Rheinische Post - Xanten and Moers
Gasaustritt: Inovyn sucht nach Ursache
Im Rheinberger Chemiewerk war am Silvestertag in der Vinylchloridanlage ein defektes Stahlrohr abgerissen und es waren Schadstoffe ausgetreten. Warum das passierte, ist nach Angaben des Unternehmens noch unklar.
RHEINBERG Ingenieure von Inovyn sind damit befasst, die Ursachen des Zwischenfalls zu analysieren, der sich am Vormittag des Silvestertages in dem Rheinberger Chemieunternehmen ereignet hat (wir berichteten ausführlich). An diesem Tag war in erster Linie die Rheinberger Bevölkerung über die Nina-App des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katstrophenhilfe darüber informiert worden, dass sich eine Giftgaswolke über der Stadt ausbreiten könnte. Der Vorfall ereignete sich ab etwa 8.45 Uhr und war um 13.45 Uhr vollständig beendet. Bereits um 11.20 Uhr kündigte ein lang gezogener Sirenenton Entwarnung an. „Derzeit werden die Vorkommnisse von unseren Ingenieuren im Detail analysiert“, sagte ein Sprecher des Unternehmens am Mittwoch auf Nachfrage dieser Redaktion.
Nach jetzigem Stand der Untersuchungen geht Inovyn davon aus, dass ein defektes, stahlummanteltes flexibles Rohr die Quelle des Schadstoffaustritts war. Aber die genauen Ursachen des Defekts seien noch nicht ermittelt. Es sei automatisch festgestellt worden, dass Chlorwasserstoff aus einer Anlage austrat. Daraufhin seien die Alarmierung und eine Kette von Maßnahmen in Gang gesetzt worden.
„Chlorwasserstoff ist die gasförmige, wasserfreie Form der Salzsäure“, informiert das Unternehmen. Im Zuge der Untersuchung der Ereignisse seien auch weitere Feststellungen innerhalb des Werkes ausgewertet worden, die ebenfalls Vinylchlorid angezeigt hätten, aber unterhalb des Alarmniveaus geblieben seien. Es habe keinen ChlorgasAustritt gegeben.
Weil die Freiwillige Feuerwehr Rheinberg, die Inovyn-Werkfeuerwehr und Mitarbeiter des Chemieunternehmens effektiv und gut gearbeitet hätten, habe man das Ereignis schnell bewältigen und die Risiken eindämmen können. Ein Unternehmenssprecher: „Als Teil der Standard-Notfallmaßnahmen wurde von den Einsatzkräften ein massiver Wasservorhang erzeugt, um den gasförmigen Chlorwasserstoff mit Wasser niederzuschlagen. Dieses Verfahren führt zur Bildung von stark verdünntem Salzsäureabwasser, das in einem Rückhaltebecken gesammelt wurde und einer Behandlung zugeführt wird.“Die betroffene Produktionseinheit sei unverzüglich abgestellt worden.
Priorität des Unternehmens sei es gewesen, vor einem Neustart der Anlage die Ursachen zu untersuchen und einen Neustart erst anzugehen, wenn sichergestellt sei, dass alles wieder ordnungsgemäß laufe. „Das Melden von Vorfällen in Zusammenhang mit unseren Produkten ist Teil unserer Sicherheitsphilosophie und unseres Engagements für Nachhaltigkeit und somit Bestandteil unseres Engagements für kontinuierliche Verbesserung. Wir tun alles, damit sich so etwas nicht wiederholt“, versprach das
Unternehmen. Inovyn hatte mitgeteilt, dass nach dem Feststellen der Leckage in der Vinylchlorid-Anlage unverzüglich alle relevanten Behörden informiert worden seien. Unter anderem die Bezirksregierung Düsseldorf, die dies jetzt auch bestätigte und mitteilte, dass sie noch keine Kenntnis darüber habe, welche Schadstoffmengen am 31. Dezember ausgetreten seien.
Eine ungewöhnliche Häufung von Ereignissen und Stofffreisetzungen im Rheinberger Chemiewerk sei nicht zu erkennen. In der Bevölkerung war der Eindruck entstanden, dass die Zahl der Zwischenfälle gestiegen sei. „Abgesehen von den Vorfällen im November und am 31. Dezember sind im Sinne der Störfallverordnung zwischen 2020 und 2022 keine Störfälle und keine meldepflichtigen Ereignisse bei der Firma Inovyn Deutschland GmbH in
Rheinberg aufgetreten“, so die Bezirksregierung.
Anfang November waren bei Wartungsarbeiten stark wassergefährdende Stoffe versehentlich in den Rhein gelangt (wir berichteten). Die Bezirksregierung Düsseldorf teilte mit, dass am 8. Dezember wegen der Einleitung in den Rhein Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Kleve, Außenstelle Moers, ergangen sei. Die Staatsanwaltschaft will sich dazu noch äußern.
Inovyn betreibe am Standort Rheinberg-Ossenberg mehrere immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen, machte die Bezirksregierung Düsseldorf deutlich. Das Unternehmen verfüge nicht über eine eigene wasserrechtliche Erlaubnis zur Einleitung in den Rhein, sondern leite über das Kanalnetz von Solvay Chemicals in Rheinberg ein.