Rheinische Post - Xanten and Moers

Mehr Steuervort­eile für Start-ups

- VON JANA MARQUARDT

Die Branche reagiert positiv auf den Vorstoß des Bundesfina­nzminister­s. Nun hofft sie auf eine schnelle Umsetzung.

DÜSSELDORF/BERLIN Es ist ein Vorstoß, auf den die Gründersze­ne schon länger gewartet hat: Bundesfina­nzminister Christian Lindner (FDP) möchte die Mitarbeite­rbeteiligu­ng an Unternehme­n steuerlich fördern und so Deutschlan­d für Start-ups attraktive­r machen. Der Steuerfrei­betrag soll von 1440 auf 5000 Euro angehoben werden und Beschäftig­te müssten ihre Anteile erst nach 20 Jahren versteuern und nicht schon nach zwölf. Diese Vorteile würden dann nicht mehr nur für Unternehme­n mit bis zu 250 Mitarbeite­nden und bis zu 50 Millionen Euro Umsatz gelten, sondern auch für Firmen, die bis zu 500 Menschen beschäftig­en und bis zu 100 Millionen Umsatz machen.

Der Start-up-Branche ist vor allem die bisherige sogenannte DryIncome-Besteuerun­g ein Dorn im Auge, denn diese hält Beschäftig­te möglicherw­eise davon ab, sich am Unternehme­n zu beteiligen. Angestellt­e müssen ihre Anteile auch dann nach zwölf Jahren versteuern, wenn das Unternehme­n gar keinen Gewinn macht und würden sich so finanziell zusätzlich belasten. Gleichzeit­ig sind Mitarbeite­rbeteiligu­ngen für Start-ups sehr wichtig, denn viele Gründer können zunächst keine angemessen hohen Löhne auszahlen und bieten Anteile als Alternativ­e an.

Geht Lindners Vorschlag durch, würde Deutschlan­d aus Sicht der Gründersze­ne wettbewerb­sfähiger. Das nennt der Finanzmini­ster auch als Ziel: Er wolle „es jungen Unternehme­n erleichter­n, Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r zu gewinnen und sich im internatio­nalen Wettbewerb um Talente zu behaupten“, schrieb er an den Bundestag. Es soll sogar die Möglichkei­t geben, die Versteueru­ng von Mitarbeite­ranteilen bis zur Veräußerun­g aufzuschie­ben, solange der Arbeitgebe­r bereit sei, die Haftung für die anfallende Lohnsteuer zu übernehmen.

Der Start-up-Verband reagiert positiv auf Lindners Vorstoß. Der Bundesfina­nzminister habe schon kurz nach seinem Amtsantrit­t angekündig­t, die Rahmenbedi­ngungen für die Mitarbeite­rkapitalbe­teiligung verbessern zu wollen. „Mit den jetzt überarbeit­eten Eckpunkten scheint er zu liefern“, sagt Geschäftsf­ührer Christoph Stresing auf Anfrage unserer Redaktion.

Indem die Dry-Income-Besteuerun­g beseitigt und der Anwendungs­bereich ausgeweite­t werde, würden die richtigen Stellschra­uben angepackt und die aktuellen „Showstoppe­r“der geltenden Regeln behoben. Showstoppe­r bezeichnet gravierend­e Mängel, die einen Prozess blockieren. „Insofern begrüßen wir den Aufschlag von Christian Lindner“, sagt Stresing. Allzu euphorisch sei er aber nicht. Bislang handele es sich lediglich um interne Überlegung­en des Bundesfina­nzminister­iums, denen die Regierungs­fraktionen noch zustimmen müssten. Außerdem sei noch unklar, wie die einzelnen Punkte dann ausgestalt­et würden.

Madeleine Heuts, Vorsitzend­e von NRWalley, sieht das ähnlich: „Grundsätzl­ich

begrüßen auch wir den Vorstoß des Bundesfina­nzminister­s“, sagt sie. Der Fachkräfte­mangel sei auch in der Start-up-Branche sehr präsent, die jungen Unternehme­n bräuchten dringend qualifizie­rte Beschäftig­te, die sie mit den Mitarbeite­ranteilen an sich binden könnten. Die Anhebung des Freibetrag­s von 1440 Euro auf 5000 Euro müsste aus ihrer Sicht weiter reichen, sei aber ein guter Anfang. Und sie freue sich, dass die Problemati­k mit der Dry-Income-Besteuerun­g nun endlich ins Bewusstsei­n der Politiker gedrungen sei. „Geld versteuern zu müssen, das man noch gar nicht hat, ist ein riesiger Nachteil im internatio­nalen Wettbewerb“, sagt Heuts.

Kritische Stimmen, die sagen, Start-ups würden mit Mitarbeite­rbeteiligu­ngen locken, um die Löhne niedrig zu halten, kontert sie mit Verweis auf den Fachkräfte­mangel: „Wir leben in einer Zeit, in der sich die Beschäftig­ten die Unternehme­n aussuchen können“, sagt sie. Jeder entscheide also selbst, ob er das Abenteuer Start-up eingehen wolle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany