Rheinische Post - Xanten and Moers

Der erste Fall ohne Martina

- VON MARTINA STÖCKER

Kommissari­n Bönisch ist tot, Dortmunds Team trauert. Faber kämpft an vielen Fronten.

DORTMUND „Du bleibst hier – versproche­n“, das waren die letzten Worte von Kommissari­n Martina Bönisch (Anna Schudt) an ihren Kollegen Faber. Dann starb sie im Einsatz, ein Schock für die fiktiven Kollegen und die realen Fans des Dortmunder „Tatorts“. Diese vier Worte sind für Faber ( Jörg Hartmann) eine Bürde. Er ist nämlich gerade nicht bei der Polizei, sondern krankgesch­rieben und völlig neben der Spur durch Bönischs Tod. Er schläft in seinem Auto, sieht aus wie ein Schrat, rennt dVurch den Wald und springt ins eiskalte Wasser des Herdecker Pumpspeich­erkraftwer­ks.

Die ganze Polizeiarb­eit bleibt daher an den Ermittlern Jan Pawlak

Okon) und Rosa Herzog (Stefanie Reinsperge­r) hängen. In einem Park wird eine große Blutlache entdeckt, es ist so viel, dass der Mensch diesen Verlust nicht überwleibe­tdhearben kann. Doch eine Leiche

Vermisst wird aber ein Immobilien­unternehme­r, der Mietshäuse­r aufkauft und in teures Eigentum umwandelt. So ein Mensch hat mehr Feinde als all seine Gebäude Treppenstu­fen.

Faber und die Kollegen haben nur sporadisch­en Kontakt: Er schiebt jeden weg, der ihm helfen will, Er ist unleidlich, eklig und verletzend. Pawlak und Herzog kämpfen mit eigenen Problemen. Sie finden zumindest etwas regelmäßig­er zueinander, als Faber feststellt, dass das Haus, in dem sein Vater lebt, auch zum Spekulatio­nsobjekt werden sollte. Dort ist ein Friseursal­on, dessen Besitzer Martin (Andreas Schröders) sich anstelle von Faber um den Senior kümmert. In diesem Salon klatschen die Damen unter der Trockenhau­be, eine bringt den Sekt mit, die andere selbst gebackenen Kuchen. Und Martin, die gute Seele, geht zwischendu­rch an die Bude und holt ne Wurst für alle. Aus diesem Kosmos ist Peter Faber ausgebroch­en, der Zuschauer erfährt, dass es einen großen Riss zwischen Vater und Sohn gegeben hat, der mit dem Tod der Mutter zu tun haben muss. Jupp Faber wird gespielt von Wolfgang Rüter, geboren in Castrop-Rauxel, ausgebilde­t an der Folkwang-Schule in Essen – die perfekte Besetzung für ein PottOrigin­al.

„Du bleibst hier“ist weniger ein Krimi als eine Trauerther­apie sowie eine Vergangenh­eitsbewält­igung für

Peter Faber. Die Geschichte mit seinem Vater muss geklärt werden, mit schmerzhaf­ten Erkenntnis­sen für beide Seiten. Faber durchlebt eine Metamorpho­se und knüpft wieder an sein altes Leben an. Das rührt an.

Außerdem ist der Dortmunder Fall eine romantisie­rende Liebeserkl­ärung an das alte Ruhrgebiet, mit einfachen Menschen und großen Herzen, Zusammenha­lt und einem bedrohten Miteinande­r. Da verzeiht man der Friseurkun­din auch, dass sie immer „zum Bleistift“sagt statt „zum Beispiel“. In Erinnerung bleibt die filmische Ausstattun­g des Friseursal­ons und von Jupps Wohnung – die gute, alte Zeit scheint stehen geblieben.

Für Schauspiel­er Jörg Hartmann ist dieser „Tatort“ein ganz besonderer. Gemeinsam mit Jürgen Werner, dem Erfinder des Dortmunder Teams, schrieb er das Drehbuch. Die Idee zur Geschichte mit Figuren und Handlung schlummert­e schon lange in seinem Kopf. Zudem war ihm wichtig, dass der Umgang des Teams mit Bönischs Tod ausreichen­d Platz bekommt. Denn wie sagt Rosa Herzog stellvertr­etend: „Daran haben wir alle zu knabbern.“Und daher ist die schönste Szene, wie sie gemeinsam noch einen auf Martina trinken. Naja, wir wissen alle, was „einen“in Dortmund bedeutet. Eskalation pur.

„Tatort – Du bleibst hier“, Das Erste, So., 20.15 Uhr

 ?? FOTO: KOST//WDR/DPA ?? Peter Faber (Jörg Hartmann, l.) ist nach Jahren ohne jeden Kontakt plötzlich wieder mit seinem Vater Josef (Wolfgang Rüter) konfrontie­rt.
FOTO: KOST//WDR/DPA Peter Faber (Jörg Hartmann, l.) ist nach Jahren ohne jeden Kontakt plötzlich wieder mit seinem Vater Josef (Wolfgang Rüter) konfrontie­rt.

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