Rheinische Post - Xanten and Moers
„Vergiss nie, hier arbeitet ein Mensch!“
Beleidigungen in Bus und Bahn sind Alltag, oft werden Randalierer auch handgreiflich. Mit einer drastischen Aktion wollen DGB und DVG auf die zunehmende Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst aufmerksam machen.
(mas) Beleidigungen, Bedrohungen, Spuck-Attacken und Faustschläge – die Übergriffe auf Busund Bahnfahrer in Duisburg sind in den vergangenen Monaten immer massiver geworden. Hinzu kommen die Böllerangriffe auf Busse und Bahnen an Halloween und Silvester, die unter anderem dazu führten, dass die Straßenbahnen der Linie 903 eine Umleitung fuhren und die Haltestellen in Duisburg-Hochfeld aus Sicherheitsgründen zeitweise gar nicht ansteuerten. „Wir können das nicht mehr tolerieren. Der Schutz und die Sicherheit unserer Beschäftigten und Fahrgäste haben obere Priorität“, unterstreicht Marcus Wittig, Vorstandsvorsitzender der Duisburger Verkehrsgesellschaft (DVG).
Nicht nur die Fahrer, sondern auch Ticketprüfer und Mitarbeiter im DVG-Kundencenter berichten: Beschimpfungen wie „Schlampe“, „Wichser“oder „Hurensohn“seien Alltag. Hinzu komme körperliche Gewalt. In vielen Fällen werde die Polizei hinzugezogen. „Für diese Ordnungspartnerschaft sind wir dankbar“, sagt Wittig.
Über sechs Polizeieinsätze im Jahr 2022 in Bussen, Bahnen und an Haltestellen berichtete die Polizei im Nachgang öffentlich: Im April zog eine Gruppe Jugendlicher in der 903 während der Fahrt durch Hochfeld die Notbremse. Als der 55 Jahre alte Fahrer in den hinteren Teil des Fahrzeugs ging, um die Bremse wieder zu lösen, schlug ihm einer der Jugendlichen ins Gesicht.
Im August schlug und bespuckte ein 17-Jähriger in Neudorf eine Busfahrerin. Der Auslöser: Die 40-Jährige hatte ihn gebeten, seine laute Musik abzuschalten. Wenige Tage später ereignete sich in Hochheide eine zweite Attacke auf einen Fahrer der Linie 926. Dabei zückte der Angreifer sogar ein Messer.
Im November schossen Unbekannte in Hochfeld und im Dellviertel auf mehrere Bahnen. Scheiben gingen zu Bruch.
DVG-Chef Wittig erklärt: Die Sicherheitsmaßnahmen habe das Verkehrsunternehmen in den vergangenen Jahren stufenweise hochgefahren. Details möchte er nicht nennen. Klar ist: Busse und Bahnen sowie alle Bahnhaltestellen und einige Bushaltepunkte sind mit einer Videoüberwachung ausgestattet. Sicherheitskräfte in Uniform und in
Zivil fahren im ÖPNV mit. „Wir gehen entsprechend konsequent gegen Gefährdungen aller Art vor und machen von unseren juristischen
Möglichkeiten Gebrauch“, berichtet Marcus Wittig. Das bedeutet: Die DVG erstattet gegen die Angreifer Strafanzeigen.
Doch wer sind die Randalierer und Gewalttäter? Aus dem Kreis der Fahrerinnen und Fahrer und von der DVG heißt es: Unter den Fahrgästen seien die Betreffenden in der Minderheit. Sie seien der Altersgruppe der Zwölf- bis 20-Jährigen zuzuordnen. Und: Mit Blick auf die Bahnen sei nur die Linie U 79 eine Ausnahme. „Da ist das Klientel ganz anders und viel ruhiger“, sagt Bahnfahrerin Tatjana Pannek.
Zahlen zu den Übergriffen macht die DVG nicht öffentlich. Angelika Wagner, Geschäftsführerin des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) am Niederrhein, führt aus: Bei einer Beschäftigtenbefragung im DGB-Kreis hätten zwei Drittel von Beleidigungen, Bedrohungen und tätlichen Angriffen innerhalb der vergangenen zwei Jahre berichtet.
Die DVG beteiligt sich nun auch deutlich sichtbar an der DGB-Kampagne „Vergiss nie, hier arbeitet ein
Mensch!“. Unter anderem sind ab sofort Busse im Duisburger Stadtgebiet mit auffälligen Folierungen unterwegs – mit zum Teil auch provokanten Sprüchen. Ein Beispiel dafür ist das groß gedruckte Zitat einer Fahrerin: „Ich bringe dich jederzeit nach Hause. Und du brichst mir den Arm?“
Die Kampagne thematisiert Gewalt und Respektlosigkeit gegenüber Beschäftigten, die im Dienst der Gesellschaft arbeiten. DVG und DGB wollen damit die Problematik ins öffentliche Bewusstsein rücken und die Beschäftigten besser schützen sowie zu mehr Respekt untereinander auffordern.
Von Angriffen, Bedrohungen und Beleidigungen berichten betroffene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der DVG in Videos, die auf der Internetseite der DVG zu finden sind unter dvg-duisburg.de/ mensch.