Rheinische Post - Xanten and Moers
So sähe die beste Ü33-Elf der Bundesliga aus
Nach dem deutschen Vorrundenaus bei der Weltmeisterschaft dreht sich vieles um die richtige Talentförderung. Doch bei allem Fokus auf die Jugend im hiesigen Profifußball sind auch 2023 noch genug fähige ältere Spieler am Werk, wie unser Top-Team zeigt.
DÜSSELDORF Frei nach Udo Jürgens: „Mit 33 Jahren, da fängt das Leben an.“Für Fußballprofis muss es jedenfalls dann noch nicht zu Ende sein. Bei allem Jugendwahn, der schon 17-Jährige in die Nationalmannschaften spült, ist die Bundesliga immer noch auch eine Spielwiese rüstiger älterer Herren, von denen wir vor der Wiederaufnahme des Spielbetriebs eine Elf der über 33-Jährigen (Stichtag 20. Januar) vorstellen.
TOR
Rafael Gikiewicz (35, FC Augsburg) Der Pole ist zurzeit Stellvertreter von Manuel Neuer auf Erden. Der 36-jährige Neuer unternahm einen verhängnisvollen Ausflug in eine andere Sportart, das Skiwandern, was er mit einem Beinbruch bezahlte. Deshalb steht Gikiewicz im Tor unserer Elf. Im Meisterschaftsspiel konnten sich auch die Bayern von der Klasse des Schlussmanns überzeugen. Augsburg gewann 1:0, weil Gikiewicz gleich reihenweise die sogenannten Unhaltbaren hielt. Ganz nebenbei haben seine Auftritte einen hohen Unterhaltungsfaktor, weil Gikiewicz nicht gerade zu den stillen, in sich selbst versunkenen Athleten gehört.
ABWEHR
Christopher Trimmel (35, Union Berlin) Ein Österreicher, der zeichnet, freiberuflich tätowiert, Motorrad fährt und ziemlich wilde Musik hört? Passt natürlich zu Union Berlin. Trimmel ist ein Meister der Flanke, manchmal auch der Flanke aus dem vielzitierten Halbfeld. Wie alle Union-Spieler kennt er seinen taktischen Auftrag ganz genau, und er bringt jenen Schuss Härte auf den Rasen, für den die Gegner das in diesem Fall lobende Prädikat „eklig“bereithalten.
Makoto Hasebe (39, Eintracht Frankfurt) Es ist nicht heraus, ob Japaner Buxtehude und die Geschichte vom Hasen und dem Igel kennen. Aber es ist sicher, dass Fußballer den Ball spielen können, wohin sie wollen, Makoto Hasebe ist schon da. Dabei sieht man ihn ganz selten in unfeine Hast verfallen. Er regelt seine Angelegenheiten für Eintracht Frankfurt mit Ruhe und Intelligenz – wahrscheinlich noch ein paar Jahre.
Mats Hummels (34, Borussia Dortmund) Hansi Flick hat Mats Hummels nicht mit zur Weltmeisterschaft genommen. Seit dem Ende der Vorrunde weiß der Bundestrainer, was er davon hat. Der Dortmunder Verteidiger ist nämlich im vergangenen Sommer noch einmal in einen Jungbrunnen gestiegen und bietet seither neben den gewohnt sicheren Kommentaren nach den Spielen hervorragende Leistungen auf dem Platz.
Peter Pekarik (36, Hertha BSC) Betagte linke Verteidiger sind selten. Deshalb ist Pekarik, der links seltener als rechts spielt, der Mann des Vertrauens. 112 Länderspiele hat er für die Slowakei gemacht, und seine große Tugend heißt: Zuverlässigkeit ohne übertriebene Ausschläge nach oben oder unten. Ziemlich untypisch für seinen Arbeitgeber Hertha BSC.
MITTELFELD DEFENSIV
Anthony Losilla (36, VfL Bochum) Losilla geht tüchtig auf die 37 zu, aber an ein Ende seiner Karriere denkt der Franzose nicht. „Wenn sie mich brauchen, bin ich bereit“, hat er der „WAZ“gesagt. Einstweilen brauchen die Bochumer ihren Kapitän noch, der im defensiven Mittelfeld eine der Schlüsselpositionen besetzt, und der sich mittlerweile mit den eigenen Vorstellungen wieder anfreunden kann: „Ich habe jetzt meine Form.“
Charles Aranguiz (33, Bayer Leverkusen) Auch der Chilene war mal Kapitän seiner Mannschaft, doch inzwischen ist er nicht mehr ganz so unentbehrlich bei Bayer Leverkusen, seine Startelf-Quote liegt nur bei 27 Prozent. Dass er es immer noch kann, beweist er allerdings regelmäßig. Seine Fähigkeiten qualifizieren ihn für den Job im Maschinenraum des Teams: Er kann das Spiel eröffnen, und er vergisst nie den Blick in den Rückspiegel.
MITTELFELD OFFENSIV
Daniel Caligiuri (34, FC Augsburg) Angeblich will ihn Schalke 04 zurück nach Gelsenkirchen holen. Die Königsblauen könnten einen taktisch und körperlich starken Spieler im offensiven Mittelfeld ganz gut gebrauchen. Und Caligiuri soll nicht eben begeistert darüber sein, dass er in Augsburg zunehmend die Rolle des Jokers bekleiden muss. Die beherrscht er jedoch ebenfalls. Er gilt als Offensivkraft, die sehr unangenehm für den Gegner sein kann, weil sie auch die härteren (Abwehr-) Arbeiten klaglos verrichtet.
Thomas Müller (33, Bayern München) In der Nationalmannschaft ist er zuletzt viel gelaufen, ohne dabei sonderlich viel auszurichten. In München ist das anders. Da gilt der reife Thomas Müller weiterhin als erklärte Führungskraft mit einem überragenden Gefühl für die Spielsituationen. Sein Vertrag endet im
Sommer 2024, Verlängerung nicht unwahrscheinlich.
Marco Reus (33, Borussia Dortmund) Wenn sein Körper ihn nur gelassen hätte… Marco Reus könnte statt 48 sicher 100 Länderspiele bestritten haben, und er wäre wahrscheinlich 2014 Weltmeister geworden. Aber er wird mit unschöner Regelmäßigkeit aus der Bahn geworfen. Richtig umgeworfen hat ihn das nicht. Und in Dortmund ist er in Normalform eine wesentliche Größe, in Bestform ein Spieler internationaler Klasse mit Gefühl für den Raum und einer exklusiven Schusstechnik.
STURM
Eric Maxim Choupo-Moting (33, Bayern München) Wie haben sie geklagt, die Fans der Bayern, als ihnen Robert Lewandowski von der Fahne ging und weit und breit kein Mittelstürmer in Sicht war. Da kam der Mann aus Altona mit dem Pass Kameruns und erzielte Tor auf Tor. Im hohen Alter beweist Eric Maxim Choupo-Moting, dass er nicht nur den Mut hat, farbenprächtige Frisuren in den fußballerischen Alltag auszuführen. Er zeigt auch, warum ihm Klubs der ersten Reihe wie Paris St. Germain und Bayern München Verträge gegeben haben. Rentenverträge sind es nicht.