Rheinische Post - Xanten and Moers
Erdogan will Wahlen in der Türkei vorziehen
ISTANBUL Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan will die Wahlen in seinem Land vorziehen. Erdogans Regierungspartei AKP prüft eine Vorverlegung der Parlamentsund Präsidentschaftswahlen von Mitte Juni auf Mitte Mai oder Ende April. Nach Meinung von Kritikern befürchtet die Regierung, dass die Wirkung ihrer teuren Wahlgeschenke bis Juni verpuffen könnte. Die Neuwahldiskussion facht eine
Debatte über die Rechtmäßigkeit von
Erdogans erneuter Präsidentschaftskandidatur an.
Bisher hatten Regierungspolitiker
Wahlen vor dem regulären Termin am 18. Juni ausgeschlossen. Nun bestätigte AKP-Sprecher
Ömer Celik, dass eine Vorverlegung im Gespräch ist.
Als Grund nannte Celik den Beginn der Feriensaison im Juni. Erdogans rechtsnationaler Bündnispartner Devlet Bahceli signalisierte seine Bereitschaft zu einem früheren Termin. Jüngste Umfragen sehen Erdogans Regierungsallianz vor dem größten Oppositionsbündnis, aber deutlich von einer Mehrheit im Parlament entfernt. Die Opposition hat bisher noch keinen Herausforderer für Erdogan bestimmt. Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen
finden am selben Tag statt. Die schlechte Wirtschaftslage, die hohe Inflation und der Wertverlust der Lira sind Umfragen zufolge die wichtigsten Probleme für die Wähler. Erdogan hat deshalb in jüngster Zeit den gesetzlichen Mindestlohn erhöhen lassen, zwei Millionen Türken die Möglichkeit zur Frührente eröffnet und die Beamtengehälter heraufgesetzt. Die offizielle Inflationsrate ist von über 85 Prozent im Oktober auf 64 Prozent gesunken. Wie lange diese Verbesserungen halten werden, ist aber ungewiss. Fehmi Koru, ein Berater des früheren Präsidenten und Erdogan-Kritikers Abdullah Gül, kommentierte, die Regierung wolle nicht bis zum regulären Wahltermin warten, weil sich die Wirtschaftskrise bis dahin verschlimmern werde.
Die Opposition fordert, die Wahlen auf einen Termin vor dem 6. April vorzuziehen, doch das lehnt die Regierung ab. Bei Wahlen nach diesem Termin würde ein neues Wahlgesetz gelten, das nach Meinung von Kritikern die Opposition benachteiligt. Die AKP will unter dem neuen Gesetz wählen lassen und die Wahl nur um höchstens sieben Wochen vorziehen. In AKP-internen Beratungen wird nach Medienberichten über den 30. April oder den 14. Mai als Wahltag gesprochen.