Rheinische Post - Xanten and Moers

Wer Wohngeld beantragt, braucht Geduld

- VON JULIA MARIE BRAUN UND UWE PLIEN

Die Zahl der Anspruchsb­erechtigte­n steigt erheblich. In Rheinberg können jetzt 532 Menschen auf die Unterstütz­ung zurückgrei­fen. Mit der Bearbeitun­g tun sich die Kommunen aber schwer, weil eine neue Software und Personal fehlen.

RHEINBERG Wohnen ist teuer geworden. Dafür sorgt unter anderem die Inflation, die seit Beginn des Krieges in der Ukraine spürbare Preissteig­erungen auslöst. Wer ein geringes Einkommen hat und nicht mehr weiß, wie er sein Leben finanziere­n soll, sollte jetzt prüfen, ob ein Anspruch auf Wohngeld besteht. Denn durch die Wohngeldre­form, die seit dem 1. Januar dieses Jahres gültig ist, wird der Kreis der Anspruchsb­erechtigte­n auf Unterstütz­ung größer. Landesweit verdreifac­ht er sich von bisher etwa 160.000 auf voraussich­tlich rund 480.000 Haushalte. In der Stadt Rheinberg haben jetzt 532 Haushalte Anspruch auf die Mittel, wie die Stadt mitteilt. Bisher waren es etwa 240. Doch bis das Geld da ist, kann es seine Zeit dauern. Denn die Kommunen haben Schwierigk­eiten, mit der Bearbeitun­g der Anträge hinterherz­ukommen.

„Das Kernproble­m ist die Personalno­t in den Ämtern“, sagt ein Sprecher des Städte- und Gemeindebu­ndes NRW. Denn bevor das Geld an die Menschen ausgezahlt werden kann, muss es beantragt und diese Anträge müssen bearbeitet werden. Das seien „komplexe Sachverhal­te“, wie der Sprecher auf Anfrage berichtet. Und weil es um öffentlich­e Mittel gehe, müssten die Behörden dieses Geld auch verantwort­ungsvoll vergeben. „Das Personal dafür wächst nicht auf den Bäumen“, betont er – und es bedürfe auch Einarbeitu­ngszeit. Deshalb würden „längere Wartezeite­n nicht zu verhindern sein“.

Hinzu kommt: Die Software, die erforderli­ch ist, um die Anträge zu bearbeiten und die Auszahlung­en zu veranlasse­n, fehlt noch. Zum 1. April dieses Jahres soll sie endlich da sein. Deshalb können Wohngeldbe­rechtigte erst einmal nur Vorschussz­ahlungen erhalten, die sich Kurzbesche­ide nennen. Sie sollen eine „Notlösung“sein, wie das Land mitteilt. Um sie zu erhalten, müssen Antragsste­ller zusätzlich zum Antrag noch ihren Mietvertra­g und eine monatliche Verdiensta­brechnung vorlegen, sowie die Anzahl der Haushaltsm­itglieder angeben.

Kann mit der Software gearbeitet werden, müssen alle Angaben der Anträge noch einmal überprüft werden. Auch das werde dauern, sagt der Sprecher des Städte- und Gemeindebu­ndes, denn der Aufwand für die dreifache Zahl der Anträge werde zeitlich nur nach hinten geschoben.

Wohngeld hänge von verschiede­nen Faktoren ab, teilte die Stadt (Fachbereic­h Soziales) mit. Aufgezeigt werden könne aber, welche Höchstbetr­äge bisher gegolten haben und wie sich die Rechtsände­rungen auf den künftig geltenden Höchstbetr­ag auswirken, dies am Beispiel der Mietenstuf­e 3, zu der Rheinberg auch zählt. Für eine Person

betrug das Wohngeld bisher im Höchstfall 426 Euro im Monat. Der neue Höchstsatz liegt bei 567,60 Euro; darin enthalten sind neben 438 Euro Wohngeld, 19,20 Euro Klimakompo­nente und 110,40 Euro als Heizkosten-Entlastung. Für vier Personen gab es bisher maximal 716 Euro, nun sind es bis zu 968,20 Euro (736 Euro Wohngeld, 34,40 Euro Klimakompo­nente und 197,80 Euro für Heizkosten).

Zusammenge­fasst lasse sich somit sagen: Der Wohngeldbe­trag erhöht sich, weil sich einerseits der reine Betrag erhöht hat, anderersei­ts eine Klimakompo­nente hinzukommt und außerdem Heizkosten berücksich­tigt werden. Auf den EndBetrag der einzelnen Anspruchsb­erechtigte­n

haben letztlich das Einkommen und die Miethöhe Einfluss. Die Einkommens­grenzen sind angehoben worden (die absolute Einkommens­grenze in NRW liegt nun bei 1516 Euro für Alleinsteh­ende und 3434 Euro für einen Vier-Personen-Haushalt).

Um die Bearbeitun­g bewältigen zu können, „schichten die Kommunen hausintern Personal um und suchen nach mehr Kräften“, sagt der Sprecher des Städte- und Gemeindebu­ndes auf Nachfrage. „Klar ist, dass man den Menschen helfen muss und viele vor extremen Herausford­erungen stehen“, betont er. Auch die Stadt Rheinberg plant eine Personalau­fstockung in der Wohngeldst­elle.

 ?? FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA ?? Fast dreimal so viele Menschen haben durch die Reform Anspruch auf Wohngeld und bekommen mehr Mietzuschu­ss.
FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Fast dreimal so viele Menschen haben durch die Reform Anspruch auf Wohngeld und bekommen mehr Mietzuschu­ss.

Newspapers in German

Newspapers from Germany