Rheinische Post - Xanten and Moers
Angst vor Armut erreicht den Mittelstand
Der VdK-Kreisverband am Niederrhein hat mehr als 31.000 Mitglieder – Tendenz steigend. Vor allem Menschen mit kleinerem Geldbeutel setzen auf die Unterstützung des Sozialverbands, der von einem schwierigen Jahr 2023 ausgeht.
RHEINBERG/NIEDERRHEIN „Wir stellen uns darauf ein, dass 2023 in sozialer Hinsicht ein schwieriges Jahr wird“, betont Horst Vöge, Vorsitzender des VdK-Kreisverbands am Niederrhein, der seine Geschäftsstelle in Rheinberg am Innenwall hat und für die Kreise Wesel und Kleve sowie für die Stadt Duisburg zuständig ist. „Noch haben wir in unserer Gesellschaft keine Spaltung“, so der frühere SPD-Landtagsabgeordnete
„Unsere Erfolgsquote liegt bei 43 Prozent. In fast der Hälfte aller Fälle zahlt sich unsere Arbeit also für die Mitglieder aus“
Svenja Weuster Geschäftsführerin VdK-Kreisverband
aus Dinslaken, „aber ein Bröckeln ist deutlich spürbar.“
Viele Menschen sorgten sich davor, in die Armut abzurutschen, und das sei durchaus berechtigt. Vöge: „1800 Euro netto für einen Haushalt reichen heute nicht mehr aus, um finanziell über die Runden zu kommen.“Das Problem des steigenden Armutsrisikos erreiche inzwischen auch den Mittelstand.
Diese angespannte Lage beschert dem Sozialverband VdK weiterhin steigende Mitgliederzahlen. „Auch wenn das Wachstum im vergangenen Jahr nur etwas weniger als ein Prozent betrug: Die Zahlen steigen“, beschreibt Svenja Weuster, seit fünf Jahren Geschäftsführerin des VdK-Kreisverbands. Zum 31. Dezember 2022 lag der Mitgliederbestand bei 31.496. 13.841 (44 Prozent) davon leben im Kreis Wesel, 8718 (27,6 Prozent) im Kreis Kleve und 8937 (28,4 Prozent) in der Stadt Duisburg. Knapp 51 Prozent der Mitglieder sind Frauen, der Altersdurchschnitt der Mitglieder liegt bei 62,81 Jahre, wobei 57,09 Prozent zwischen 46 und 65 Jahre alt sind.
„Neumitglieder kommen über unserer Rechtsberatung, über das Internet und über unsere Ortsverbände, die nach Corona wieder aktiv geworden sind“, so Svenja Weuster. „Der Austausch, das Soziale, das Zusammensein in Präsenz, das ist den Menschen wichtig.“
Die Rechtsberatung stellen sechs Juristen und Juristinnen nach Terminabsprache sicher. 18 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen hat der Kreisverband insgesamt. Die Akten mit Widerspruchs- und Klageverfahren häufen sich. Ein Hauptthema sei derzeit Covid 19 und die Folgen für die Betroffenen. Die Anerkennung dafür zu erstreiten, sei nicht leicht, sagt Juristin Weuster. 2257 abgeschlossene Verfahren habe es in 2022 gegeben, davon 955 mit Erfolg. Weuster: „Unsere Erfolgsquote liegt bei 43 Prozent, das bedeutet: In fast der Hälfte aller Fälle zahlt sich unsere Arbeit für unsere Mitglieder aus.“
Was die Mitglieder angehe, so lohne sich ein Blick auf die Struktur. Horst Vöge: „Unsere Mitglieder sind keine Millionäre. Das sind oft Leute, die sich keinen Anwalt leisten können, wenn sie Probleme haben, ihre Ansprüche gegenüber der Renten-, Pflege- oder Krankenkasse geltend zu machen.“Wer Mitglied wird im VdK, zahlt 66 Euro pro Jahr. Neumitglieder zahlen für den ersten Widerspruch eine Pauschale in Höhe von 106 Euro, für die erste Klage 131 Euro. Sind sie länger dabei, liegen die Sätze bei 40 beziehungsweise 65 Euro. Von diesen Einnahmen und den Mitgliedsbeiträgen muss der VdK sämtliche Kosten begleichen. „Wir bekommen keine staatlichen Zuschüsse“, stellt Vöge klar.
„Für das Jahr 2022 sind noch nicht alle Verfahren abgeschlossen“, skizziert Geschäftsführerin Svenja Weuster. „Aber wir können schon jetzt sagen, dass wir rund 1,8 Millionen Euro für unsere Mitglieder erstritten haben.“Wobei nur 25 bis 30 Prozent dieser Summe tatsächlich den Antragstellern zugute kommen. Den Rest geht beispielsweise an die Arbeitsagenturen zur Refinanzierung.