Rheinische Post - Xanten and Moers
Ein Masterplan für Kindergesundheit
Angesichts der angespannten Lage in Praxen und auf Intensivstationen fordert die Opposition von der Landesregierung ein 50 Punkte umfassendes Maßnahmenpaket. Auch der Medikamentenmangel wird angesprochen.
DÜSSELDORF Engpässe bei Fiebersäften, überlaufene Kinder-Intensivstationen, eine Krankheitswelle, die durch Kitas und Schulen rollt – die Situation in der Kinderund Jugendmedizin ist nach knapp drei Jahren Corona-Pandemie spürbar angespannt. Die Opposition im Düsseldorfer Landtag verlangt nun von der Landesregierung ein entschiedeneres Vorgehen. Wie aus einem Antragsentwurf der SPD hervorgeht, der unserer Redaktion vorliegt, fordern die Landtagsabgeordneten von Schwarz-Grün einen „Masterplan zur Stärkung der Kindergesundheit“mit 50 Maßnahmen.
Darunter befinden sich Forderungen nach einer Stärkung des Hebammenberufs, indem die Kliniken einen Sicherstellungszuschlag für die Geburtshilfen bekommen. Doch es geht auch um Grundsätzlicheres. So sollen Gesundheitsämter personell besser ausgestattet werden, um flächendeckende Schuleingangsuntersuchungen zu gewährleisten. Außerdem heißt es: „Um die aktuelle Lage an den Kinderkliniken jetzt und zukünftig weiter zu entlasten, muss die Landesregierung eine Koordinierungsgruppe einrichten, die Patientenströme regional und überregional koordiniert, um Wartezeiten zu reduzieren und die ambulante sowie stationäre Versorgung sicherzustellen.“Dem Mangel an Kinderärzten müsse entschieden entgegengetreten werden. „Hierfür braucht es eine Kraftanstrengung der Landesregierung, die die Zahl der Kinderärztinnen und Kinderärzte erhöht und eine flächendeckende Versorgung in allen Regionen von NRW sicherstellt.“
SPD-Fraktions-Vize Lisa-Kristin Kapteinat begründete die Notwendigkeit eines solchen Antrags gegenüber unserer Redaktion so: „Kinder und Jugendliche gehören mit zu den größten Leidtragenden der CoronaPandemie. Auch wenn die Maßnahmen gegen das Virus sich auf einer Abschiedstournee befinden, stehen wir bei der Aufarbeitung und dem Kampf gegen die Langzeitfolgen insbesondere für junge Menschen erst noch am Anfang.“Mediziner hätten immer wieder drauf hingewiesen und forderten zu Recht von der Politik eine umfassende Strategie für bessere Kinder-Gesundheit: „Das gilt für psychotherapeutische Behandlungsmöglichkeiten genauso wie für den Wiederauf- und Ausbau sozialer Einrichtungen als Anlaufstellen für die Freizeitgestaltungen.“Kapteinat zufolge gibt es in manchen Städten und Gemeinden durch Corona gar keine Jugendclubs mehr, in die die jungen Menschen gehen könnten. „Sportvereine haben ebenso unter Corona-Einschränkungen gelitten, und viele Kinder und Jugendliche haben deshalb ihren Verein verlassen“, so Kapteinat.
Tatsächlich hat die Landesregierung diesbezüglich bereits Maßnahmen im Zuge ihres landeseigenen Hilfspakets angekündigt. So sollen nach den Plänen von NRWMinisterpräsident Hendrik Wüst (CDU) Sportvereine 55 Millionen Euro Finanzhilfen bekommen, um so ihr Angebot in den Wintermonaten trotz steigender Energiekosten aufrechtzuerhalten. Auch auf den Ansturm auf die Kinderarzt- und Notfallpraxen hat das NRW-Gesundheitsministerium inzwischen reagiert und virtuelle Kindernotdienste
zunächst bis zum 31. Januar eingerichtet. In Sachen Medikamentenknappheit appellierte Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) an den Bund, sich für eine Versorgungssicherheit einzusetzen.
Der SPD reicht das allerdings noch nicht aus. Kapteinat bezeichnete es als „ein Armutszeugnis, wenn Eltern für ihr Neugeborenes keinen oder nur sehr mühsam einen Kinderarzt finden. Oder wenn kleine Patienten an mehr als einer Kinderklinik abgewiesen werden, weil keine Betreuungskapazität besteht“. Nordrhein-Westfalen dürfe nicht tatenlos zusehen, wenn Medikamente rar würden und es an so banalen, aber essenziellen Dingen wie Fiebersaft mangele. „Minister Laumann darf vor all dem nicht die Augen verschließen und mit markigen Sprüchen von seiner eigenen Tatenlosigkeit ablenken.“
Entsprechend heißt es im Antragsentwurf: Um Medikamentenengpässe zukünftig zu vermeiden, müsse die Landesregierung gemeinsam mit der Bundesebene und den Apothekerverbänden über die Produktion von Arzneimitteln und die damit verbundenen Lieferketten geeignete Lösungsansätze diskutieren und umsetzen.