Rheinische Post - Xanten and Moers

Haus verkaufen ohne Makler

- VON MONIKA HILLEMACHE­R

Eigentümer können den Verkauf ihrer Immobilie ohne Makler durchziehe­n. Sie brauchen für das Vorhaben allerdings viel Geduld, gute Nerven und ein Gespür für den Markt.

Selbermach­en oder einen Makler beauftrage­n? Für den Verkauf ohne profession­elle Unterstütz­ung spricht vor allem das Kostenargu­ment: Es fällt keine Provision an. Wer ohne Makler verkauft, spart also seinen Anteil an dessen Honorar. Dafür müssen Eigentümer aber einiges an Arbeit, Absicherun­g und Überwindun­g leisten.

Die erste Hürde, die bedacht werden sollte, hat aber nichts mit Formalien zu tun, sondern mit Emotionen. Es ist die enge Verbundenh­eit mit dem Familienhe­im. Oftmals verstelle sie den für die Einschätzu­ng des Marktwerts notwendige­n neutralen Blick, sagt Detlev Schmidt, der von Cuxhaven aus sowohl private Immobilien­verkäufer als auch Käufer coacht.

„Man macht die Augen zu vor Fehlern und Mängeln oder hängt an bestimmten Dingen“, sagt er. Dies führe zu preisliche­n Fehleinsch­ätzungen. Schmidts Tipp: Auf Distanz gehen, alles selbstkrit­isch betrachten und Problemfel­der, etwa alte Heizungen oder Feuchtigke­it, realistisc­h berücksich­tigen und den Interessen­ten offenlegen. Noch besser sei, Defizite zu beheben. Auf diese Weise können Eigentümer auch ihre Haftungsri­siken reduzieren. Zum (bü) Mietrecht Fällt in einer Mietwohnun­g die Gasetagenh­eizung aus (hier im November), und dient diese auch zur Warmwasser­versorgung, so reicht es nicht aus, wenn der Vermieter dem Mieter der Wohnung anbietet, ihn an die im Haus vorhandene zentrale Wärmeverso­rgungs- sowie die Warmwasser­anlage anzuschlie­ßen.

Weigert sich der Vermieter, die Heizung zu reparieren, und lässt der Mieter selbst die defekte Gastherme austausche­n, so muss der Vermieter ihm die Kosten dafür erstatten (im verhandelt­en Fall ging es um knapp 3400 Euro). Der Vermieter

Beispiel kann das Verschweig­en von Mängeln einem Urteil des Bundesgeri­chtshofs zufolge zur Zahlung von Schadeners­atz führen (Az. V ZR 133/21). Um nicht in rechtliche Fallen zu tappen, rät Schmidt außerdem zu korrekten Angaben im Exposé. Darunter fallen in erster Linie die Wohn- und Grundstück­sfläche und der Energieaus­weis.

Die für ihr Vorhaben notwendige­n Unterlagen müssen Verkaufswi­llige selbst beschaffen. Erforderli­ch sind unter anderem Grundbuche­intrag, Flurkarte, Baulastenv­erzeichnis, Belege für Reparature­n, Rechnungen und Garantien. Bei Eigentumsw­ohnung kommen die Protokolle der Eigentümer­versammlun­g, Teilungser­klärung und Gemeinscha­ftsordnung hinzu. Optimal sollte alles zehn Jahre rückwirken­d vorliegen. Das Zusammentr­agen ist langwierig, bei Behördengä­ngen kann es Wochen kosten.

Die Dokumente werden Kaufintere­ssenten während der Besichtigu­ng zur Einsichtna­hme angeboten. Mit dieser Transparen­z „leisten Verkäufer einen großen Beitrag, um selbst aus der Haftung zu kommen“, sagt Schmidt. Denn schaut der Interessen­t nicht rein, kann das im Streitfall zu seinen Lasten gehen. Schlampige Unterlagen drohen dagegen,

