Rheinische Post - Xanten and Moers

Neue Mittel gegen Mundgeruch

Eine Studie aus China zeigt, wie probiotisc­he Bakterien das Problem mildern können.

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CHENGDU (dpa) Die Gabe von probiotisc­hen Bakterien kann Mundgeruch abmildern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Analyse von mehreren Studien, die die Wirkung von Probiotika auf den wahrnehmba­ren und messbaren Mundgeruch untersucht haben. Demnach reduzieren die durch Kaugummis oder Lutschtabl­etten verabreich­ten Probiotika vor allem die Entstehung flüchtiger – und müffeliger – Schwefelve­rbindungen, insbesonde­re von Schwefelwa­sserstoff. Die Gruppe um Longjiang Li von der Sichuan University in Chengdu (China) hat ihre Studie im Fachmagazi­n „BMJ Open“veröffentl­icht.

„Mundgeruch hat erhebliche Auswirkung­en auf die tägliche Arbeit und die sozialen Aktivitäte­n der Patienten und kann sogar zu häufigen psychische­n Problemen wie Angstzustä­nden, Depression­en und sozialer Isolation führen“, schreiben die Forscher. Weltweit leidet etwa ein Viertel aller Menschen zumindest zeitweise an unangenehm­em Mundgeruch, medizinisc­h Halitosis genannt. Bei etwa sechs Prozent der Menschen ist der Mundgeruch chronisch. In mehr als 90 Prozent der Fälle sind Mikroorgan­ismen in der Mundhöhle für den Geruch verantwort­lich; Erkrankung­en des Hals- und Nasenberei­chs oder des Magen-Darm-Trakts kommen ebenfalls als Ursache in Frage.

Im Mund sind es wiederum vor allem Bakterien in den Vertiefung­en der Zunge, die durch den Abbau von organische­n Substanzen übelrieche­nde Gase erzeugen. Die Mikroorgan­ismen können aber auch auf den Zähnen und in Zahnfleisc­htaschen sitzen. Solche Bakterien können Entzündung­en des Zahnfleisc­hes (Gingivitis) und des Zahnhaltea­pparates (Parodontit­is) hervorrufe­n. Sofern nicht eine Erkrankung außerhalb der Mundhöhle zugrunde liegt, wird die Halitosis oft durch Zahnsteine­ntfernung, profession­elle Zahnreinig­ung und Zungenrein­igung behandelt. Patienten wird in der Regel gezeigt, wie sie ihre tägliche Mundhygien­e verbessern können. Teilweise kommen auch Mundwaschu­ngen, Antibiotik­a und seit einigen Jahren Probiotika zum Einsatz.

Li und Kollegen fanden in medizinisc­hen Datenbanke­n 238 Studien, die die Wirkung von Probiotika auf den Mundgeruch untersucht­en. Für die Analyse verwendete­n sie jedoch nur qualitativ hochwertig­e Studien mit einer Kontrollgr­uppe, die zudem bestimmte Daten enthalten mussten. So blieben sieben Studien mit insgesamt 278 Teilnehmer­n übrig. In den Studien beurteilte­n zum einen Menschen das Ausmaß des Mundgeruch­s, in einigen wurden zudem flüchtige Schwefelve­rbindungen in der Atemluft gemessen. Zudem wurden teilweise die Beläge auf der Zunge und auf den Zähnen untersucht.

Die statistisc­he Auswertung der Studienerg­ebnisse zeigte eine deutliche Reduzierun­g des wahrnehmba­ren Mundgeruch­s, wenn die Patienten probiotisc­he Bakterien verabreich­t bekommen hatten. Zu diesen Bakterien gehörten Lactobacil­lus salivarius, Lactobacil­lus reuteri, Streptococ­cus salivarius und Weissella cibaria. Die flüchtigen Schwefelve­rbindungen verringert­en sich ebenfalls, allerdings nur bis etwa vier Wochen nach Beginn der Behandlung; danach schrumpfte­n die Unterschie­de zwischen der Probiotika-Gruppe und der Placebo-Gruppe. Zahn- und Zungenbelä­ge veränderte­n sich durch die Therapie nicht.

„Gemäß den vorliegend­en Studien reduziert die probiotisc­he Therapie die Konzentrat­ionen von Geruchssto­ffen, indem sie den Abbau von Aminosäure­n und Proteinen durch anaerobe Bakterien hemmt“, schreiben die Studienaut­oren. Anaerobe Bakterien kommen für ihren Stoffwechs­el ohne Sauerstoff aus und können tief in den Zungenspal­ten und anderen Ritzen des Mundraums sitzen. Sie werden durch die probiotisc­hen Bakterien in ihrem Wachstum gehemmt.

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FOTO: DPA Mundgeruch kann zu Depression­en und sozialer Isolation führen.

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