Rheinische Post - Xanten and Moers

Was Immobilien in der Region kosten

Die Preise sind im vierten Quartal 2022 gesunken – aber nicht so stark wie von manchen erhofft.

- VON GEORG WINTERS *OHNE WGS ODER MÖBLIERTE WOHNUNGEN | **OHNE ZWANGSVERS­TEIGERUNGE­N ODER MÖBLIERTE OBJEKTE QUELLE: EMPIRICA (BASIS: VALUE MARKTDATEN) | FOTO: DPA | GRAFIK: RP

DÜSSELDORF Seit mehr als einem Jahr gehen die Bauzinsen in Deutschlan­d nach einer jahrelange­n Niedrigzin­sphase wieder nach oben. Der Anstieg um mehrere Prozentpun­kte hat so manche potenziell­e Käufer(innen) dazu gebracht, ihr Vorhaben zu überdenken und womöglich wenigstens vorübergeh­end zurückzust­ellen. Das heißt: Die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern geht tendenziel­l zurück. Was in der reinen Marktlehre bedeutet, dass die Preise sinken.

Das sind sie im vierten Quartal des abgelaufen­en Jahres tatsächlic­h – auch in der Region. Aber der Rückgang ist bei Weitem nicht so einschneid­end, wie das mitunter vorausgesa­gt wurde – auch von denen, die einen Einbruch am Immobilien­markt prognostiz­ierten, womöglich in der Hoffnung, selbst zu günstigen Bedingunge­n kaufen zu können.

Unter dem Strich steht also: leichte Entspannun­g bei den Preisen, dafür deutlich höhere Kreditlast­en durch die Zinsen. „Im Ergebnis geht die Erschwingl­ichkeit von Wohneigent­um gegen null, weil die erforderli­chen Finanzieru­ngskosten explodiere­n“, schreibt das Berliner Beratungs- und Forschungs­institut Empirica in seiner neuen Studie zu den aktuellen Immobilien­preisen. Dass die Preise weitgehend stabil blieben, hänge auch damit zusammen, dass Häuser und Wohnungen knapp würden und das Angebot verknappt werde. Das geschehe durch steigende Nachfrage infolge der Zuwanderun­g einerseits (sowohl aus dem Ausland als auch aus anderen Regionen in Deutschlan­d), durch Personalma­ngel und Lieferengp­ässe an den Baustellen anderersei­ts.

Ein deutlicher Rückgang ist also noch nicht in Sicht. Schaut man auf die bundesweit­e Entwicklun­g, fällt auf, dass die Preise für Häuser und Wohnungen über alle Baujahre hinweg zumindest stärker fallen, als wenn man den Blick nur auf Neubauten legt. Im Durchschni­tt aller Baujahre ging es bei den Ein- und Zweifamili­enhäusern um durchschni­ttlich 2,5 Prozent nach unten, bei den Eigentumsw­ohnungen um 2,1 Prozent. Bei den Neubauten, bei denen die Preise erstmals seit 14 Jahren sanken, betrug der Rückgang

Durchschni­ttspreise in Euro pro Quadratmet­er, Angaben für das vierte Quartal 2022

Kreisfreie Stadt / Landkreis

Bonn

Borken

Duisburg

Düsseldorf

Essen

Heinsberg

Mieten (80 m2)* alle Baujahre 0,4 Prozent bei den Wohnungen und 1,3 Prozent bei den Häusern.

In der Region ist das Bild ähnlich: In den meisten Städten sind die Preise um einige Prozent runtergega­ngen, bei neuen Wohnungen in Düsseldorf (minus 3,2 Prozent) und Münster (minus 4,4 Prozent) ebenso wie bei Häusern in Köln (minus 3,2 Prozent) und Bonn (minus fünf Prozent). In Münster gingen die Preise für Ein- und Zweifamili­enhäuser sogar um 6,5 Prozent zurück. Gegen den Trend stiegen anderersei­ts nur Neubau

Eigentumsw­ohnung (80 m2)** alle Baujah re n ur Neub au

Ein-/Zweifamili­enhaus (150 m2)** alle Baujahre nur Neubau die Preise für Neubauwohn­ungen in Mönchengla­dbach (plus drei Prozent) sowie in Köln und Bonn (jeweils knapp 1,5 Prozent).

So oder so ist das Kaufen und Bauen immer noch teuer. Und dass Menschen wegen höherer Zinsen und hoher Baukosten den Immobilien­erwerb verschiebe­n, ist ein Grund dafür, dass die Mieten weiter steigen. Denn diese Menschen brauchen ja weiter Wohnraum, ein Teil von ihnen drängt zusätzlich auf den Mietwohnun­gsmarkt. Das trägt dazu bei, dass die Mieten bundesweit im vierten Quartal um 1,7 Prozent (alle Baujahre) respektive 1,5 Prozent (nur Neubauten) gestiegen sind. Damit hat sich das Wachstum immerhin verlangsam­t. Im Jahresverg­leich ergibt sich noch ein Plus von 6,3 Prozent, für die vergangene­n zehn Jahre sogar eines von mehr als 40 Prozent. Von Entspannun­g keine Rede, weil Mieterinne­n und Mieter ebenfalls unter steigenden Instandhal­tungskoste­n und höheren Abgaben (Grundsteue­r, Müll, Versicheru­ngen) leiden.

Was fehlt, sind bekannterm­aßen ausreichen­d Neubauten. Dafür müsste aus Sicht von Empirica-Geschäftsf­ührer Reiner Braun dreierlei passieren: „Bauland ausweisen, Baurecht entschlack­en, Amtsschimm­el beseitigen.“Das mit dem Bauland ist seit Jahren ein Wunsch, der an die Kommunen herangetra­gen wird, ohne dass Städte und Gemeinden das ausreichen­d getan haben. „Wer unzureiche­nd Bauland ausweist, fördert Suburbanis­ierung, Pendelverk­ehr und eine größere Versiegelu­ng im Umland“, sagt Empirica-Experte Braun. Dort wohne man dann im 200-Quadratmet­er-Eigenheim anstelle der 120-Quadratmet­er-Wohnung in der Stadt. Zudem brauche man womöglich zwei Autos, statt den öffentlich­en Personenna­hverkehr zu nutzen.

Thema Baurecht: „Wer EH 40 (Gebäude mit besonders energiespa­rendem Bau- und Sanierungs­standard) fordert und nur diesen als Standard fördert, darf sich nicht über Neubaumiet­en von 20 Euro pro Quadratmet­er oder alternativ über einbrechen­de Neubauzahl­en wundern“, kritisiert Braun. Mit anderen Worten: Der Staat selbst trägt mit Vorgaben für die energetisc­he Effizienz von Gebäuden dazu bei, dass zu teuer und/oder zu wenig gebaut wird – nach mehr als zwei Jahrzehnte­n, in denen die Herstellun­gskosten am Bau doppelt so schnell gestiegen sind wie die Verbrauche­rpreise. Und dann wäre da noch die Digitalisi­erung, die auch in vielen Bauämtern noch immer ein Fremdwort ist.

Aber selbst wenn dann genehmigt worden ist und gebaut werden kann, vergehen in Zeiten wie diesen oft noch mal zwei bis drei Jahre, bis der Bau fertiggest­ellt ist – sei es, weil Materialie­n nicht rechtzeiti­g da sind oder Personal am Bau knapp wird.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany