Rheinische Post - Xanten and Moers
Uneinigkeit bei Corona-Testpflicht
Italien, Spanien und Frankreich lassen Reisende aus China nur noch nach negativem Corona-Test ins Land, Belgien konzentriert sich auf das Untersuchen von Flugzeug-Abwässern. Nun berät die EU über eine einheitliche Strategie.
BRÜSSEL/BERLIN Die EU-Krisenspezialisten wollen an diesem Mittwoch darüber befinden, wie die Gemeinschaft mit der überbordenden Corona-Welle in China umgehen soll. Der Chef des Weltärztebundes, Ulrich Montgomery, plädierte mit Blick auf das Treffen für eine europaweite Testpflicht aller Einreisenden aus China. „Wir wissen nicht, was in China derzeit passiert. Die Infektionen laufen völlig unkontrolliert ab. Daher halte ich es für sinnvoll, eine PCR-Testpflicht bei der Einreise vorzuschreiben“, sagte Montgomery unserer Redaktion.
Verlässliche Informationen über die Lage in dem totalitären Land sind schwer zu erhalten. In einem Blog der „Chinesischen Volkszeitung“wird der Vizechef eines Krankenhauses in Shanghai mit der Einschätzung zitiert, mehr als zwei Drittel der Millionenstadt hätten sich mit dem Virus infiziert. Reporter sahen, wie Covid-Patienten inzwischen bereits außerhalb des Krankenhauses behandelt werden, weil die Kapazitäten erschöpft seien. Nach offiziellen Angaben soll die nach Lockerungen der Null-CovidStrategie entstandene Infektionswelle ihren Höhepunkt überschritten haben. Angesichts der familiären Begegnungen zum chinesischen Neujahrsfest befürchten die Behörden jedoch ein Überschwappen auf die ländlichen Regionen, in denen die medizinische Versorgung deutlich schlechter ist.
Die EU-Gesundheitsbehörde
ECDC kam ebenfalls zu dem Schluss, dass die Zahl der Infizierten in China offenbar bereits Anfang Dezember ihren Höhepunkt erreicht habe. Allerdings sei der Rückgang möglicherweise auch auf eine sinkende Anzahl durchgeführter Tests zurückzuführen.
In der EU sind die Mitgliedsstaaten uneins über Konsequenzen für den Reiseverkehr. Als erstes Land hatte Italien einen negativen Testnachweis zur Bedingung für
Einreisen gemacht. Spanien und Frankreich zogen nach. Belgien beschloss, die Passagiere lediglich zu bitten, sich einem Test zu unterziehen, wenn sie Symptome spürten. Zugleich entschied sich die belgische Regierung dafür, die Abwässer von Passagiermaschinen aus China untersuchen zu lassen, um Hinweise auf mögliche neue Virusvarianten zu erhalten.
China reagierte mit scharfer Kritik auf die Reiseauflagen einzelner Länder
und drohte mit „Gegenmaßnahmen“. Allerdings gilt derzeit nach Angaben des Auswärtigen Amtes für alle Einreisen nach China ohnehin, vor Beginn der Reise einen negativen PCR-Test einzureichen, der nicht länger als 48 Stunden vor dem Abflug nach China erfolgt sein darf. Unabhängig davon werden alle eintreffenden Passagiere einem nochmaligen Corona-Test unterzogen und ohne Unterschied auf eigene Kosten in achttägige Quarantäne
in zentrale Einrichtungen gebracht.
„Es ist nicht ausgeschlossen, dass neue Varianten von China aus den Weg nach Deutschland finden“, sagte Weltärztebund-Chef Montgomery. Für diesen Fall solle Europa gewappnet sein und Prävention betreiben. Bei positiv Getesteten müsse zudem eine Sequenzierung stattfinden, um in Deutschland noch nicht registrierte Varianten erkennen zu können. Montgomery wies darauf hin, dass sich eine Testpflicht in der EU zudem mit der Linie der Vereinigten Staaten und Großbritanniens decken würde.
Gesundheitsexperten der Kommission und der Mitgliedsländer trafen sich am Dienstag, um die aktuelle Situation in China einzuschätzen. Auf dieser Grundlage wollen an diesem Mittwoch die für Krisenreaktion zuständigen Fachleute aus den EU-Staaten darüber beraten, ob es Auflagen für die Einreise aus China geben soll. Dem Vernehmen nach wird auch in diesen Kreisen eher an Tests in China als in Europa gedacht.