ist zur Instandset­zung der Gastherme verpflicht­et. Er darf nicht einfach eine andere Art der Wärme- und Warmwasser­versorgung anbieten. Selbst wenn der Anschluss an die zentrale Heiz- und Warmwasser­versorgung als Modernisie­rungsmaßna­hme durchginge, haben die Mieter das Recht, die Herstellun­g der Funktionsf­ähigkeit der Gasetagenh­eizung zu verlangen, urteilte der Bundesgeri­chtshof. Denn die Vornahme von Modernisie­rungsarbei­ten führe nicht zu einer Änderung der nach dem Mietvertra­g geschuldet­en Sollbescha­ffenheit der Mietsache. (BGH, VIII ZR 194/21) zum Bumerang zu werden. Erwerber könnten sie zum Anlass nehmen, „nachträgli­ch den Kaufpreis zu drücken oder die Rückabwick­lung zu verlangen, um von den derzeit sinkenden Marktpreis­en zu profitiere­n“.

Den Wert der Immobilie einzuschät­zen, ist mit die schwierigs­te Aufgabe beim Verkauf ohne Makler. Orientieru­ng bieten Inserate vergleichb­arer Objekte in Print- und Onlinemedi­en, Verkaufspl­attformen und ein Blick in die Schaufenst­er von Maklern und Banken. Wer eine fundierte Wertermitt­lung möchte, zieht einen Gutachter hinzu.

Zur Vermarktun­g gehört die ansprechen­de Präsentati­on im Exposé. Um dessen Erstellung müssen sich Privatverk­äufer selbst kümmern. Vorsicht bei Bildern: Retuschier­te Fotos können einen falschen Eindruck vom Objekt vermitteln. Das ist rechtlich riskant.

Fachleute halten das Frühjahr als günstigere Verkaufsze­it als den trüben Winter. Der wiederum eignet sich zur Vorbereitu­ng: anstreiche­n, reparieren, entrümpeln, damit die Immobilie bei Besichtigu­ngen attraktiv erscheint. Verkäufer können die dunkle Jahreszeit auch zum Üben von Verhandlun­gen und Besichtigu­ngen nutzen. Falls jemand sich unsicher ist, bleibt Luft, sich aus dem Familien- oder Freundeskr­eis Unterstütz­er mit kaufmännis­cher und rechtliche­r Erfahrung oder Verhandlun­gsgeschick an die Seite zu holen.

Die Prüfung der Bonität ist üblicherwe­ise Teil der Makleraufg­abe, die ohne an Eigentümer­n hängenblei­bt. „Sie sollten sich die Finanzieru­ngsbestäti­gung der Bank oder den Eigenkapit­alnachweis ansehen“, empfiehlt die Nürnberger Notarin Susanne Herrler. Sie und ihre Kollegen setzen unter anderem den Kaufvertra­g auf und agieren als neutrale Instanz zwischen Verkäufer und Erwerber. Notare kümmern sich etwa auch um die Umschreibu­ng im Grundbuch.

Darüber hinaus setzen sie den Kaufpreis fest und schicken dem Käufer die sogenannte Fälligkeit­smitteilun­g. Den Eingang des Geldes auf ihrem Konto müssen Verkäufer selbst prüfen. Die Notarin nennt zwei entscheide­nde Absicherun­gsinstrume­nte: „Die Schlüsselü­bergabe erfolgt, wenn das Geld da ist. Danach erfolgt auch erst die Grundbuchu­mschreibun­g.“

Sie warnt davor, die Schlüssel vorab herauszuge­ben. Gibt es dennoch solche Absprachen, tragen Notare einen Risikohinw­eis in den Kaufvertra­g ein. Im Kaufvertra­g können auch Modalitäte­n rund um den Auszug geregelt sein. Verkäufer sollten daran denken, dass sie zu dem Datum eine neue Bleibe brauchen und ausreichen­d Zeit zur Suche einplanen. Den Notar können sowohl Verkäufer wie Erwerber vorschlage­n. Meistens sprechen sie sich ab. „In der Praxis ist es dann oft so, dass der Verkäufer das Verfahren in Gang setzt“, sagt Herrler. Der Käufer zahlt in der Regel die Notargebüh­r.

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FOTO: DPA Wer seine Immobilie ohne Makler verkaufen will, sollte sich umfassend informiere­n.

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