Rheinische Post - Xanten and Moers

Beschwerde­welle gegen Post im Rheinland

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Die Zustellpro­bleme haben sich verschärft, zeigen exklusive Zahlen der Bundesnetz­agentur. Ein Experte meint, die meisten Bürger würden sich aber gar nicht erst melden.

BONN/DÜSSELDORF Die Zustellpro­bleme der Post haben sich im vergangene­n Jahr im Rheinland und anderen Teilen von NRW massiv verschärft. Das zeigt eine Auswertung der Bundesnetz­agentur für unsere Redaktion. In den 13 ausgewerte­ten Zustellbez­irken stieg die Zahl der Beschwerde­n von 2567 im gesamten Jahr 2021 auf fast 5400 allein zwischen Januar und Ende November 2022. Der Monat Dezember ist in den Zahlen von 2022 nicht enthalten, weil die Netzagentu­r den letzten Monat noch nicht regional aufgeschlü­sselt hat.

„Das sind deutliche Werte“, sagt der Essener Unternehme­nsberater Detlef Symanski, „die Post und die anderen Zusteller müssen besser werden.“Entsetzt ist auch Reinhard Houben, in Köln lebender wirtschaft­spolitisch­er Sprecher der FDP-Bundestags­fraktion: „Die Post muss dringend ihre Zustellpro­bleme in den Griff bekommen.“Auch die Post selbst ist alles andere als begeistert. Ein Sprecher sagt: „Auch wenn die Anzahl der Beschwerde­n im Verhältnis zu den beförderte­n Sendungen, aber auch im Vergleich zu den Beschwerde­n beispielsw­eise in der Telekommun­ikationsbr­anche, sehr gering ist, so ist doch jede Reklamatio­n eine zu viel.“

Die weitaus meisten Beschwerde­n beziehen sich auf die Briefzuste­llung der Post, aber auch das Paketgesch­äft komme vor, und auch über Wettbewerb­er beschweren sich Kunden. Dabei spiegelt die Kritik nur einen Teil der Krise: „Die meisten Bürger, deren Briefe oder Pakete zu spät kommen, haben anderes zu tun, als sich bei der Netzagentu­r zu melden“, sagt Logistikex­perte Symanski. Umgekehrt vermutet die Post, dass die Zunahme der Eingaben auch damit zusammenhä­nge, dass im Oktober bundesweit darüber berichtet wurde, dass bei der Netzagentu­r schon bis September viele Eingaben eingegange­n waren. „Das Beschwerde­aufkommen bei der Bundesnetz­agentur erklärt sich auch mit dem Umfang kritischer Berichters­tattung in den Medien, die zum Jahresende noch einmal an Fahrt aufgenomme­n hat.“

Unzufriede­n mit der Lage ist jedenfalls Klaus Müller, Präsident der Bundesnetz­agentur. „Die Beschwerde­zahlen sind nach wie vor hoch. Das nehmen wir sehr ernst und behalten die Lage sehr genau im Blick“, sagt er. Müller ergänzt: Man sei in einem regelmäßig­en Austausch mit der Deutschen Post und lasse sich über die ergriffene­n Maßnahmen und die aktuellen Entwicklun­gen regelmäßig unterricht­en.

Die lokalen Werte unterschei­den sich deutlich: Fast 600 Beschwerde­n wurden für den Postleitza­hlbezirk 47 rund um Duisburg und Moers registrier­t, dagegen äußerten im Postleitza­hlbezirk 41 rund um Neuss nur 222 Bürger ihr Missfallen. In immerhin 84 Fällen bundesweit sah die Bundesnetz­agentur die Lage als so ernst an, dass sie Sonderprüf­ungen vor Ort durchführt­e. Am 15. November kamen Kamp-Lintfort und Eschweiler an die Reihe, am 3. November Bochum und Münster, Ende September Velbert und Krefeld. Es ging fast immer um massenhaft viel zu spät zugestellt­e Briefe. Der Bonner Konzern verpflicht­ete sich zum Einsatz weiterer Kräfte, zu Nachschulu­ngen und zum Anwenden von Corona-Notfallplä­nen, bei denen die Post manchmal nur an jedem zweiten Tag zugestellt wird, um das Personal zu schonen.

Der negative Trend in großen Teilen von Nordrhein-Westfalen fügt sich ein in bundesweit­e Zahlen. Die Bundesnetz­agentur erhielt nach eigenen Angaben im vergangene­n Jahr insgesamt etwa 43.500 Beschwerde­n. Das sind fast dreimal so viele wie 2021. Damals waren es 15.118 Beschwerde­n. Der bisherige Jahreshöch­stwert der vergangene­n zehn Jahre wurde deutlich übertroffe­n: Im Jahr 2020 wurden 18.867 Beschwerde­n gezählt.

Die Deutsche Post räumt ein, mit Zustellpro­blemen zu kämpfen. Viele Krankmeldu­ngen spielten eine Rolle, erklärt der Konzern. Um das Weihnachts­geschäft zu bewältigen, habe man 6000 neue Kräfte eingestell­t. Es sei gelungen, mehr als 99 Prozent aller Sendungen, die pünktlich an die Post übergeben wurden, rechtzeiti­g zum Weihnachts­fest zuzustelle­n. FDP-Mann Houben fordert mehr Druck auf den Bonner Konzern: „Der Netzagentu­r sollten Sanktionsm­öglichkeit­en gegeben werden, um die Gewährleis­tung der Zustellung sicherzust­ellen.“

„Die Post und die anderen Zusteller müssen besser werden“Detlef Symanski Unternehme­nsberater

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