Rheinische Post - Xanten and Moers
Wolfsrudel vom Niederrhein breitet sich aus
Die Meldungen über Wölfe häufen sich wieder. Dieses Mal gab es tote Schafe im Münsterland. Dafür soll der Nachwuchs von Niederrhein-Wölfin Gloria verantwortlich sein. Und ihr Rudel wächst weiter.
NIEDERRHEIN Wer immer noch daran gezweifelt hat, dass sich das Rudel vom Niederrhein weiter ausbreitet, hat jetzt Gewissheit. Ein „Sohn“von Niederrheinwölfin Gloria hat fünf Schafe im Münsterland gerissen. Das ist mittlerweile eindeutig belegt, wie das Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (Lanuv) mitteilt.
Am 29. November waren in Lüdinghausen im Kreis Coesfeld fünf Schafe tot aufgefunden worden. Ein Wolfsberater hatte im Auftrag des Lanuv die Bissspuren dokumentiert. Besonders wichtig für den Nachweis: Der Experte sicherte auch Proben für die genetische Untersuchung. Das Senckenberg Forschungsinstitut in Gelnhausen konnte anhand des Gen-Materials einen männlichen Wolf mit der Kennung GW2596m als Angreifer nachweisen.
Anhand dieser Kennung war die Biografie des Tieres genau nachzuvollziehen: Bei diesem Wolf handelt es sich um einen Jährling (Geburtsjahr 2021) aus dem Wolfsrudel im Territorium Schermbeck, der am 14. Januar dort erstmals nachgewiesen wurde. Als Elterntiere wurden vom Senckenberg Forschungsinstitut die Wolfsfähe GW954f und der Wolfsrüde GW1587m identifiziert. Aktuell ist nicht bekannt, ob sich der junge Wolfsrüde noch im Kreis Coesfeld befindet.
Die Kombination GW954f ist in der Region bestens bekannt. Das ist nämlich das Kennzeichen von Niederrheinwölfin Gloria. Damit ist klar, dass der Wolf im Münsterland ihr Nachwuchs ist. Lüdinghausen ist etwa 40 Kilometer vom Wolfsgebiet Schermbeck/Hünxe entfernt. Das macht deutlich, dass sich der Nachwuchs in der Region ausbreitet. Wölfe legen an einem Tag viele Kilometer zurück.
Und inzwischen steht fest, dass Gloria auch im vergangenen Jahr vier Welpen bekommen hat. Das Lanuv teilte am Freitag mit, dass vom 21. bis 24. November 2022 in Hünxe Losungen von vier verschiedenen Wölfen gefunden wurden. Es handelt sich um Nachwuchs von Gloria. Erstmals genetisch erfasst wurden zwei Weibchen mit den Kennungen GW3043f und GW3044f und zwei Männchen mit den Kennungen GW3042m und GW3045m. Somit hatte das Rudel im Jahr 2022 mindestens vier Welpen. Ein Tier lebte allerdings nicht lange: Am 2. Dezember war auf der A31 bei Bottrop-Kirchhellen ein junger Wolf überfahren worden. Nach Untersuchungen des Kadavers steht fest. Es war ein Welpe aus dem Wurf von Gloria.
Weibliche Wölfe sind – anders als Hündinnen – nur einmal im Jahr paarungsbereit. Die Welpen werden meist im Mai bis Anfang Juni geboren. Wenn der Nachwuchs ein bis zwei Jahre alt ist, wird er vom Rudel verstoßen und macht sich allein auf den Weg. „Das ist zumeist im November oder Dezember der Fall“, so Lanuv-Sprecher Wilhelm Deitermann. Das wird auch bei dem Wolf in Lüdinghausen so gewesen sein. Er stammt aus dem Wurf von 2021. Auch damals hatte Gloria vier Welpen zur Welt gebracht.
Erst zuletzt hatte es wieder verstärkt Meldungen über Wolfssichtungen gegeben. In Bocholt hatte eine Anwohnerin einen Wolf fotografiert. Die Bilder hatte das Lanuv ausgewertet und eindeutig festgestellt, dass es sich dabei um einen Wolf handelt. In der Nähe von Anholt war auch ein Schaf getötet worden. Kurz vor Heiligabend waren dann mehrere Schafe in Arcen bei Venlo gerissen worden. Auch hier wird ein Wolf vermutet. Immer wieder werden Tiere auch auf der linken Rheinseite nachgewiesen. Im vergangenen Jahr hatte es Risse von Schafen in Bedburg-Hau sowie zwischen Sonsbeck und Xanten gegeben.
Die Tierhalter sind alarmiert. Vor allem, weil es immer deutlicher wird, dass der Nachwuchs eines Rudels offenbar weit umherstreift und ein eigenes Revier sucht. Die Kreise Kleve und der linksrheinische Teil des Kreises Wesel gehören zur Pufferzone um das Wolfsgebiet Schermbeck.
Den Tierhaltern im Wolfsgebiet und in der umgebenden Pufferzone wird dringend empfohlen, ihre Tiere mit geeigneten Zäunen wolfsabweisend zu sichern. Die Schäfer der Region hatten nach den Vorfällen ihre Berufskollegen bereits zu verstärkter Vorsicht aufgerufen.