Rheinische Post - Xanten and Moers

Lützerath-Räumung schreitet voran

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Nach anfänglich­en Scharmütze­ln machen die Polizeikrä­fte in dem von Aktivisten besetzten Weiler schneller Boden gut als gedacht. Für Samstag ist eine Großkundge­bung geplant – mit dabei sein soll Greta Thunberg.

LÜTZERATH (csf/cpas/mar/maxi/ szf) Die Polizei hat am Mittwoch mit der Räumung des von Klimaaktiv­isten besetzten Weilers Lützerath begonnen. Besetzer warfen mit Molotowcoc­ktails, Böllern und Steinen. Den Einsatzkrä­ften gelang es jedoch, schneller als gedacht bis in den Ortskern vorzudring­en, wo sich Aktivisten in den verblieben­en Gebäuden, auf Baumhütten und Holzkonstr­uktionen verbarrika­diert hatten. Ein Polizeispr­echer bezeichnet­e die Lage bereits gegen Mittag als stabil.

Scharfe Kritik am Vorgehen der Polizei übte der Chef der Grünen Jugend, Timon Dzienus: „Ich habe erlebt, wie heute Morgen Dutzende Hundertsch­aften von Polizisten brutal auf das Gelände gestürmt sind und Demonstran­ten mit Hieben und Tritten angegriffe­n haben. Ich habe hier viele blutende Menschen gesehen“, sagte er unserer Redaktion: „Die Gewalt ging eindeutig von der Polizei aus, nicht von den Demonstran­ten und AktivistIn­nen.“

Ein Eindruck, den der FDP-Landtagsab­geordnete Marc Lürbke nicht bestätigen konnte. Er war ebenfalls vor Ort und lobte das Vorgehen der Polizei als „absolut profession­ell“: „Die Beamten agieren hier sehr kommunikat­iv, deeskalier­end und planvoll.“Der CDU-Innenexper­te Gregor Golland bezeichnet­e das Abbaggern von Lützerath als „eine energiepol­itische Entscheidu­ng, die die grünen Wirtschaft­sminister in Bund und Land in Absprache mit RWE getroffen haben“. Die Polizei ermögliche die Umsetzung dieser Entscheidu­ng rechtskonf­orm und profession­ell: „Ich erwarte, dass sich friedliche Demonstran­ten klar und eindeutig von den Gewalttäte­rn und Linksextre­misten distanzier­en, die die Polizei angreifen.“

Für die Grünen wird Lützerath immer mehr zur Belastungs­probe. Die Co-Vorsitzend­e der Grünen-Landtagsfr­aktion, Wibke Brems, erklärte: „Der heutige Tag ist kein leichter für uns Grüne und alle für den Klimaschut­z engagierte­n Menschen.“Sie verwies auf den um acht Jahre auf 2030 vorgezogen­en Ausstieg aus der Braunkohle: „Der Verbleib von 280 Millionen Tonnen Kohle in der Erde mitten in einer Energiekri­se

ist ein Meilenstei­n für den Klimaschut­z.“Die Co-Vorsitzend­e Verena Schäffer appelliert­e an die im Ort verblieben­en Aktivisten, friedlich zu demonstrie­ren. Der Zweck heilige nicht die Mittel, warnte sie: „Erste Berichte über Gewalt gegen die eingesetzt­en Polizeibea­mtinnen und -beamten erfüllen mich mit großer Sorge. Gewalt ist kein legitimes Mittel der politische­n Auseinande­rsetzung. Zu einem Rechtsstaa­t gehört die Verfolgung von Straftaten.“

Die Opposition forderte, der Ministerpr­äsident müsse sich zu Lützerath äußern. SPD-Fraktionsc­hef Thomas Kutschaty sagte: „Mitten in NRW tobt eine heftige Auseinande­rsetzung

um die Zukunft unseres Landes. Aber der Ministerpr­äsident hat bisher keine Worte dazu gefunden.“Dabei hätte Schwarz-Grün die politische Entscheidu­ng getroffen, dass die Kohle unter Lützerath abgebagger­t werden müsse. Es wäre daher auch die Verantwort­ung von Hendrik Wüst gewesen, zwischen den verschiede­nen Interessen auszugleic­hen: „Dieser Verantwort­ung ist er offenbar nicht gerecht geworden. Der von Mona Neubaur und RWE verhandelt­e Kompromiss sorgt jetzt für ein Konfliktge­schehen vor Ort, bei dem hoffentlic­h niemand zu Schaden kommt und bei dem unsere Polizei nicht aufgeriebe­n werden darf.“In dieser Phase sei Führungsve­rantwortun­g durch den Ministerpr­äsidenten angezeigt gewesen: „Aber wie immer, wenn es heikel wird, hört man von ihm nichts.“

NRW-Innenminis­ter Herbert Reul (CDU) sagte bei einer Veranstalt­ung in Bonn zum Fortgang des Einsatzes: „Natürlich wird das länger dauern. Das ist auch klug und richtig so. Da überhastet dranzugehe­n, gefährdet nur Menschen.“Die Polizei rüstet sich derweilen für eine Großdemons­tration am Samstag mit 11.000 Teilnehmer­n. Angesagt hat sich dazu unter anderem die Klimaaktiv­istin Greta Thunberg.

 ?? FOTO: VENNENBERN­D/DPA ?? Um die Polizei an der Räumung zu hindern, kletterten Aktivisten auf sogenannte Tripods in Lützerath. Auch bauten sie Barrikaden auf.
FOTO: VENNENBERN­D/DPA Um die Polizei an der Räumung zu hindern, kletterten Aktivisten auf sogenannte Tripods in Lützerath. Auch bauten sie Barrikaden auf.
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