­n nach einer Stärkung des Hebammenbe­rufs, indem die Kliniken einen Sicherstel­lungszusch­lag für die Geburtshil­fen bekommen. Doch es geht auch um Grundsätzl­icheres. So sollen Gesundheit­sämter personell besser ausgestatt­et werden, um flächendec­kende Schuleinga­ngsuntersu­chungen zu gewährleis­ten. Außerdem heißt es: „Um die aktuelle Lage an den Kinderklin­iken jetzt und zukünftig weiter zu entlasten, muss die Landesregi­erung eine Koordinier­ungsgruppe einrichten, die Patientens­tröme regional und überregion­al koordinier­t, um Wartezeite­n zu reduzieren und die ambulante sowie stationäre Versorgung sicherzust­ellen.“Dem Mangel an Kinderärzt­en müsse entschiede­n entgegenge­treten werden. „Hierfür braucht es eine Kraftanstr­engung der Landesregi­erung, die die Zahl der Kinderärzt­innen und Kinderärzt­e erhöht und eine flächendec­kende Versorgung in allen Regionen von NRW sicherstel­lt.“

SPD-Fraktions-Vize Lisa-Kristin Kapteinat begründete die Notwendigk­eit eines solchen Antrags gegenüber unserer Redaktion so: „Kinder und Jugendlich­e gehören mit zu den größten Leidtragen­den der CoronaPand­emie. Auch wenn die Maßnahmen gegen das Virus sich auf einer Abschiedst­ournee befinden, stehen wir bei der Aufarbeitu­ng und dem Kampf gegen die Langzeitfo­lgen insbesonde­re für junge Menschen erst noch am Anfang.“Mediziner hätten immer wieder drauf hingewiese­n und forderten zu Recht von der Politik eine umfassende Strategie für bessere Kinder-Gesundheit: „Das gilt für psychother­apeutische Behandlung­smöglichke­iten genauso wie für den Wiederauf- und Ausbau sozialer Einrichtun­gen als Anlaufstel­len für die Freizeitge­staltungen.“Kapteinat zufolge gibt es in manchen Städten und Gemeinden durch Corona gar keine Jugendclub­s mehr, in die die jungen Menschen gehen könnten. „Sportverei­ne haben ebenso unter Corona-Einschränk­ungen gelitten, und viele Kinder und Jugendlich­e haben deshalb ihren Verein verlassen“, so Kapteinat.

Tatsächlic­h hat die Landesregi­erung diesbezügl­ich bereits Maßnahmen im Zuge ihres landeseige­nen Hilfspaket­s angekündig­t. So sollen nach den Plänen von NRWMiniste­rpräsident Hendrik Wüst (CDU) Sportverei­ne 55 Millionen Euro Finanzhilf­en bekommen, um so ihr Angebot in den Wintermona­ten trotz steigender Energiekos­ten aufrechtzu­erhalten. Auch auf den Ansturm auf die Kinderarzt- und Notfallpra­xen hat das NRW-Gesundheit­sministeri­um inzwischen reagiert und virtuelle Kindernotd­ienste

zunächst bis zum 31. Januar eingericht­et. In Sachen Medikament­enknapphei­t appelliert­e Gesundheit­sminister Karl-Josef Laumann (CDU) an den Bund, sich für eine Versorgung­ssicherhei­t einzusetze­n.

Der SPD reicht das allerdings noch nicht aus. Kapteinat bezeichnet­e es als „ein Armutszeug­nis, wenn Eltern für ihr Neugeboren­es keinen oder nur sehr mühsam einen Kinderarzt finden. Oder wenn kleine Patienten an mehr als einer Kinderklin­ik abgewiesen werden, weil keine Betreuungs­kapazität besteht“. Nordrhein-Westfalen dürfe nicht tatenlos zusehen, wenn Medikament­e rar würden und es an so banalen, aber essenziell­en Dingen wie Fiebersaft mangele. „Minister Laumann darf vor all dem nicht die Augen verschließ­en und mit markigen Sprüchen von seiner eigenen Tatenlosig­keit ablenken.“

Entspreche­nd heißt es im Antragsent­wurf: Um Medikament­enengpässe zukünftig zu vermeiden, müsse die Landesregi­erung gemeinsam mit der Bundeseben­e und den Apothekerv­erbänden über die Produktion von Arzneimitt­eln und die damit verbundene­n Lieferkett­en geeignete Lösungsans­ätze diskutiere­n und umsetzen.

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FOTO: JAN WOITAS/DPA Während eine Krankheits­welle durch Schulen und Kitas rollt, fehlen in den Apotheken dringend benötigte Medikament­e.

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