Rheinische Post - Xanten and Moers

Kritik und Lob für Mehrwegver­packung

- VON KLAUS NIKOLEI

Die seit 1. Januar bestehende Mehrwegpfl­icht in der Gastronomi­e für Speisen und Getränke ruft unterschie­dliche Reaktionen hervor. Die Nachfrage der Kunden nach wiederverw­ertbaren Verpackung­en ist bislang gering.

WESEL Seit Anfang des Jahres gilt in Deutschlan­d die sogenannte Mehrwegang­ebotspflic­ht. Die besagt, abgesehen von einigen Ausnahmen (siehe Infobox), dass unter anderem Restaurant­s und Cafés, die Speisen und Getränke zum Mitnehmen im Angebot haben, verpflicht­et sind, den Kunden auch Mehrwegver­packungen anzubieten. Damit, so hofft das Bundesumwe­ltminister­ium, sollen insbesonde­re Einwegverp­ackungen aus Kunststoff ersetzt werden. Ziel ist es, die Verpackung­smüllmenge in den nächsten Jahren deutlich zu reduzieren – bundesweit und damit natürlich auch in Wesel. Stellt sich nur die Frage, ob sich die Gastronomi­e in der Kreisstadt bereits auf diese neue Regelung eingestell­t hat. Und ob Kunden nach Mehrwegver­packung gefragt haben.

Eine nicht repräsenta­tive Umfrage unserer Redaktion hat ergeben, dass einige Restaurant­betreiber die ganze Sache grundsätzl­ich positiv sehen und ihren Beitrag zum Umwelt- und damit auch zum Klimaschut­z leisten möchten. Andere wiederum, die anoym bleiben möchten, sehen die Neuregelun­g äußerst kritisch und wollen Mehrwegsve­rpackungen erst dann anschaffen, wenn sie bei möglichen Kontrollen auffallen. Der Aufwand und die Investiton sei einfach zu groß. „Außerdem weiß ich nicht, was die Leute mit den Behältern angestellt haben und in welchem Zustand sie uns die Sachen zurückbrin­gen“, sagt ein Wirt.

Die Mehrwegang­ebotspflic­ht rundum positiv bewertet beispielsw­eise das Café Vasalia unweit des Bahnhofs. Dort werden nämlich schon seit Anfang 2021 Speisen to go in praktische­n und spülmaschi­nengeeigne­ten Kunststoff­schalen gefüllt. Dafür zahlt jeder Kunde 1,50 Euro Pfand. Das Geld bekommt er bei Rückgabe wieder. „Wir haben mittlerwei­le auch transparen­te Schalen für Salate angeschaff­t, für die wir einen Euro Pfand nehmen. Das funktionie­rt alles super“, sagt Mitarbeite­rin Katharina Speckert. Natürlich werden die frisch zubereitet­en Gerichte vor allem im Café gegessen. Aber es gibt täglich auch ein gutes Dutzend Stammkunde­n, die Spaghetti Bolognese, Kassler mit Sauerkraut und andere gutbürgerl­iche Speisen gerne mit nach Hause

nehmen und dort genießen beziehungs­weise abends aufwärmen. „Unsere Schalen sind nämlich auch geeignet für die Mikrowelle“, sagt Katharina Speckert.

Bis im griechisch­en Restaurant Hellas am Großes Markt Gyros, Pommes und Co. zum Mitnehmen in Mehrwegbox­en zu haben sind, wird es noch paar Tage dauern. „Voraussich­tlich in der nächsten Woche soll die bestellte Ware ankommen“, sagt Georgios Efthimiou (29). Bis dahin gibt es Speisen to go in getrocknet­en Palmblätte­rn oder in Zuckerrohr-Boxen, die beide für die Mikrowelle geeignet sind. „Die Schalen können kompostier­t werden. Und wer möchte, kann die Palmblätte­r zu Hause auch abwischen und mehrfach verwenden“, sagt der Juniorchef des seit 1985 in

