Rheinische Post - Xanten and Moers
Kritik und Lob für Mehrwegverpackung
Die seit 1. Januar bestehende Mehrwegpflicht in der Gastronomie für Speisen und Getränke ruft unterschiedliche Reaktionen hervor. Die Nachfrage der Kunden nach wiederverwertbaren Verpackungen ist bislang gering.
WESEL Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschland die sogenannte Mehrwegangebotspflicht. Die besagt, abgesehen von einigen Ausnahmen (siehe Infobox), dass unter anderem Restaurants und Cafés, die Speisen und Getränke zum Mitnehmen im Angebot haben, verpflichtet sind, den Kunden auch Mehrwegverpackungen anzubieten. Damit, so hofft das Bundesumweltministerium, sollen insbesondere Einwegverpackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Ziel ist es, die Verpackungsmüllmenge in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren – bundesweit und damit natürlich auch in Wesel. Stellt sich nur die Frage, ob sich die Gastronomie in der Kreisstadt bereits auf diese neue Regelung eingestellt hat. Und ob Kunden nach Mehrwegverpackung gefragt haben.
Eine nicht repräsentative Umfrage unserer Redaktion hat ergeben, dass einige Restaurantbetreiber die ganze Sache grundsätzlich positiv sehen und ihren Beitrag zum Umwelt- und damit auch zum Klimaschutz leisten möchten. Andere wiederum, die anoym bleiben möchten, sehen die Neuregelung äußerst kritisch und wollen Mehrwegsverpackungen erst dann anschaffen, wenn sie bei möglichen Kontrollen auffallen. Der Aufwand und die Investiton sei einfach zu groß. „Außerdem weiß ich nicht, was die Leute mit den Behältern angestellt haben und in welchem Zustand sie uns die Sachen zurückbringen“, sagt ein Wirt.
Die Mehrwegangebotspflicht rundum positiv bewertet beispielsweise das Café Vasalia unweit des Bahnhofs. Dort werden nämlich schon seit Anfang 2021 Speisen to go in praktischen und spülmaschinengeeigneten Kunststoffschalen gefüllt. Dafür zahlt jeder Kunde 1,50 Euro Pfand. Das Geld bekommt er bei Rückgabe wieder. „Wir haben mittlerweile auch transparente Schalen für Salate angeschafft, für die wir einen Euro Pfand nehmen. Das funktioniert alles super“, sagt Mitarbeiterin Katharina Speckert. Natürlich werden die frisch zubereiteten Gerichte vor allem im Café gegessen. Aber es gibt täglich auch ein gutes Dutzend Stammkunden, die Spaghetti Bolognese, Kassler mit Sauerkraut und andere gutbürgerliche Speisen gerne mit nach Hause
nehmen und dort genießen beziehungsweise abends aufwärmen. „Unsere Schalen sind nämlich auch geeignet für die Mikrowelle“, sagt Katharina Speckert.
Bis im griechischen Restaurant Hellas am Großes Markt Gyros, Pommes und Co. zum Mitnehmen in Mehrwegboxen zu haben sind, wird es noch paar Tage dauern. „Voraussichtlich in der nächsten Woche soll die bestellte Ware ankommen“, sagt Georgios Efthimiou (29). Bis dahin gibt es Speisen to go in getrockneten Palmblättern oder in Zuckerrohr-Boxen, die beide für die Mikrowelle geeignet sind. „Die Schalen können kompostiert werden. Und wer möchte, kann die Palmblätter zu Hause auch abwischen und mehrfach verwenden“, sagt der Juniorchef des seit 1985 in
Wesel ansässigen Restaurants. Besagte Schalen hat er zu Beginn der Corona-Pandemie angeschafft, als das Außer-Haus-Geschäfte boomte. Vor allem, wenn Stammkunden größere Mengen zum Mitnehmen bestellen, hat Georgios Efthimiou kein Problem damit, Edelstahlplatten mit Fleisch oder Vorspeisen beziehungsweise Pozellanschüsseln mit Salaten zu verleihen. „Das läuft alles auf Vertrauensbasis. Und wir sind noch nie enttäuscht worden“, sagt er dazu. Auf Wunsch werden Speisen to go auch in mitgebrachte Vorratsdosen gefüllt. Dieser Wunsch komme vermehrt von etwas jüngeren Gästen. Seit Beginn des Jahres hat im Hellas übrigens bisher noch niemand nach Mehrwegverpackungen gefragt.
Ähnlich sieht das nur wenige Meter entfernt im italienischen Restaurant Antonella am Kornmarkt aus, das täglich lediglich ein gutes Dutzend Speisen zum Verzehr außer Haus verkauft – verpackt in kompostierbaren Einwegbehältern des Herstellers Biocup. „Davon haben wir gewiss noch 500 auf Lager. Wenn die weg sind, starten wir mit unserem bereits bestellten Mehrweggeschirr von Relovo“, erklärt Antonella-Chef Armend Fazliu. Der Vorteil für ihn sei, dass er lediglich eine Leihgebühr für die unterschiedlich großen Behältnisse zahlen müsse. Kunden, die künftig Speisen mit nach Hause nehmen wollen, müssen sich allerdings zuvor die Relovo-App auf ihr Handy runterladen. „Das sieht so aus, dass ihnen dann Pfand in Höhe von 2,50 Euro abgebucht wird. Wenn sie die Kunststoffbehälter zurückbringen, wird ihnen der Betrag wieder gutgeschrieben. Wir spülen dann alles in unserer Industriespülmaschine“, sagt Armend Fazliu. „Ich finde die neue Regelung gut, denn wir alle müssen ja etwas für den Umweltschutz tun. Und außerdem möchte ich nicht, dass irgendwo Verpackungsmüll in der Natur auftaucht, auf dem der Name Antonella steht.“
Auch er hat kein Problem damit, Stammgästen auf Bestellung Vorspeisen auf Platten oder Desserts in Porzellanschüsseln zum Mitnehmen anzubieten. „Das funktioniert alles auf Vertrauensbasist. Wir habe da noch keine schlechten Erfahrungen gemacht“, freut sich Armend Fazliu.
Und wie gehen die Fastfood-Ketten in Wesel mit der neuen Situation um? Weder bei Burger King noch bei McDonald’s möchte man sich zu dem Thema äußern und verweist an die Zentralen. In der Praxis ist es bislang so, dass beide Unternehmen Mehrwegbecher (gegen Pfand) anbieten. Hamburger und Co. werden nur in Einwegverpackungen aus leichter Pappe und Papier verkauft.