Rheinische Post - Xanten and Moers
„Eltern sind echt am Limit“
Der neue Vorsitzende der Landeselternkonferenz über seine Ziele und das, was Familien am meisten belastet.
Herr Beckmann, welcher Schulform geht es am schlechtesten? BECKMANN Grund-, Haupt- und Realschulen. Die haben einfach mit die geringste Lobby. Grundschuleltern sind halt nur vier Jahre da: Die akklimatisieren sich oft erst mal ein, zwei Jahre, dann engagieren sie sich im dritten Jahr, und im vierten Jahr sind sie schon wieder halb raus – so werden sie, trotz eines starken Verbandes, besonders kommunal kaum wahrgenommen. Haupt- und Realschulen sind vor allem deshalb nicht so im Fokus, weil andere Elternverbände stärker etabliert sind.
Was muss passieren, um die Lage an diesen Schulen zu verbessern?
BECKMANN Es braucht mehr ehrliche Besuche vor Ort von Politikern, die bei Entscheidungen über die Schulen die Hände heben. Das fängt bei der kommunalen Ebene an und setzt sich auf Landesebene fort. Politiker besuchen vielleicht mal eine Brennpunktschule, aber dass sie einen breiteren Eindruck bekommen, das passiert zu wenig. In Gütersloh hat der Bildungsausschuss nach und nach in den Schulen getagt. Das hat viel gebracht. Da konnte man einfach zeigen, wo der Putz von der Decke fällt oder wo beim Umbau die Kabel und die Steckdosen aus der Wand hängen. In Köln fehlen 50 bis 60 Schulen. Da hätten sich Politiker besser in der Vergangenheit mal angeschaut, wie eng es da ist.
Schaut die Politik mit Gewalt weg? BECKMANN Vor Wahlen nicht, da halten alle Politikerinnen und Politiker die Fahne der Bildung hoch. Im Nachhinein wünscht man sich mehr Fleisch am Knochen. Aber am Schulministerium haben sich schon mehrere Parteien die Finger verbrannt – vielleicht traut man sich deshalb nicht, wirklich große Schritte zu wagen. Hier braucht es Mut, Unterstützung und eine Planung über Legislaturperioden hinweg. eine einheitliche Elternschaft, da ist die Arbeit etwas handfester. Ich kann nur aufrufen: Eltern, engagiert euch. Setzt euch in der Schule ein, organisiert euch kommunal. Wir, die in den Schulgremien gewählten Elternvertretungen, müssen kommunal und darüber hinaus die Lobby unserer Kinder sein.
Welche Pläne hat die Landeselternkonferenz für 2023?
BECKMANN Es gibt Themen, die wir jetzt angehen müssen. Wir fordern Lernmittelfreiheit – da müssen wir beim nächsten Schulrechtsänderungsgesetz spätestens was ändern. Nicht nur, dass alles immer teurer wird, die Kosten für digitale Endgeräte sind nicht mal berücksichtigt. In manchen Kommunen werden Geräte gestellt. Andere haben elternfinanzierte Konzepte, die ab Klasse sieben ein Tablet vorsehen. Wir fordern Chancengleichheit bei Schulverpflegung und Beförderung. Heute bekommen manche Kinder ein Schülerticket, das sie im weiten Umkreis nutzen können, andere nicht. Wer keins hat, kann eben nicht zum Sportverein ans andere Ende der Stadt fahren.
Es gibt jetzt ein Konzept für bessere Unterrichtsversorgung. Sie sagen aber, da ist Luft nach oben? BECKMANN Ja, da geht es schon um die Grundlagen, von denen wir ausgehen. Die Statistik hat vor sechs Monaten 3600 und jetzt 8000 fehlende Lehrerinnen und Lehrer ausgewiesen. Aber wenn wir ehrlich sind, ist diese Zahl doch auch schon wieder falsch. Es gibt Schulen, die haben auf dem Papier eine Versorgung mit 105 Prozent Lehrern, in Wahrheit liegen sie aber bei weit unter 90 Prozent. Da sind die Lehrer zwar theoretisch da, aber reell nicht. Durch Krankheit, Sabbatjahre, Freistellungen, Schwangerschaften.
Was sollte das Land also angehen? BECKMANN Wir brauchen mehr Studienmöglichkeiten, damit man nicht von Ostwestfalen nach Köln umziehen muss, um bestimmte Fächerkombinationen zu belegen. Und man könnte an Schulen administratives Personal einstellen. In Unternehmen gibt es auch einen technischen und einen kaufmännischen Leiter. Genau so könnte man Schulleitungen auf einen pädagogischen und einen administrativen Part aufteilen.
An welchen Stellen fühlen Familien sich alleingelassen?
BECKMANN Vor allem beim Unterrichtsausfall. Schulen können kaum planen – für Familien gilt das aber auch. Eltern sind echt am Limit. Außerdem belasten wir unsere Kinder zu sehr, wenn Unterricht ausfällt, das Curriculum aber nicht gekürzt wird. Der Stoff muss irgendwie durchgenommen werden, teilweise eigenverantwortlich, es wird durchgepaukt, es müssen Noten vergeben werden, es müssen Klassenarbeiten geschrieben werden. Dieser Druck zieht sich durch alles. Werden wir unseren Kindern da noch gerecht?
KÖLN (dpa) Dem Kölner Zoo steht über viele Jahre hinweg ein Geldsegen ins Haus. Elizabeth Reichert, die dem Tierpark bereits vor Jahren ein großes Erbe versprochen hatte, sei Mitte Februar 2022 im Alter von 96 Jahren gestorben, teilt der Zoo mit. Die Nachlassfragen seien bereits geregelt. Reichert, kinderlos und aus Köln stammend, hinterlasse dem Zoo rund 24,5 Millionen Euro. Die Summe sei in eine Stiftung eingebracht worden, aus der der Zoo fortan eine jährliche Dividendenausschüttung erhalte. Die erste Zahlung sei bereits eingetroffen: mehr als 700.000 US-Dollar.