Rheinische Post - Xanten and Moers
Ein Dorf hält zu seinem Landhaus
Das Landhaus Spickermann hat eine schwierige Zeit hinter sich. Kaum war es geöffnet, musste es wegen der Pandemie zwei Mal schließen. Dann brannte die Küche aus. Aber das Team gab nicht auf. Auch dank des Rückhaltes im Dorf.
XANTEN Etwa 100 Kilometer fehlten noch. Dann wären die Möbel, die in der Türkei hergestellt worden waren, an ihrem Ziel angekommen: dem Landhaus Spickermann in Vynen. Das letzte Stück sollten sie auf einem Lastwagen zurücklegen. Aber bei Köln hatte er einen Unfall. Dabei wurde ein Teil der Möbel beschädigt.
„Als wir morgens die Nachricht bekamen, dass der Lkw nicht kommt, konnten wir das zuerst nicht glauben“, erinnert sich Jessica Zierau, die zum Team gehört. Bis dahin hatten sie schon so viel überstanden: die Corona-Pandemie, einen Küchenbrand, die Renovierung, die Wartezeit, bis die Möbel endlich kommen sollten. Anfang Dezember wollte das Team das Landhaus Spickermann wieder einrichten und neu eröffnen. „Du denkst, dass Du endlich fertig bist, und dann passiert so etwas.“Ein neuer Rückschlag.
Es war nicht der erste schwierige Moment in den vergangenen beiden Jahren gewesen, erinnert sich Zierau. Aber sofort seien wieder Menschen vorbeigekommen, um das Team zu unterstützen. „Sie haben uns in den Arm genommen und gefragt, ob sie etwas tun können.“Wie schon so oft seit 2020. „Das sind magische Momente“, sagt Zierau, die in Vynen groß geworden ist. „Dieser Zusammenhalt hier im Dorf gibt uns viel Kraft.“
Im Frühjahr 2020 hatte die Familie Malamatas das Landhaus von Wilfried Spickermann und seiner Frau Ursula übernommen. Es wurde ein ruhiger Start – unfreiwillig: Wegen der Corona-Pandemie gab es einen ersten Lockdown. Im Spätherbst folgte der zweite. Er zog sich bis ins Frühjahr 2021. Monatelang mussten die Gastronomie-Betriebe schließen. Das Landhaus Spickermann baute kurzfristig einen Lieferservice auf und machte sich damit schon über Vynen hinaus einen Namen. Als das Restaurant wieder öffnen durfte, hatte es sich schon eine Stammkundschaft erarbeitet.
2022 sollte dann ein besseres Jahr werden. Danach sah es auch erst aus. Aber durch einen technischen Defekt brach im Juli in der Küche ein Feuer aus. Verletzt wurde zum Glück niemand. Der Qualm breitete sich jedoch im gesamten Erdgeschoss aus. Der Ruß setzte sich auf Wände, Möbel, Böden, Geräte und Geschirr. Der Schaden war immens. Alles musste raus und das Landhaus wieder schließen. Ausgerechnet in den umsatzstärksten Monaten Juli und August, wenn der Biergarten sonst voll ist. „Acht Wochen hat es nicht geregnet – und wir hatten geschlossen.“
Die Familie Malamatas und ihr Team aber gaben nicht auf. „Wir haben Corona geschafft, wir schaffen auch das“, sagte Stylianos Malamatas (genannt Stelli) im Sommer im Gespräch mit unserer Redaktion und schaute nach vorn. Das komplette Team blieb zusammen. Die Versicherung übernahm den Schaden. Eine ortsansässige Firma machte die komplette Renovierung. Bald fehlten nur noch die Möbel. Und dann kam die Nachricht vom Unfall. „Wir haben uns gefragt: Wie kann man so viel Pech haben?“, erzählt Zierau.
Aber das Dorf ließ sein Landhaus nicht im Stich. „Dieser Rückhalt, das ist der Wahnsinn“, sagt Zierau. „Die Leute sind gekommen und haben uns wieder in den Arm genommen.“Sie kamen auch zum Essen und zum Trinken, obwohl das Landhaus noch nicht wieder komplett eingerichtet war, obwohl noch vieles fehlte: Stühle, Gardinen, einige Speisen und Getränke – aber das war den Kunden egal. „Die Menschen hier sind sehr verständnisvoll“, sagt Zierau. „Die sind zu uns gekommen und haben gefragt, was wir schon haben, und das haben sie dann genommen.“
Weihnachtsfeiern und die Silvesterparty wurden schon wieder im Landhaus gefeiert. Die Menschen treffen sich zum Stammtisch, Kegelabend oder einfach auf ein Bier in ihrer Dorfkneipe, gehen in ihrem Restaurant essen oder schauen einfach vorbei, um andere Menschen zu treffen. Es gibt viele Gründe, ins Landhaus zu kommen. Das zeigt auch, welche Bedeutung es für Vynen hat.
In der Umgebung hätten in den vergangenen Jahrzehnten schon so viele Kneipen geschlossen, berichtet Kerstin Mrosek. „Wenn auch noch das Landhaus schließen müsste, wäre unser Dorf tot.“Es sei nicht nur Kneipe oder Restaurant. Es sei ein Dorftreffpunkt, eine Institution. Aber das sei nicht allein die Erklärung für die Unterstützung. Der Rückhalt liege auch an der Familie und ihrem Team. Sie betrieben das Landhaus mit so viel Liebe und Herz, mit so viel Engagement und Einsatz. Das spürten die Menschen, das wollten sie zurückgeben. „Ich liebe diesen Laden.“Ein ganzes Dorf liebt ihn.
Xanten ist weit mehr als eine Römerstadt und zeigt das im Advent und über den Jahreswechsel vis-à-vis zum APX und seinem Hafentempel, der einst für die Größe Roms gestanden hat. Der Weihnachtscircus Casselly ist in der Stadt. Zum zehnten Mal. Das gelbe, mit blau leuchtenden Weihnachtssternen geschmückte Zirkuszelt ist hier noch für wenige Tage eine Landmarke – vor allem in der Dunkelheit. Autofahrer, die Xanten auf der Bundesstraße passieren, und viele andere Passanten in City-Nähe werden noch bis dahin zum Träumen eingeladen. Ein schöner Hingucker in kalten, dunklen und regnerischen Tagen. Drinnen unterm Zeltdach machen Artisten und Clowns in der Manege Träume wahr und sorgen mit einem stimmungsvollen Programm für eine entspannte, sorgenlose Zeit. Der Zirkus ist zur Marke geworden. 25 Vorstellungen mit jeweils rund 780 Besuchern und Besucherinnen, alte und junge, einheimische und auswärtige Menschen summieren sich auf fast 20.000 Gäste. Die würden in einem mittleren FußballStadion für eine stattliche Kulisse sorgen. Auch die Sondervorstellung, die Direktor Jonny Cassely junior wegen der großen Nachfrage für Sonntagmorgen angesetzt hat, ist bereits wieder nahezu ausverkauft. Der Zirkus ist ein Zugpferd für Xanten.
Bernfried Paus
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