Rheinische Post - Xanten and Moers
Aktionismus bringt gar nichts
Ein Gipfel sollte es nun richten: Experten und Politik berieten nach den Ausschreitungen an Silvester in Berlin über Auswege aus der Jugendgewalt. In Berlin ist Wahlkampf, das Treffen deswegen auch Aktionismus der Regierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD): Seht her, wir tun was. Es soll nun ein Dialog gestartet, Handlungsfelder sollen benannt werden.
Nun sind Gespräche zwischen Sicherheitsbehörden, Jugendeinrichtungen und dem Senat sicher sinnvoll. Doch etwas muss doch klar sein: Die Täter der Silvesternacht, unabhängig von Alter, Herkunft oder Geschlecht, gehören ermittelt und die Strafen, die es gibt, angewandt. Und das schnell, dazu gehört eine funktionsfähige Justiz, deren Personal in der Hauptstadt dringend aufgestockt gehört.
Giffey spricht oft von der „ausgestreckten Hand und den Stoppschildern“, die man anwenden müsse, wenn Straftaten begangen werden. Die Regierende Bürgermeisterin kann so viele Gipfel veranstalten, wie sie will. Will sie mehr Sicherheit auch für Einsatzkräfte schaffen, muss sie ihre jetzigen und möglicherweise künftigen Koalitionspartner ins Boot holen. Etwa beim Stichwort Bodycams für Polizei und Feuerwehr. Die Berliner SPD-Innensenatorin will weitere beschaffen, Grüne und Linke bremsen, verweisen auf noch laufende Modellversuche und genaue Abgrenzung beim Einsatz. Eine bessere Ermittlung von Tätern muss man auch wollen.
Fragt man Jugendliche selbst, wie sie ihre Stadt erleben, so wird deutlich: Es fehlt an Treffpunkten, Sportplätzen, Angeboten, wo sich Jugendliche nachmittags aufhalten können. Aus Parks werden sie vertrieben, Spielplätze sind aus guten Gründen tabu, Anwohner wehren sich gegen Szene-Treffpunkte. Die CoronaPandemie hat die Lage noch einmal verschlimmert – und das nicht nur in Berlin.