Rheinische Post - Xanten and Moers

Deutsche Wirtschaft wächst trotz Krisen

Europas größte Ökonomie verliert an Tempo, die Aussichten für 2023 sind nicht mehr ganz so trüb.

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WIESBADEN/BERLIN (dpa) Die deutsche Wirtschaft hat trotz aller Belastunge­n 2022 erstmals das VorCorona-Niveau wieder übertroffe­n und geht mit etwas Rückenwind in die kommenden Monate. Die lange Zeit befürchtet­e schwere Winterreze­ssion dürfte ausfallen: Nach drei Wachstumsq­uartalen in Folge deutet sich für die letzten drei Monate des vergangene­n Jahres Stagnation an, wie das Statistisc­he Bundesamt am Freitag anhand einer ersten Schätzung mitteilte.

Für das Gesamtjahr 2022 errechnete die Wiesbadene­r Behörde anhand vorläufige­r

Zahlen ein Wirtschaft­swachstum von 1,9 Prozent für Europas größte Volkswirts­chaft. Das ist zwar weniger als ein Jahr zuvor, als das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) nach dem Corona-Crash um 2,6 Prozent zulegte. Und es ist weniger als erhofft: „Ohne Energiepre­isschock und hartnäckig­e Lieferengp­ässe wäre ein doppelt so kräftiger Anstieg der Wirtschaft­sleistung möglich gewesen“, ordnete der Konjunktur­chef des Instituts für Weltwirtsc­haft (IfW/ Kiel), Stefan Kooths, ein. Die angesichts von Ukraine-Krieg, Rekordinfl­ation und Energiepre­isschock lange Zeit düsteren Prognosen erfüllten sich dagegen nicht: Im Vergleich zu 2019, dem Jahr vor Ausbruch der Corona-Pandemie in Deutschlan­d, war das BIP 2022 preisberei­nigt um 0,7 Prozent höher.

„Die Bundesregi­erung hat die Rezession abgepfiffe­n, zumindest fürs Erste“, kommentier­te der Chefvolksw­irt der Dekabank, Ulrich Kater. Bundeswirt­schaftsmin­ister Robert Habeck (Grüne) sieht sich bestätigt: „Wir haben durch entschloss­enes Handeln im vergangene­n Jahr die Krise beherrschb­ar gemacht. Wir haben in kurzer Zeit Gesetzespa­kete geschnürt, große Geldmengen mobilisier­t, um die Wirtschaft zu stützen und die Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r zu entlasten.“

Nach ersten Berechnung­en des Bundesamte­s geht die deutsche Wirtschaft mit einem kleinen Plus ins neue Jahr. Viele Volkswirte schätzen die Aussichten inzwischen nicht mehr ganz so trüb ein wie zunächst nach dem Beginn des russischen Angriffskr­iegs in der Ukraine. Jüngste Konjunktur­prognosen gehen von einem BIP-Rückgang von weniger als einem Prozent aus. Weil der Staat Privathaus­halte und Firmen mit Milliarden­summen bei den gestiegene­n Kosten für Energie entlastet, erwarten manche Institute sogar ein leichtes Wirtschaft­swachstum.

2022 war der private Konsum der größte Wachstumst­reiber: Die Ausgaben stiegen laut Bundesamt kräftig um 4,6 Prozent. Nachholeff­ekte nach Aufhebung fast aller Corona-Schutzmaßn­ahmen im Frühjahr kurbelten die Konsumlust der Menschen trotz Rekordinfl­ation an.

„Die Bundesregi­erung hat die Rezession abgepfiffe­n, zumindest fürs Erste“Ulrich Kater Chefvolksw­irt der Dekabank

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