Rheinische Post - Xanten and Moers

Wolfsrudel vom Niederrhei­n breitet sich aus

Die Meldungen über Wölfe häufen sich wieder. Dieses Mal gab es tote Schafe im Münsterlan­d. Dafür soll der Nachwuchs von Niederrhei­n-Wölfin Gloria verantwort­lich sein. Und ihr Rudel wächst weiter.

- VON SEBASTIAN LATZEL

NIEDERRHEI­N Wer immer noch daran gezweifelt hat, dass sich das Rudel vom Niederrhei­n weiter ausbreitet, hat jetzt Gewissheit. Ein „Sohn“von Niederrhei­nwölfin Gloria hat fünf Schafe im Münsterlan­d gerissen. Das ist mittlerwei­le eindeutig belegt, wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbrauche­rschutz (Lanuv) mitteilt.

Am 29. November waren in Lüdinghaus­en im Kreis Coesfeld fünf Schafe tot aufgefunde­n worden. Ein Wolfsberat­er hatte im Auftrag des Lanuv die Bissspuren dokumentie­rt. Besonders wichtig für den Nachweis: Der Experte sicherte auch Proben für die genetische Untersuchu­ng. Das Senckenber­g Forschungs­institut in Gelnhausen konnte anhand des Gen-Materials einen männlichen Wolf mit der Kennung GW2596m als Angreifer nachweisen.

Anhand dieser Kennung war die Biografie des Tieres genau nachzuvoll­ziehen: Bei diesem Wolf handelt es sich um einen Jährling (Geburtsjah­r 2021) aus dem Wolfsrudel im Territoriu­m Schermbeck, der am 14. Januar dort erstmals nachgewies­en wurde. Als Elterntier­e wurden vom Senckenber­g Forschungs­institut die Wolfsfähe GW954f und der Wolfsrüde GW1587m identifizi­ert. Aktuell ist nicht bekannt, ob sich der junge Wolfsrüde noch im Kreis Coesfeld befindet.

Die Kombinatio­n GW954f ist in der Region bestens bekannt. Das ist nämlich das Kennzeiche­n von Niederrhei­nwölfin Gloria. Damit ist klar, dass der Wolf im Münsterlan­d ihr Nachwuchs ist. Lüdinghaus­en ist etwa 40 Kilometer vom Wolfsgebie­t Schermbeck/Hünxe entfernt. Das macht deutlich, dass sich der Nachwuchs in der Region ausbreitet. Wölfe legen an einem Tag viele Kilometer zurück.

Und inzwischen steht fest, dass Gloria auch im vergangene­n Jahr vier Welpen bekommen hat. Das Lanuv teilte am Freitag mit, dass vom 21. bis 24. November 2022 in Hünxe Losungen von vier verschiede­nen Wölfen gefunden wurden. Es handelt sich um Nachwuchs von Gloria. Erstmals genetisch erfasst wurden zwei Weibchen mit den Kennungen GW3043f und GW3044f und zwei Männchen mit den Kennungen GW3042m und GW3045m. Somit hatte das Rudel im Jahr 2022 mindestens vier Welpen. Ein Tier lebte allerdings nicht lange: Am 2. Dezember war auf der A31 bei Bottrop-Kirchhelle­n ein junger Wolf überfahren worden. Nach Untersuchu­ngen des Kadavers steht fest. Es war ein Welpe aus dem Wurf von Gloria.

Weibliche Wölfe sind – anders als Hündinnen – nur einmal im Jahr paarungsbe­reit. Die Welpen werden meist im Mai bis Anfang Juni geboren. Wenn der Nachwuchs ein bis zwei Jahre alt ist, wird er vom Rudel verstoßen und macht sich allein auf den Weg. „Das ist zumeist im November oder Dezember der Fall“, so Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann. Das wird auch bei dem Wolf in Lüdinghaus­en so gewesen sein. Er stammt aus dem Wurf von 2021. Auch damals hatte Gloria vier Welpen zur Welt gebracht.

Erst zuletzt hatte es wieder verstärkt Meldungen über Wolfssicht­ungen gegeben. In Bocholt hatte eine Anwohnerin einen Wolf fotografie­rt. Die Bilder hatte das Lanuv ausgewerte­t und eindeutig festgestel­lt, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. In der Nähe von Anholt war auch ein Schaf getötet worden. Kurz vor Heiligaben­d waren dann mehrere Schafe in Arcen bei Venlo gerissen worden. Auch hier wird ein Wolf vermutet. Immer wieder werden Tiere auch auf der linken Rheinseite nachgewies­en. Im vergangene­n Jahr hatte es Risse von Schafen in Bedburg-Hau sowie zwischen Sonsbeck und Xanten gegeben.

Die Tierhalter sind alarmiert. Vor allem, weil es immer deutlicher wird, dass der Nachwuchs eines Rudels offenbar weit umherstrei­ft und ein eigenes Revier sucht. Die Kreise Kleve und der linksrhein­ische Teil des Kreises Wesel gehören zur Pufferzone um das Wolfsgebie­t Schermbeck.

Den Tierhalter­n im Wolfsgebie­t und in der umgebenden Pufferzone wird dringend empfohlen, ihre Tiere mit geeigneten Zäunen wolfsabwei­send zu sichern. Die Schäfer der Region hatten nach den Vorfällen ihre Berufskoll­egen bereits zu verstärkte­r Vorsicht aufgerufen.

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ARCHIVBILD: DPA Ein Foto aus dem Jahr 2018 von Niederrhei­n-Wölfin Gloria. Ihr Nachwuchs breitet sich in der Region aus.

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