Wesel ansässigen Restaurant­s. Besagte Schalen hat er zu Beginn der Corona-Pandemie angeschaff­t, als das Außer-Haus-Geschäfte boomte. Vor allem, wenn Stammkunde­n größere Mengen zum Mitnehmen bestellen, hat Georgios Efthimiou kein Problem damit, Edelstahlp­latten mit Fleisch oder Vorspeisen beziehungs­weise Pozellansc­hüsseln mit Salaten zu verleihen. „Das läuft alles auf Vertrauens­basis. Und wir sind noch nie enttäuscht worden“, sagt er dazu. Auf Wunsch werden Speisen to go auch in mitgebrach­te Vorratsdos­en gefüllt. Dieser Wunsch komme vermehrt von etwas jüngeren Gästen. Seit Beginn des Jahres hat im Hellas übrigens bisher noch niemand nach Mehrwegver­packungen gefragt.

Ähnlich sieht das nur wenige Meter entfernt im italienisc­hen Restaurant Antonella am Kornmarkt aus, das täglich lediglich ein gutes Dutzend Speisen zum Verzehr außer Haus verkauft – verpackt in kompostier­baren Einwegbehä­ltern des Hersteller­s Biocup. „Davon haben wir gewiss noch 500 auf Lager. Wenn die weg sind, starten wir mit unserem bereits bestellten Mehrwegges­chirr von Relovo“, erklärt Antonella-Chef Armend Fazliu. Der Vorteil für ihn sei, dass er lediglich eine Leihgebühr für die unterschie­dlich großen Behältniss­e zahlen müsse. Kunden, die künftig Speisen mit nach Hause nehmen wollen, müssen sich allerdings zuvor die Relovo-App auf ihr Handy runterlade­n. „Das sieht so aus, dass ihnen dann Pfand in Höhe von 2,50 Euro abgebucht wird. Wenn sie die Kunststoff­behälter zurückbrin­gen, wird ihnen der Betrag wieder gutgeschri­eben. Wir spülen dann alles in unserer Industries­pülmaschin­e“, sagt Armend Fazliu. „Ich finde die neue Regelung gut, denn wir alle müssen ja etwas für den Umweltschu­tz tun. Und außerdem möchte ich nicht, dass irgendwo Verpackung­smüll in der Natur auftaucht, auf dem der Name Antonella steht.“

Auch er hat kein Problem damit, Stammgäste­n auf Bestellung Vorspeisen auf Platten oder Desserts in Porzellans­chüsseln zum Mitnehmen anzubieten. „Das funktionie­rt alles auf Vertrauens­basist. Wir habe da noch keine schlechten Erfahrunge­n gemacht“, freut sich Armend Fazliu.

Und wie gehen die Fastfood-Ketten in Wesel mit der neuen Situation um? Weder bei Burger King noch bei McDonald’s möchte man sich zu dem Thema äußern und verweist an die Zentralen. In der Praxis ist es bislang so, dass beide Unternehme­n Mehrwegbec­her (gegen Pfand) anbieten. Hamburger und Co. werden nur in Einwegverp­ackungen aus leichter Pappe und Papier verkauft.

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RP-FOTOS (2): NIKOLEI Georgios Efthimiou, Juniorchef des Restaurant­s Hellas, bietet Speisen zum Mitnehmen auf Edelstahlp­latten an. Alternativ verwendet er Palmblätte­r (l.) oder Zuckerrohr-Boxen (r.). Mehrwegver­packungen sind bestellt.
 ?? ?? Schon seit Anfang 2021 werden warme Gerichte im Café Vesalia in Mehrweg-Kunststoff­boxen zum Mitnehmen angeboten. „Das funktionie­rt alles super“, sagt Mitarbeite­rin Katharina Speckert.
Schon seit Anfang 2021 werden warme Gerichte im Café Vesalia in Mehrweg-Kunststoff­boxen zum Mitnehmen angeboten. „Das funktionie­rt alles super“, sagt Mitarbeite­rin Katharina Speckert.

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