Rheinische Post - Xanten and Moers
Je voller, desto wärmer
Die explodierenden Kosten für Energie setzen auch den Bühnen zu. Beim Heizen gilt es, einen Spagat hinzubekommen: zwischen Wohlfühltemperaturen und notwendiger Einsparung. Wie kalt es aktuell in Moerser Kulturstätten ist.
MOERS Vincenzo Sanso, Luigi Frattola, Orfeo Zanetti, Daniel Damyanov und Emil Pavlov stehen sonst in den großen Opernhäusern der Welt auf der Bühne. Für ihre „Nacht der fünf Tenöre“touren sie mit dem Sinfonieorchester der bulgarischen Staatsoper Plovdiv durch Europa. Am 27. Dezember machten sie Halt in Moers, in der Enni-Eventhalle. Dafür kamen auch Zuschauer von außerhalb, viele davon in Abendgarderobe. Für die Musiker gab es am Ende des Abends viel Lob, Zugabenforderungen und begeisterten Applaus. Allein die Temperaturen in der Halle hätten ihnen den Konzertabend
„Die Veranstalter stellen grundsätzlich fest, dass die Veranstaltungen nicht wie vor der Pandemie ausgelastet sind“
Herbert Hornung Enni-Sprecher
ein Stück weit vermiest, berichten später zwei Besucherinnen. Im Mantel habe man an diesem, für Ende Dezember noch recht milden Abend in dem Saal gesessen. Was zu der Frage führt, wie warm oder kalt es in Moerser Kulturstätten aktuell eigentlich sein darf.
Fest steht: Die explodierenden Kosten für Energie setzen auch den Bühnen zu. Beim Heizen gilt es, einen Spagat hinzubekommen: zwischen Wohlfühltemperaturen und notwendiger Einsparung. Man möchte ja eine schöne Atmosphäre schaffen. Das gelingt aber nicht, wenn man das Publikum bitten muss, statt Abendkleid oder Smoking einen Pulli mehr anzuziehen.
Die Raumtemperatur in einem Theater oder Konzertsaal legt in jedem Fall der Betreiber fest. In der Hauptspielstätte des Schlosstheaters Moers (STM) und im Kulturzentrum Rheinkamp ist das zum Beispiel das Zentrale Gebäudemanagement der Stadt (ZGM). Während der Enni-Sportpark Rheinkamp durch das Gebäudemanagement der Enni betreut wird, wird die Enni-Eventhalle von der Event-Service Niederrhein Genossenschaft betrieben.
In der Eventhalle gelte seit Eintritt der Energiekrise eine Maximaltemperatur von 22 Grad, sagt EnniSprecher
Herbert Hornung. „Bei der ‚Nacht der fünf Tenöre‘ war die Halle damit ausreichend beheizt. Bislang gab es dort bei allen anderen Veranstaltungen auch keine Beanstandungen.“
Allerdings, fügt Hornung an, hatte das Konzert auch die bislang geringsten Besucherzahlen. „Obwohl eigentlich für eine Kapazität von rund 1200 Zuschauern an diesem Tag ausgelegt, war die Halle mit unter 200 Gästen aber nur teilweise ausgelastet.“An der dadurch eher kühlen Atmosphäre habe auch die Abtrennung einzelner Hallenbereiche nichts ändern können.
„Da es wegen der geringen Besucherzahl an diesem Tag keine Garderobe gab, mussten die Besucher Mäntel und Jacken mit in die Halle nehmen“, erklärt der Enni-Sprecher. „Vor Ort hat uns laut Hallentechnik aber keiner der Gäste drauf hingewiesen, dass es zu kalt in der Halle war.“
Wir halten fest: Wenn ein Saal gut gefüllt ist, erwärmt sich die Luft schnell über das eingestellte Maß hinaus, durch Menschen und Licht entsteht der Eindruck größerer Wärme. Bei ausverkauften Veranstaltungen wie etwa „Frau Janke und Kolleginnen“Ende November werde die Raumtemperatur in der Eventhalle deshalb auch auf 20 Grad runtergeregelt, sagt Hornung. Zum Vergleich: Beim letzten Neujahrskonzert in 2020 war die Raumtemperatur mit 24 Grad eingestellt.
In der Multifunktionshalle im Sportpark Rheinkamp hingegen ist die Höhe abhängig von der Art der Veranstaltung. Bei Schul- und Vereinssport liege sie bei 18 bis 19 Grad, sagt Hornung. Veranstaltungen mit Bestuhlung würden, je nach Anzahl der Gäste, auf 20 bis 24 Grad Celsius temperiert. Die Gastronomie in der Park Lounge und der Multifunktions-/Seminarraum kommt in den meisten Fällen mit 22 Grad aus. In den eher kleinen Räumen des STM und im Kulturzentrum Rheinkamp gelten laut Stadtsprecher Klaus Janczyk 20 Grad als Richtschnur.
Besuchereinschränkungen im Zusammenhang mit dem Corona-Virus gibt es für Kulturstätten grundsätzlich nicht mehr. „Die Veranstalter stellen aber grundsätzlich fest, dass die Veranstaltungen nicht wie vor der Pandemie ausgelastet sind“, sagt Enni-Sprecher Herbert Hornung.