Rheinische Post - Xanten and Moers
FDP vor großen Herausforderungen
Es ist Jahr zwei der Ampel. Die FDP ist im Dezember 2021 eingestiegen in diese Koalition mit SPD und Grünen, weil sie – anders als noch 2017 – im Bund gut und richtig regieren wollte. Nicht zu regieren, dies konnte für den FDP-Vorsitzenden Christian Lindner keine Option mehr sein. Diese Karte der Regierungsverweigerung kann man einmal ziehen, kein zweites Mal. Sonst wäre Lindner selbst weg gewesen. Klar doch, diese Koalition kann für die FDP keine politische Liebesheirat gewesen sein. Nüchterner Pragmatismus – im Sinne des Landes – trieb die Liberalen in dieses Ampel-Bündnis.
Nun stellt sich die FDP mit ihrem traditionellen Dreikönigstreffen in Stuttgart für das neue Jahr auf. Im Bund läuft es für sie – einigermaßen. Trotzdem sucht sie noch nach ihrem Platz und ihrem Profil in dieser Ampel-Koalition. Die kulturellen und politischen Differenzen zu SPD und Grünen machen der FDP das (Mit-)Regieren schwer. Okay, ein Tempolimit 130 auf deutschen Autobahnen hat die FDP verhindert. Aber das Thema hat mittlerweile ohnehin nur Symbolcharakter. Der Streit um den richtigen Kurs in der Energiepolitik und längere Laufzeiten deutscher Atommeiler als Folge des Ukraine-Krieges hat Spuren hinterlassen. Bundeskanzler Olaf Scholz sprach ein Machtwort. Nun gehen die letzten Meiler Mitte April vom Netz.
Die FDP war immer eine Partei, die sich Erneuerung, Fortschritt, Eigenverantwortung und Freiheit verpflichtet fühlte. Damit kann sie gerade in Zeiten verkrusteter Strukturen – auch in den öffentlichen Verwaltungen – punkten. Die Digitalisierung des Landes, die mehrere CSU-Minister verschlafen haben, ist eine Mammutaufgabe für die größte Volkswirtschaft Europas. Und die Verteidigung der Freiheit bleibt ein zentrales Thema, gerade in Zeiten, in denen die Demokratie unter Druck steht wie lange nicht. Die FDP hat einen großen Job. An die Arbeit!