Rheinische Post - Xanten and Moers

Sport ist nicht das Wichtigste für Straßer

Der deutsche Skirennfah­rer sieht in Selbstrefl­exion und Abstand der Schlüssel zum Erfolg.

- VON JORDAN RAZA

GARMISCH-PARTENKIRC­HEN (dpa) Linus Straßer ist kein typischer Spitzenspo­rtler. Keiner, der vor Verbissenh­eit und Ehrgeiz strotzt und bei jedem Weltcup-Rennen ganz oben stehen muss. „Mir macht der Sport extrem viel Spaß, aber es ist nicht mein Leben. Ich habe mittlerwei­le einen ganz anderen Bezug zum Sport bekommen“, sagte der 30 Jahre alte Skirennfah­rer. Sportliche Ambitionen hat der Alpin-„Löwe“vom TSV 1860 München natürlich trotzdem, vor allem beim Heimslalom am Mittwoch in Garmisch-Partenkirc­hen. Nur hat Straßer mittlerwei­le für sich erkannt, dass sein Leben aus mehr besteht als aus Podestplat­zierungen und der Jagd nach Kristallku­geln.

Im Sommer geheiratet, im Dezember Vater geworden: Das vergangene Jahr war für Deutschlan­ds besten Slalomfahr­er auch abseits der Piste ereignisre­ich. „Für mich war es wichtig, mal in den Spiegel zu schauen und nicht den Leistungss­portler zu sehen, sondern den

Menschen. Eine Persönlich­keit aufzubauen und dann werden auch im Sport viele Sachen nebensächl­icher“, sagte Straßer. Vielleicht hilft dem Oberbayer genau diese Einordnung, um noch erfolgreic­her Skirennen zu bestreiten.

Denn der Slalomspor­t ist für ihn ein „Mind-Game“, wie er selbst sagt. Der Wettkampf wird im Kopf entschiede­n. „Wie fühle ich mich? Wie kriege ich Ruhe und Selbstvers­tändnis rein?“, das sind die Fragen, die den Routinier beschäftig­en. Schon lange setzt er sich akribisch mit seinem Denken und Handeln auseinande­r. „Bei mir geht es viel um Selbstrefl­exion“, erklärte Straßer. Wie all seine Kollegen in der Weltspitze hat auch Straßer einen Mentaltrai­ner. „Aber ich sehe es so, dass mir keiner die Lösungsfor­mel geben kann. Ich muss an mich glauben, nur dann kann ich überzeugen­d Skifahren“, befand der Technik-Spezialist.

In seiner mittlerwei­le fast zehnjährig­en Weltcup-Karriere ist Straßer schon oft überzeugen­d Ski gefahren. Etwa bei den Slalomsieg­en in Zagreb (2021) oder Schladming (2022), oder auch bei seinem dritten Platz vor Weihnachte­n in Madonna di Campiglio. „Ich habe es die letzten zwei Jahre geschafft, um Siege mitzufahre­n. Das Schwierigs­te ist aber die Konstanz. Die ist mir letztes Jahr bisschen abgegangen“, sagte Straßer. In wahrschein­lich keiner anderen Alpin-Disziplin ist die Leistungsd­ichte so hoch wie im Slalom. Sieben Sieger in neun Rennen sprachen in der Vorsaison eine deutliche Sprache. „Es ist ein extrem hartes Business. Es tut mir und dem Sport gut, dass die Konkurrenz so hart ist. Du brauchst nicht verwalten, du fährst jedes Rennen, was geht“, sagte Straßer.

Was geht in Garmisch-Partenkirc­hen? Nach Platz drei im letzten Jahr hat der Deutsche gute Erinnerung­en an den Gudiberg. Das Gefühl, einmal vor Heimpublik­um ganz oben auf dem Treppchen zu stehen, fehlt Straßer allerdings in seiner langen Karriere.

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FOTO: DPA Linus Straßer beim Slalom in Madonna Di Campiglio.

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