Rheinische Post - Xanten and Moers
Die Berufe der Zukunft
Informatik, Medizin oder doch lieber Business Administration: Welche Studiengänge sind heute relevant? Wo lässt die Nachfrage nach? Und welche finanziellen Perspektiven bieten sich auf dem Arbeitsmarkt?
DÜSSELDORF Wer nach dem Studienabschluss in den Beruf einsteigt, sollte sein Wissen bestmöglich anwenden können. Gerade Hochschulen verfolgen daher einen praxisnahen Ausbildungsansatz. Doch die Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt verändern sich stetig. So auch im Studiengang Business Administration mit dem Schwerpunkt Personal. „Noch vor einigen Jahren waren Homeoffice, New Work, Agiles Arbeiten und Vier-Tage-Woche quasi unbekannt. Heute müssen diese Themen in jeder HR-Vorlesung selbstverständlich enthalten sein“, sagt Thomas Kirschmeier von der FOM Hochschule für Oekonomie und Management.
Attraktiv seien Studiengänge dann, wenn sie aktuelle Probleme aufgriffen und die Inhalte in der Praxis gut anwendbar sind. An den Hochschulen sind derzeit besonders Studiengänge im Bereich Cyber Security gefragt. „Cyberangriffe sind quasi zu einem Geschäftsmodell geworden, gegen das sich die gesamte Wirtschaft wehren muss“, sagt Kirschmeier. „Mit den neuen Studiengängen bilden wir qualifizierte Experten aus, die in jedem Unternehmen gesucht werden.“Absolventen, die als Cyber Security Analyst eingestellt werden, können laut Recruiting-Plattform Stepstone mit einem Jahresdurchschnittsgehalt von 50.300 Euro rechnen.
Ein völlig anderer Studiengang ist unlängst an der Hochschule Niederrhein (HSNR) mit Standorten in Mönchengladbach und Krefeld entstanden: Mit dem Studium der Angewandten Hebammenwissenschaft baut die Hochschule ihren Fachbereich Gesundheitswesen aus. Grundlage für die Entstehung ist das neue Hebammengesetz, das 2020 verabschiedet wurde. Seitdem kann der Beruf nur noch im Rahmen eines Studiums erlernt werden. Dem Hebammenverband zufolge verdient eine angestellte Hebamme im öffentlichen Dienst rund 3000 Euro brutto monatlich.
Einen überraschenden Rückgang der Nachfrage verzeichnen die Hochschulen im Bereich der Ingenieurwissenschaften – „obwohl gerade hier der Bedarf auf dem Arbeitsmarkt ungebrochen hoch ist“, so Kirschmeier. Laut Tim Wellbrock, Pressesprecher an der HSNR, geht der Trend stattdessen eindeutig hin zu gesellschaftlich relevanten Studiengängen: „Die Studierenden legen sehr viel Wert auf das Thema Nachhaltigkeit und wie es in unseren Modulen hinterlegt ist.“An der Heinrich-Heine-Universität (HHU) in Düsseldorf sind in den vergangenen fünf Jahren vor allem interdisziplinäre und interfakultäre Studiengänge eingeführt worden. Darunter befinden sich Studiengänge wie Philosophy, Politics and Economics und Computerlinguistik. „Bei den Masterstudiengängen sind es Kunstvermittlung und Kulturmanagement, Molekulare Biomedizin, Industrial Pharmacy und Economics, die neu eingeführt wurden“, so Professor Christoph J. Börner, Prorektor für Studienqualität und Lehre.
Weitere neue Studiengänge stehen an vielen Ausbildungsstätten bereits in den Startlöchern. Die HSNR plant für das Jahr 2024 den Studiengang Angewandte Psychologie einzuführen. Im Bereich CyberSecurity soll zudem ein Studiengang der Digitalen Forensik an den Start gehen. Und auch eine Strategie, um mehr Nachwuchsingenieure für das Studium zu begeistern, gibt es: „Wir werden in unseren ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen ein Orientierungssemester anbieten, damit sich Studierende erst nach diesem Semester festlegen müssen, ob sie ihre Zukunft zum Beispiel im
Maschinenbau, der Elektrotechnik oder im Bereich Wirtschaftsingenieurwesen sehen“, sagt Wellbrock. Dieses Projekt soll schon im kommenden Sommersemester starten. An der HHU soll zudem künftig das Masterstudium Finanz- und Versicherungsmathematik an den bereits bestehenden Bachelorstudiengang anknüpfen.
Ideen für neue Studiengänge entstehen dabei auf unterschiedlichen Wegen. „Zum einen nehmen wir externe Impulse von den Unternehmen der Region auf, gleichzeitig werden auch Ideen aus der Professorenschaft generiert“, erklärt Wellbrock. Die konkrete Initiative gehe aber in der Regel von den Fachbereichen heraus. „Wir prüfen sie dann vor der Einführung auf Nachfrage und Arbeitsmarktorientierung.“Die FOM Hochschule verfügt zudem über Expertinnen und Experten, die sich das ganze Jahr über mit der Studiengangentwicklung befassen. Außerdem pflegt sie zahlreiche Kooperationen mit Unternehmen – „sodass wir immer ein Ohr am Markt haben und die Bedürfnisse des Marktes kennen“, sagt Thomas Kirschmeier.