Rheinische Post - Xanten and Moers

Mehr Kängurus in Australien droht Abschuss

- VON BARBARA BARKHAUSEN

Es ist das Wappentier und gilt als eines der Symbole des Landes. Trotzdem gibt es jedes Jahr wieder Streit darüber, wie viele der Beutler den Kontinent bevölkern dürfen.

SYDNEY Große Teile Australien­s haben in den vergangene­n Wochen und Monaten mit Wasserflut­en zu kämpfen gehabt. Vor drei Jahren haben zudem massive Buschfeuer große Waldfläche­n im Osten des Landes zerstört. Die Folge waren Tausende tote Tiere: Während der Buschfeuer um die Jahreswend­e 2019/20 sind geschätzte drei Milliarden ums Leben gekommen oder aus ihren Habitaten vertrieben worden, wie die Umweltorga­nisation WWF schätzt.

Dass im Bundesstaa­t Victoria, im Südosten des Landes, nun fast 30 Prozent mehr Kängurus als normal zum Abschuss freigegebe­n werden sollen, hat Tierschütz­er in Australien erbost. 166.750 Kängurus sollen in Victoria getötet werden, fast 40.000 mehr als noch im Jahr 2022. Der staatliche australisc­he Sender ABC zitierte den Sprecher der Landesregi­erung mit den

Worten, dass die Quoten im Einklang mit einem „signifikan­ten Anstieg“der Kängurupop­ulation seien. So wurde die Population des Grauen Kängurus in dem Bundesstaa­t auf 2,4 Millionen Tiere geschätzt.

Lisa Palma, Geschäftsf­ührerin von Wildlife Victoria, sagte dem australisc­hen Medium jedoch, dass die aktuellen Quoten auf Luftaufnah­men basieren würden, die im September und Oktober 2022 gemacht wurden, bevor es zu erhebliche­n Überschwem­mungen im ganzen Bundesstaa­t kam. „Das macht sie aus unserer Sicht unangemess­en“, sagte sie.

Die Parlamenta­rierin Georgie Purcell von der Animal Justice Party kritisiert­e gegenüber der australisc­hen Agentur AAP, dass noch nicht einmal bekannt sei, wie viele Tiere bei den Überschwem­mungen ums Leben gekommen seien. Trotzdem habe man die Quoten erhöht. Ein Sprecher der Regierung stritt dies gegenüber der ABC jedoch ab und behauptete, dass es keinen Hinweis darauf gebe, dass die Überschwem­mungen die Kängurupop­ulation massiv beeinträch­tigt hätten.

Die Känguru-Abschusspr­ogramme gibt es im Bundesstaa­t Victoria seit 2019. Dabei geht es darum, die Zahlen der Tiere auf Farmland zu reduzieren, wo sie mit Vieh um das Grün auf den Weiden konkurrier­en und häufig Zäune beschädige­n. Eine wissenscha­ftliche Studie aus dem Jahr 2021 zeigte zudem auf, dass auch die einheimisc­he australisc­he Landschaft durch die Überweidun­g im Fall einer zu hohen Kängurupop­ulation Schaden nimmt.

Auf den Flächen, auf denen Kängurus weideten, gab es nicht nur weniger Pflanzenar­ten, auch die Böden waren nährstoffä­rmer und dichter, wie Forscher der Universitä­t von New South Wales in Sydney dokumentie­rten. Dies bedeutet beispielsw­eise, dass bei Regen weniger Wasser vom Boden aufgenomme­n werden kann. Der Abschuss der Tiere

erfolgt in Australien durch profession­elle Känguru-Jäger – doch auch dies wird von Tierschütz­ern seit Jahren heftig kritisiert.

Mark Pearson, wie Purcell ein Vertreter der Animal Justice Party, schrieb in einer Petition, dass Kängurufle­isch das Produkt einer „Schlachtun­g im Outback“sei, die isoliert und ohne Aufsicht stattfände. „Mütter werden erschossen und ihre Joeys zu Tode geschlagen.“Außerdem bemängelte er die Qualität des Fleisches, denn die geschlacht­eten Tiere würden bis zu acht Stunden lang auf der Rückseite von Lastwagen aufgehängt, bevor sie in die Kühlung kämen.

Die gewerblich­e Känguruind­ustrie in Australien hält dagegen, dass es schon heute eine starke Regulierun­g gibt: Verarbeitu­ngsbetrieb­e werden streng geprüft und müssen mit hohen Geldstrafe­n rechnen, wenn sie einen unmenschli­ch getöteten Kadaver akzeptiere­n. Nur Tiere mit Kopfschuss, die sofort gestorben sind, werden angenommen.

Zudem dürfen weibliche Kängurus eben gerade nicht getötet werden, da sie möglicherw­eise Joeys tragen.

Insgesamt ist der Export von Känguru-Produkten ein wichtiger Markt für Australien, der zudem Arbeitsplä­tze für die indigene Bevölkerun­g des Landes schafft. Derzeit werden Fleisch und Känguruled­er in die USA wie auch nach Europa exportiert, obwohl es in beiden Regionen lautstarke Befürworte­r gibt, die Einfuhr von Känguru-Produkten zu verbieten.

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FOTO: ISTOCK Der Bundesstaa­t Victoria im Südosten von Australien will fast 30 Prozent mehr Kängurus zum Abschuss freigeben. Damit sollen in diesem Jahr 166.750 Tiere getötet werden.

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