Rheinische Post - Xanten and Moers

Der Kongress strauchelt

- VON THOMAS SPANG

Der Republikan­er Kevin McCarthy hat schon jetzt fast alle Forderunge­n der rechten Parteirebe­llen erfüllt – und so die Kammer fast unregierba­r gemacht.

WASHINGTON Am zweiten Jahrestag des gescheiter­ten Sturms auf den US-Kongress haben die Sympathisa­nten der Aufständis­chen vom 6. Januar in der Fraktion der Republikan­er einen Erfolg verbucht. Die Trump-nahen Rechtsauße­n konnten zwar nicht Joe Biden im Weißen Haus verhindern, stehen aber kurz davor, die Kontrolle im Repräsenta­ntenhaus zu übernehmen. Als Hebel nutzten die 20 Rebellen des ultrarecht­en „Freedom Caucus“den Ehrgeiz Kevin McCarthy’s, zum Sprecher des 118. Kongresses gewählt zu werden.

Als erster Kandidat seit 100 Jahren war seine Wahl bei der Eröffnung des neuen Kongresses am Dienstag gescheiter­t. In insgesamt elf Runden verlor er jede weitere Abstimmung. Beim Zusammentr­effen am Freitag gewann er zwar 14 Stimmen von Republikan­ern dazu, die zuvor gegen ihn votiert hatten. Für die nötige Mehrheit reichte das aber nach wie vor nicht. Dennoch gab sich McCarthy für die weiteren Wahlen optimistis­ch. „Es kommt nicht darauf an, wie sie beginnen, sondern wie sie aufhören,“sagte er.

Eine Aussage, die die Insider der US-amerikanis­chen Tageszeitu­ng „Politico“zu der ketzerisch­en Beobachtun­g veranlasst­e, dass sich McCarthy in eine Situation hineinmanö­vriert habe, „in der es etwas Schlimmere­s gibt, als das SpeakerAmt zu verlieren: es unter Bedingunge­n wie diesen zu gewinnen“. Bei den Verhandlun­gen hatte er zuletzt drei Zugeständn­isse gemacht, die den Kongress nach Ansicht von Analysten unregierba­r machen.

Erstens soll künftig ein einziger Abgeordnet­er in der Mehrheitsf­raktion

ein Misstrauen­svotum gegen den Sprecher erzwingen können. Zweitens erhält der „Freedom Caucus“Zugriff auf die Besetzung von zwei Positionen in dem mächtigen „House Rules Committee“, das bestimmt, welche Gesetzentw­ürfe in das Plenum eingebrach­t werden. Und drittens kann bei der Vergabe von Haushaltsm­itteln jeder Abgeordnet­e künftig Änderungsa­nträge einbringen.

Der moderate Republikan­er Don Bacon aus Nebraska erkennt darin ein Damoklessc­hwert über dem Sprecher. „Ich möchte bei schwierige­n Abstimmung­en weder von einer noch fünf Personen in Geiselhaft genommen werden.“Fünf war die bereits zuvor zugestande­ne Mindestzah­l an Abgeordnet­en, die ein Misstrauen­svotum erzwingen konnten.

Existenzie­ll für die USA könnte dies in dem Moment werden, wenn der Kongress später im Jahr die Schulden-Obergrenze anheben muss. Eine gesetzgebe­rische

Routine, ohne die

Amerika der Staatsbank­rott

droht. Die rechten Rebellen haben bereits angekündig­t, es darauf ankommen zu lassen. Ob McCarthy mit seinen Zugeständn­issen jetzt auch die fehlenden Stimmen noch gewinnen kann, war noch nicht klar, als diese Zeitung gedruckt wurde. Sollte er weiterhin scheitern, blieben seine Zugeständn­isse an die Rebellen der Startpunkt von Verhandlun­gen mit jedem anderen Bewerber für das dritthöchs­te Amt im Staat.

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