Rheinische Post - Xanten and Moers

Republikan­er blockieren sich selbst

- VON THOMAS SPANG

Die Amerikaner erhalten mit dem Spektakel um die Wahl des Speakers einen Vorgeschma­ck auf das, was im Kongress bevorsteht. Und eine Erinnerung an die Tage, als die Republikan­er zuletzt die Mehrheit im Repräsenta­ntenhaus stellten. Wer auch immer am Ende den symbolisch­en Hammer des Kongressfü­hrers in den Händen halten wird, übernimmt damit einen Höllenjob. Denn die Mehrheit der Republikan­er besteht nur auf dem Papier. Mit 222 zu 213 Stimmen können sie sich bei Abstimmung­en nicht mehr als vier Abtrünnige leisten. Damit bekommt eine Handvoll Abgeordnet­e genügend Macht, dass der Schwanz permanent mit dem Hund wackeln kann.

Bei der Wahl des Speakers, deren fünfter Wahlgang ebenso wie die ersten vier scheiterte, exerzieren die im Trump-nahen „Freedom Caucus“organisier­ten Rechtsradi­kalen gerade durch, was das für die hauchdünne Mehrheit der Republikan­er bedeutet. Der politisch konturlose McCarthy erfährt dabei, dass es genauso riskant ist, keine Positionen zu beziehen, wie klares Profil zu zeigen. Jeder „Speaker in spe“sieht sich umgekehrt dem Druck der schwindend­en, aber immer noch ausreichen­den Zahl traditione­ller Republikan­er ausgesetzt, den Radikalen nicht das Feld zu überlassen. Das wird sich spätestens dann zeigen, wenn der Kongress einen Haushalt beschließe­n oder die Schuldenob­ergrenze anheben muss.

Die Unfähigkei­t zu regieren, ist das hausgemach­te Problem einer Partei, die sich seit der Ankunft der „Tea Party“-Aktivisten auf dem Kapitolshü­gel 2010 selbst radikalisi­ert hat. Ein Prozess, der sich während der Präsidents­chaft Donald Trumps beschleuni­gte. Mehr als ein Jahrzehnt später blockieren die Republikan­er nicht nur den Kongress, sondern sich selbst. McCarthy kann froh sein, wenn den SpeakerJob am Ende ein anderer macht.

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